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Hirngespenster (German Edition)

Hirngespenster (German Edition)

Titel: Hirngespenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Keller
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direkt vor der Praxis und eilte ins Gebäude.
    Dr. Hammerl, der gerade vorm Empfang stand, betrachtete erschrocken Annas Kopfbedeckung und Hausschuhe an den Füßen, als sie die Treppe nach oben hetzte. »Ach du meine Güte, Frau Ziegler. Wie geht es Ihnen denn?«, fragte er und griff sorgsam nach ihrem Arm.
    Sie schnaubte. »Wenn man davon absieht, dass Ihre Sprechstundenhilfe auf meinen Besuch bestanden hat, damit ich mir mein Rezept persönlich abhole, den Umständen entsprechend.«
    Dr. Hammerl warf der Sprechstundenhilfe einen Blick zu, den Anna nicht deuten konnte, und führte sie direkt in sein Behandlungszimmer. »Kommen Sie nur mit, ich habe sowieso nur noch einen Patienten«, bat er.
    Gleich schreie ich, dachte Anna. Sie war vollkommen aus dem Rhythmus geraten, weil sie keinen Parkplatz gefunden hatte und sich so sehr hatte beeilen müssen. Er bat sie ins Zimmer, sie begann wieder zu zählen – eins –, dann deutete er auf den Behandlungsstuhl – zwei –, sie ging hin – drei –, setzte sich – eins – und saß einfach nur. Keine Gelegenheit, die Zahlenreihe zu beenden. Oder doch, sie strich sich rechts und links übers Gesicht – zwei – drei –. Geschafft.
    »Was ist mit Ihnen passiert?«, zeigte er von hinter seinem Schreibtisch aus in Richtung ihres Kopfes. »Erzählen Sie.«
    »Nichts!«, kicherte sie gekünstelt. »Ich habe mir die Haare abrasiert, das ist doch nicht verboten, oder?«
    Er hob eine Augenbraue. »Aha.« Dann warf er einen Blick auf ihre Hausschuhe. »Sie wirken etwas … aufgelöst.«
    »Das ist, weil ich die Tabletten brauche, die mir Ihre Sprechstundenhilfe nicht geben wollte. Beziehungsweise sollte sie ein Rezept schicken, weil es mir nicht gutgeht.«
    »Das sehe ich.«
    Dieses Psychogelaber konnte er sich vollkommen sparen! »Alles, was ich brauche, ist ein Rezept«, erklärte sie sachlich.
    Er betrachtete sie besorgt. »Wir haben hier ein Problem, Frau Ziegler. Hochgradig. Ihr ganzes Auftreten …«
    »Herr Dr. Hammerl«, bat sie, um Fassung ringend, »sobald es mir wieder bessergeht, nehme ich keine Tabletten mehr, wirklich.«
    »Aha. Und von was hängt das genau ab?«
    »Von meinen Kindern natürlich! Von meinem Mann!« Als ob das nicht vollkommen klar wäre!
    »Verstehe.« Dr. Hammerl betrachtete sie eindringlich. »Hören Sie, Frau Ziegler«, begann er erneut, »ich würde sie gerne an eine Suchtklinik verweisen. Nur, wenn Sie wollen, selbstverständlich – das ist eine freiwillige Geschichte. Aber da bekommen Sie auch Hilfe wegen Ihres Mannes und Ihrer Kinder.«
    Ihr entfuhr ein spöttisches Schnauben, und sie erhob sich. »Bekomme ich nun das Rezept? Ich muss nach Hause, meine Tochter kommt aus der Schule.«
    Er schrieb ihr eines aus, zusammen mit dem Überweisungsschein. »Rufen Sie mich an, Frau Ziegler, gleich nächste Woche – wir sollten uns noch einmal in aller Ruhe unterhalten.«
    Von wegen. Frau Ziegler würde nie mehr herkommen, sie würde sich einen anderen Arzt suchen. Wortlos nahm sie die Papiere entgegen – eins –, eilte die Treppe hinunter – zwei –, kramte nach dem Autoschlüssel in ihrer Handtasche – drei –, und als sie ihn in Händen hielt – eins – und den Knopf der Fernsteuerung drückte – zwei –, da war das Auto weg. Sie starrte auf die Stelle, an der es gestanden hatte, und blickte die Straße hinauf und hinunter. Am Ende der Straße fuhr ein Abschleppwagen. An Bord ihr Wagen.

    Matthias tobte, als er sie vor der Arztpraxis abholte. Er informierte Christine Brückner und bat, sie möge auf Luna achten, wenn sie aus der Schule kam, informierte den Kindergarten, dass er die Kinder später abholte, und raste mit Anna zum Autohof.
    »Bleib sitzen«, zischte er mit Blick auf ihre Hausschuhe, sprang aus dem Wagen und verhandelte mit dem Abschlepper. Man tauschte Geld aus, lachte, und Anna krallte sich in ihrem Sitz fest, hatte das Gefühl, sie sinke ein. Treibsand. Ihr Mund war trocken wie ein Haufen Blätter im Sommer, sie schwitzte.
    »Hast du etwas zu trinken?«, flüsterte sie, als Matthias zurück in den Wagen stieg.
    Er hörte sie kaum. »Was?«
    »Trinken«, flüsterte sie wieder, »ich muss was trinken.«
    »Sonst hast du keine Probleme? Du musst fahren, Anna! Da drüben steht dein Auto. Steig jetzt ein und fahr heim. Ich hole die Kinder.«
    Sie taumelte aus dem Wagen, das Rezept in der Handtasche. Trinken konnte sie später. Endlich konnte sie zur Apotheke fahren. Matthias fuhr los, sie hinterher. Dann der Blick auf den

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