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HISTORICAL Band 0264

HISTORICAL Band 0264

Titel: HISTORICAL Band 0264 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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einen völlig anderen Mann vor sich. Seine Zuneigung zu seiner Schwester und seiner Nichte war ihm deutlich anzumerken, auf einmal wirkte er unkompliziert und fröhlich.
    Ein Kindermädchen erschien und versuchte, Jack das aufgeregte Kind abzunehmen. Es klammerte sich hartnäckig an Jack, bis er es kitzelte, ihm das Haar zerstrubbelte und versprach, mit ihm zu spielen, sobald es im Kinderzimme Tee getrunken hatte. Erst dann willigte seine Nicht ein – Sally hatte inzwischen mitbekommen, dass sie Lucy hieß –, ihn loszulassen und mit dem Kindermädchen mitzugehen. Immer wieder drehte Lucy sich nach ihm um.
    Nachdem das Kind verschwunden war, richtete Sally ihre Aufmerksamkeit auf die junge Frau, die sich lachend bei Jack untergehakt hatte. Das war also Jacks Schwester. Sie hatten beide diese tiefgründigen dunklen Augen und hohe Wangenknochen, aber während Jacks Züge hart und sehr männlich wirkten, hatte Charlotte ein eher rundes Gesicht mit einem offenen, freundlichen Ausdruck. Wenn das tatsächlich die Cousine war, zu der Bertie Basset solches Vertrauen hatte, dann konnte Sally sich gut in ihn hineinversetzen. Charlotte strahlte eine Wärme aus, die wie Balsam für Sallys verwundete Seele war.
    „Hallo, Charley! Wie geht es dir?“, begrüßte Jack seine Schwester.
    „Jetzt, wo du da bist, noch viel besser!“, erwiderte Charlotte Harrington strahlend. „Ach, es ist großartig, liebster Jack! Ich war mich so sicher, du hättest nicht mehr daran gedacht!“
    Ein Augenblick vollkommener Stille trat ein, in dem Sally Überraschung und Unsicherheit auf seinen Zügen entdeckte – und merkte, dass er diesen Ausdruck nicht schnell genug verbergen konnte.
    „Du hast es vergessen, nicht wahr?“, fragte Charlotte prompt vorwurfsvoll.
    „Charley …“, fing Jack an, aber seine Schwester lächelte schon wieder.
    „Macht nichts. Wie auch immer, du bist ja jetzt hier“,winkte sie ab. „Wir geben dieses Wochenende ein Fest zu Ehren von Großtante Ottolines Geburtstag …“
    „ Großtante Ottoline ! Sie ist ebenfalls hier?“ Nun schwang eindeutig so etwas wie Furcht in seiner Stimme mit, und Sally biss sich auf die Lippe, um ein Lächeln zu unterdrücken. In seiner Hast, Bertie ausfindig zu machen, war Jack anscheinend mitten in eine Familienfeier geplatzt, zu der er zwar eingeladen worden war, die er jedoch völlig vergessen hatte. Es war interessant, sein Unbehagen zu sehen, nachdem er sonst den Eindruck machte, ein Mann zu sein, der mit den meisten Dingen leicht umgehen konnte. Seine Großtante Ottoline muss ziemlich furchterregend sein, dachte Sally.
    „Tante Otto ist noch nicht eingetroffen, wir erwarten sie rechtzeitig zum Abendessen.“ Charley runzelte die Stirn wegen der Begriffsstutzigkeit ihres Bruders. „Ich habe dir doch gesagt – es ist ihr Fest! Papa und Cousin Buffy kommen eventuell auch, aber ganz sicher bin ich mir da noch nicht.“
    „Papa! Und Buffy?“, wiederholte Jack matt. Sallys Vergnügen wuchs im selben Maß wie sein Unbehagen. Noch nie in ihrer kurzen Bekanntschaft hatte sie Jack so im Nachteil erlebt, und das fand sie sehr befriedigend.
    „Hallo!“, sagte Charley plötzlich, ergriff Sallys Hand und schüttelte sie begeistert. „Ich muss mich entschuldigen, dass ich Sie nicht schon eher begrüßt habe. Wissen Sie, ich war genauso aufgeregt wie Lucy, Jack wiederzusehen. Es tut mir so leid!“
    Sie verstummte erwartungsvoll, und nach einer Weile sagte Jack mit kühler Höflichkeit: „Charlotte, das ist Miss Sally Bowes. Miss Bowes, meine Schwester Mrs. Harrington.“
    „Wie reizend, Sie kennenzulernen!“, meinte Jacks Schwester lächelnd. „Stellen Sie sich vor, Jack bringt Sie zu einer Familienfeier mit, Miss Bowes! Ich versichere Ihnen, so etwas hat es noch nie zuvor gegeben.“
    „Wie geht es Ihnen, Mrs. Harrington?“ Sallys Mundwinkel zuckten verräterisch. „Mr. Kestrel hätte mich bestimmt niemals mitgebracht, wenn ihm eingefallen wäre, dass er hier zu einer Familienfeier eingeladen ist.“ Sie warf einen Blick auf sein versteinertes Gesicht. „Ich bin nur eine flüchtige Bekannte von ihm.“
    „So ist es“, stimmte Jack trocken zu. Sein Augenausdruck verriet ihr, welcher Art ihre Bekanntschaft war, und sie erschauerte leicht.
    Charlotte sah stirnrunzelnd zwischen ihnen hin und her. „Aber wenn du meine Einladung vergessen hast und uns Miss Bowes gar nicht vorstellen wolltest, warum bist du dann hier, Jack?“, wollte sie ratlos wissen.
    „Wir suchen nach Miss

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