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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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reformierten aufgegeben und alles getan, damit die Ruhe in der Herrlichkeit gewahrt bleibt. Aber nun verlangt Ihr von mir, dass ich mit einem katholischen Mönch zusammenarbeite? Mit einem Mann des Glaubens, den ich zutiefst verabscheue?«
    Hebrich gab sich ungerührt. »Krechting! Ihr seid mit einem bischöflichen Freibrief aus der Stadt gekommen, nun gebt Euch nicht moralischer, als Ihr seid. Ihr werdet mit diesem Mönch zum Nutzen der Herrlichkeit zusammenarbeiten, wenn Ihr aus Emden zurück seid.«
    Krechting sackte in sich zusammen. Was musste er noch erdulden? Wie viele Prüfungen wegen seiner Gesinnung bestehen? Nur – würde er sich weigern, wäre das nicht zum Vorteil seiner Glaubensbrüder, sie würden sein Versagen ausbaden müssen, und das konnte er nicht verantworten.
    »Einen Punkt habe ich noch«, begann Hebrich, nachdem sie das Bierglas geleert hatte. »In der Herrlichkeit herrscht das Marschenfieber. Es sind schon viele Kinder und Alte daran verstorben. Was gedenkt Ihr dagegen zu tun?«
    Nun meldete sich Wolter Schemering zu Wort. »Ich habe Jan Valkensteyn aus Emden kommen lassen. Er hat in den vergangenen Jahren intensiv an der Seite des Emder Stadtarztes Jacobus Cornicius geforscht, und ich hoffe, er kann der Hebamme nun echte Unterstützung gewähren.«
    Hebrichs Lippen verzogen sich zu einem Strich. »Eine Hebamme soll Kinder auf die Welt holen, es wird Zeit, dass ein Arzt in der Herrlichkeit sesshaft wird und den Quacksalber Dudernixen und diese Hebamme ablöst. Sorgt dafür, dass er bleibt.« Hebrich erhob sich und verließ grußlos den Raum.
    Klaas Krommenga hatte schlecht geschlafen, seine Glieder schmerzten stärker als sonst, doch er durfte nicht rasten, nicht aufgeben, denn wenn er der Schwäche nachgab, wäre er schneller in der Hölle als ihm lieb war.
    Er holte ein Stück Pökelfleisch aus seinem Beutel. Er hatte es in Leinen gewickelt, doch es war zu heiß, als dass die Nahrungsmittel nicht verdarben. So roch auch dieses Fleisch unangenehm und war von einem grünlichen Flaum überzogen. Aus einer Pore kringelte sich eine Made. Klaas wischte sie ab, roch ein weiteres Mal daran und schleuderte das Fleisch ins Wasser. Er wühlte in seinem Beutel und förderte einen Kanten Brot zutage. Er war steinhart, aber wenn er ihn im Wasser einweichte, war er doch genießbar. Besser als das gammelige Stück Fleisch, das ihm den Magen nach außen gestülpt hätte.
    Klaas kaute auf dem eingeweichten Brot herum, schob es im Mund von rechts nach links. Schließlich ließ das schlimmste Magenknurren nach, und er fühlte sich in der Lage, seine Reise fortzusetzen.
    Welch Glückes Geschick, dass er diesem Mann begegnet war, der ihm Hiske Aalkens Aufenthalt verraten hatte. Auch wenn der nicht wusste, in welches Unheil er das Weib damit stoßen würde. Aber was für ein Schicksal konnte eine Toversche auch erwarten. Freunde hatten die allenfalls auf der dunklen Seite des Lebens, wenn sich nicht einmal Menschen wie er mit ihnen einließen. Alle, die sich je für Hiske eingesetzt hatten, lebten nicht mehr. Dafür hatte er gesorgt.
    Klaas ruderte weiter in die beginnende Nacht hinein. Immer mit dem Strom des Gewässers. Orientierung fand er an den Sternen und dem Mond. Es war, als ziehe ihn ein unsichtbares Band in Richtung Gödens. Ein Band, das genau wusste, wo sein Opfer ahnungslos wartete, und das ihm vermutlich dessen Hals unwissentlich auf den Henkersblock legen würde, wenn er ankam. Über Klaas’ Gesicht glitt ein Lächeln. Er konnte es kaum erwarten, ihr Blut an den Händen zu haben. Er griff zu seinem Oberschenkel, der sich nach unten hin in ein Nichts verlor.
    Sie war schuld. Hiske Aalken, die Hexe von Jever, war schuld an all seinem Unglück.
    Friso van Heek verschwamm die Welt vor Augen. Es war schon spät. Der Wirt schien nicht sehr erfreut darüber zu sein, den Gast eine weitere Nacht zu beherbergen. Auch als van Heek ihm einen echten Gulden in die Hand gedrückt hatte, war seine Miene versteinert geblieben.
    Friso hätte jetzt Lust auf eine Hure gehabt, denn er langweilte sich. Auf seinen Reisen war das immer die beste Art zu entspannen. »Mein Gemächt ist noch immer gut gefüllt nach der langen Fahrt«, murmelte er.
    Je mehr Branntwein und Dünnbier er in sich hineinkippte, desto mehr verlangte Friso nach Erleichterung. Nach dem fünften Becher Bier hatte ihn eine solche Wut gepackt, dass er am liebsten die Bänke des Wirtshauses an die Wand geworfen hätte. Doch er musste sich

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