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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Er konnte sich viel vorstellen. Dass ihn diese Hände berührten, liebkosten – aber auch dass sie ein Parmesanmesser in einen Schreibtisch rammten. Konnte er sich vorstellen, dass diese Hände einen Mord begangen hatten? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen, nicht mehr. Zu sehr hatte ihn Ginas Geschichte überzeugt, war ihm ihre kranke Mutter ans Herz gegangen. Zu ehrlich und in der Erregung nachvollziehbar waren ihre Reaktionen auf seine Fragen gewesen. Alles passte zu ihrer Persönlichkeit, war in sich stimmig und ohne Brüche.
    »Woran denken Sie gerade?«, fragte Gina.
    »Dass es besser wäre, wenn Sie für die Tatzeit ein Alibi hätten«, antwortete er.
    »Tatsächlich? Ich war mir da gerade nicht so sicher«, sagte sie lächelnd – und zog den Reißverschluss ihres Pullovers hoch.
    »Ich habe nicht sehr konzentriert an Ihr Alibi gedacht, ich gebe es zu. Ich war abgelenkt.«
    »Ist es jetzt besser?«, fragte Gina und zog den Reißverschluss noch einen Zentimeter weiter nach oben.
    Hipp grinste. »Was meine Konzentrationsfähigkeit betrifft, ist es besser, ja.«
    »Sie sollen nämlich nachdenken, wie Sie mir helfen können.«
    »Wie ich schon sagte, das wird schwierig. Sie sind mehrfach am Tatort gesehen worden. Den Carabinieri liegt sogar Ihr Bild vor …«
    »Wie das? Hat mich jemand am Haus fotografiert?«
    Hipp zuckte mit den Schultern. »Sieht ganz so aus.«
    Er dachte an das Foto, das er von Gina gestern Abend heimlich mit dem Handy gemacht und an Viberti gemailt hatte. Damit war er bei der Wahrheitsfindung womöglich etwas übereifrig gewesen. Blieb zu hoffen, dass sich Viberti schwertat, Romagnosi den Namen zu entlocken. Er selbst würde ihn sicherlich noch etwas hinhalten können. Die Zeit mussten sie nutzen, fragte sich nur, wie.
    »Sie haben dem Mordopfer Drohbriefe geschrieben …«
    »Weiß die Polizei davon?«
    »Ja, aber sie haben sie nicht. Wie viele Briefe haben Sie eigentlich geschrieben?«
    »Insgesamt drei«, antwortete Gina.
    »Das ist einer zu viel. Ich habe nur die beiden, die ich Ihnen gezeigt habe. Sie sind mir anonym zugesteckt worden.«
    »Von wem?«
    »Ich sagte doch, anonym. Vielleicht vom Mörder, der sie im Haus gefunden hat und den Verdacht auf Sie lenken wollte? Den dritten Brief hält er vermutlich zurück, um ihn bei Bedarf zur Entlastung der Polizei vorlegen zu können.«
    Gina nahm den Strohhalm, knickte ihn und machte einen Knoten rein. »Das klingt nicht gut«, sagte sie. »Ich fürchte, Sie haben recht, es wird nicht leicht, meine Unschuld zu beweisen. Aber ich konnte doch nicht ahnen, dass mein Vater wirklich umgebracht wird und dass ich durch diesen blödsinnigen Versuch, ihn zur Kasse zu bitten, in Mordverdacht geraten würde.«
    »Wir haben nur wenige Möglichkeiten. Entweder gelingt es, den wahren Mörder zu finden, oder wir können Ihre Unschuld beweisen. Das wiederum geht nur mit einem wasserdichten Alibi.«
    »Ich sagte doch, ich habe keine Ahnung, was ich gemacht habe. Ich bin doch kein Buchhalter, der jede Minute seines Lebens notiert. Ich habe keine festen Termine oder einen wöchentlichen Stammtisch. Und weil Sie diese Frage sowieso stellen würden: Nein, ich habe seit zwei Monaten auch keinen Freund, mit dem ich die Nacht verbracht haben könnte. So, nun wissen Sie auch das!«
    Hipp nickte. »Ja, das hätte ich Sie gefragt.«
    Er bestellte zwei Cappuccini. Sie wurden ihnen mit einer kleinen Schale Mandorle serviert, feinen Mandelplätzchen.
    »Und jetzt?«, fragte sie.
    »Da ich keinen wirklichen Verdacht habe, wer als Mörder Ihres Vaters in Frage kommen könnte, sollten wir uns allen Zweifeln zum Trotz auf Ihr Alibi konzentrieren. Wenn Sie einverstanden sind, setzen wir uns in Ihrer Wohnung zusammen und fangen in aller Ruhe an, mit gestern beginnend das Rad der Zeit zurückzudrehen. Sie werden sehen, Sie können sich an sehr viel mehr erinnern, als Sie glauben. Wir rekonstruieren eine Art Tagebuch und konzentrieren uns dann immer mehr auf den Zeitpunkt der Tat. Sie schauen in Ihren Schubladen nach und in Ihrem Rucksack. Bestimmt finden sich irgendwelche Quittungen für Einkäufe oder einen Kinobesuch, ganz egal. Wir setzen das Mosaik zusammen. Wir stellen fest, wann Sie gearbeitet haben und wann Sie frei hatten. Wir gehen Ihre Freunde durch, mit denen Sie sich womöglich getroffen haben. Sie rufen sie an und fragen, wann das war. Vielleicht haben die es sich aufgeschrieben. Ich bin mir sicher, wir werden herausfinden, ob Sie nicht doch ein Alibi

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