Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
HISTORICAL Band 0272

HISTORICAL Band 0272

Titel: HISTORICAL Band 0272 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LYN STONE LOUISE ALLEN
Vom Netzwerk:
auszuweichen, der ihn mit voller Wucht ins Gesicht traf. Eva starrte entsetzt auf die roten Abdrücke ihrer Finger auf seiner linken Wange. Ihre Handfläche brannte, als habe sie sie ins Feuer gehalten.
    „Es ist weit mehr als erotisches Verlangen“, flüsterte sie tonlos. „Weit mehr. Ich dachte, Sie empfinden wie ich. Ich habe mich geirrt. Es tut mir leid, unendlich leid, dass ich mich Ihnen anvertraut habe. Ich gehe.“
    „Eva.“ Jack nahm sie bei den Armen und festigte seinen Griff, als sie sich heftig dagegen wehrte. Sie hatte nur den dringenden Wunsch zu fliehen, dieser unsagbar demütigenden Situation zu entkommen. „Eva. Was ich für dich empfinde, übersteigt bei Weitem das, was soeben in diesem Raum geschehen ist. Du warst einsam, verängstigt, völlig auf dich allein gestellt mit deiner großen Verantwortung. Und dann tauchte ich auf und brachte Aufregung, Abenteuer, Freiheit und Zuneigung in dein Leben. Aber ich bin es nicht wirklich, wonach du dich sehnst, und ich kann dir nicht geben, was du brauchst. Ich bin Engländer, Eva, ich lebe in diesem Land. Hier habe ich Aufgaben zu erfüllen. Ich kann meine Unabhängigkeit, meine Identität nicht aufgeben, um in einem fremden Land zu Hause zu sein, in dem ich keine Aufgabe, keine Zukunft habe, in einem Land, in dem mein Dasein den Zwängen unterworfen wäre, die mir von der Frau diktiert werden, die ich geheiratet habe.“
    „Wenn du mich lieben würdest, könntest du nicht so sprechen.“ Sie schleuderte ihm diese Worte regelrecht ins Gesicht.
    Eine lastende Stille senkte sich über das kleine Zimmer. Die Musik verklang, das Stimmengewirr, das wie Brandungswellen gegen die Tür geschwappt war, verebbte zu einem Raunen. „Wenn ich dich liebte, wäre meine Antwort die gleiche“, sagte Jack gefasst. „Ich kann mich nicht in ein Leben einsperren lassen, das du mir bietest. Wenn du das versuchst, würde unsere Beziehung dazu führen, dass ich dir sehr wehtue. Du musst mit Freddie zurück nach Maubourg reisen, Eva. Das Außenministerium wird dir eine bewaffnete Eskorte zur Verfügung stellen, dafür sorge ich. Geh bitte und vergiss mich.“
    Ihre Hände zitterten so stark, dass sie kaum den Schlüssel drehen konnte. Als sie es endlich geschafft hatte, wandte sie sich in der offenen Tür noch einmal zu ihm um. „Wie kann ich dich vergessen?“, flüsterte sie. „Ich liebe dich.“ Es bestand keine Gefahr, dass er sie hören konnte, da das Orchester die letzten Takte eines munteren Galopps spielte, worauf die Gäste begeistert applaudierten. Danach tauchte sie in den Strom der Paare ein, die das Tanzparkett verließen, ließ sich davon mitreißen, wie damals, als die Wogen der Rhône sie fortgespült hatten. Sie war zu benommen, zu schwach, um sich dem Sog zu entziehen.
    „Eva!“ Bel zog sie aus der Menge. Ihr Griff schmerzte, sie hatte genau jene Stelle am Arm zu fassen bekommen, wo Jack sie in der Strömung gehalten hatte – das musste wohl hundert Jahre zurückliegen. „Kommen Sie, setzen wir uns.“ Bel führte Eva zu einer Polsterbank in einem Erker. „Was ist geschehen?“
    Eva konnte nur benommen den Kopf wiegen. Sie fand keine Worte. „Sie brauchen etwas zu trinken.“ Bel blickte sich suchend um. „Wieso in aller Welt lässt sich nie ein Lakai blicken, wenn man einen benötigt? Theo! Ja, ich habe dich erkannt. Einen schlaksigen, langbeinigen Rotschopf gibt es kein zweites Mal in ganz London, du Dummkopf. Bring uns zwei Gläser Champagner und ein Glas Brandy. Beeil dich!“ Sie schubste den verdattert dreinblickenden jungen Mann zurück in das Gewoge der Gäste. „Das war mein Cousin Theo, der Nichtsnutz“, erklärte sie. „Hat Jack Ihren Antrag abgelehnt?“
    Eva nickte stumm.
    „Wieso? Warum um Himmels willen tut er so etwas?“
    „Weil er mich nicht liebt. Weil ich es verpfuscht habe. Weil er nicht als Anhängsel seiner Ehefrau an einem fremden Hof enden will.“
    „Haben Sie ihm gesagt, dass Sie ihn lieben?“ Eva schüttelte den Kopf. Ein Flüstern, das er nicht gehört haben konnte, zählte nicht.
    „Nein? Aber wieso denn nicht?“
    „Weil ich dachte, er würde dies begreifen, als ich ihm den Antrag machte. Und dann sagte er, dass er mich nicht lieben würde. Was hätte es dann noch für einen Sinn gehabt?“
    „Das hat er gesagt?“ Bel starrte sie fassungslos an. „Mit diesen Worten? Hat er tatsächlich gesagt: ‚Ich liebe dich nicht‘?“
    „Er sagte, er würde mich nicht heiraten, und dann meinte er noch, seine

Weitere Kostenlose Bücher