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HISTORICAL Band 0264

HISTORICAL Band 0264

Titel: HISTORICAL Band 0264 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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Gefühle geradezu bewundernswert, Madam. Als ich neulich Duncan House verließ, hätte ich schwören mögen, dass Sie mich ganz und gar nicht abstoßend fanden“, stellte er fest und fragte sich verblüfft, warum er sich nicht für den Kuss entschuldigt hatte. Ein einziger Blick in Miss Duncans blitzende Augen aber rief in ihm ein Gefühl hervor, das ihn alles vergessen ließ, was er je über anständiges Betragen gehört hatte. Selbst der Umstand, dass Haverbrook in der Nähe war und ihn mit Belustigung und Interesse beobachtete, dämpfte seine Erregung nicht.
    „Ich weiß wirklich nicht, wovon Sie reden“, sagte Blair Duncan über die Schulter und trat zum Buffet, um sich einen Teller zu füllen.
    „Soll ich Ihrem Gedächtnis nachhelfen?“, fragte Lord Lindsay so gedämpft, dass nur sie ihn verstehen konnte. „Es gibt hier eine Menge verschwiegener Nischen, in denen wir ungestört sind.“
    „So etwas würde kein Gentleman vorschlagen“, erwiderte sie errötend.
    „In Ihrer Nähe bin ich eben kein Gentleman“, entgegnete er und neigte ihr den Kopf zu. Sie sollte endlich die Wahrheit erfahren. „Wenn Sie bei mir sind, Blair, vergesse ich alle Hemmungen.“
    „Warum halten Sie sich dann nicht an meinen Rat und gehen mir aus dem Weg?“, fragte sie frostig. Was Lord Lindsay eben gesagt hatte, war beleidigend, und trotzdem rührte sie die Zärtlichkeit in seiner Stimme. Sie war nahe daran, alle Einwände zu vergessen, die sie ihm gegenüber hatte.
    „Weil ich das nicht kann“, sagte er schlicht.
    „Dann muss ich Ihnen wohl behilflich sein“, stellte sie leise fest. Bevor sie sich anders entschließen konnte, wandte sie sich um und ging zu Lord Haverbrook und den anderen Gästen, obgleich der Ausdruck in den Augen des Earl sie fast zum Bleiben veranlasst hätte.

5. KAPITEL
    Die Highlands hatten doch immer wieder ihren Zauber, selbst wenn der Tag verhangen war. Die Luft war feucht, und kleine Tropfen hingen Blair an den Wimpern. Sie band den Strauß aus Stechpalmzweigen zusammen und schaute sich um. Die sanft gewellten Hügel und Felsenhöhen sahen im blaugrauen Licht des späten Nachmittags in ihrer einsamen Großartigkeit wunderbar aus. Die Stille drang ins Herz und half, die Schönheit der unberührten Natur zu würdigen, einer Landschaft, in welcher der Schöpfer überall gegenwärtig war und der Mensch sich der Scholle verbunden fühlte, die er bebaute. Nichts kam der Stimmung auf dem Lande gleich und trug mehr dazu bei, Blairs Liebe zu Glenmuir und seinen armen Bewohnern zu vertiefen.
    Nein, das Leben im schottischen Hochland war nichts für Schwache und Willenlose. Nachdenklich zog Blair das Schultertuch über das lange Haar, um es vor der Nässe zu schützen. Der Stolz und die Errungenschaften zahlloser Generationen hielten sie und ihresgleichen hier und belohnten sie mit dem Gefühl, ein neues Morgen zu erleben. Fortwährend sah der Mensch sich Anfechtungen ausgesetzt, die sein Begreifen überstiegen, und doch überwand er alles Leid und erfreute sich des Sieges. Lag hier nicht auch der tiefere Sinn des Jahreswechsels? Ein Jahr neigte sich, ein neues begann, unbeirrt von den Sorgen, die jeder vergangene Tag gebracht hatte. Der feste Glaube an das Bleibende im Leben war tief in Blairs Seele verankert. Blair würde dafür sorgen, dass die Festtage in Glenmuir durch nichts gestört wurden, auch nicht durch die verhasste Gegenwart der Fremden, zu denen ihrer Ansicht nach auch Lord Lindsay gehörte.
    Entschlossen und zielstrebig trat sie den Heimweg an und ging mit langen Schritten durch das hohe, feuchte Gras. Jetzt war die Zeit der Hoffnung. Auch für Glenmuir konnte manches besser werden, wenn Lord Haverbrook sein Versprechen hielt und einige Leute aus dem Dorf in Dienst genommen wurden. Und Blair hatte die Weihnachtskörbe, wenn sie drei Tage vor dem Fest auch noch nicht alle gefüllt und geschmückt hatte. Mochte der Inhalt kärglicher sein, als sie es sich wünschte, so sollten ihnen wenigstens Stechpalmzweige und grüne Reiser ein festlich frohes Aussehen geben.
    Seit Jahren hatten die Geschenke, mit denen sie das Los der Ärmeren zu lindern versuchte, auch ihr Freude und Zufriedenheit gebracht. Jeder im Dorf wusste, dass sie es war, die die Körbe packte. Zudem bereicherten von einem Unbekannten auf ihre Schwelle gelegte Gaben seit gestern ihre Schätze, darunter ein großer Sack mit Äpfeln. Doch alle Anstrengungen würden ihr wenig nützen. Der geheimnisvolle Wohltäter würde sie mühelos

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