HISTORICAL Band 0272
gegenüber gewalttätig, der keine Bedrohung darstellt. Aber Ihnen werde ich dieses Lächeln aus Ihrem Gesicht schlagen, wenn ich muss.“
„Ja, Sir.“ Das Lächeln verschwand sofort.
„Und starren Sie meine Frau nicht so an“, fügte James hinzu.
„Mit Verlaub, ich habe eine noch hübschere Frau daheim, die mich in Stücke reißen würde, wenn ich das täte. Wollen Sie Ihr Bein belasten, oder soll ich die Bettpfanne bringen?“
„Werden Sie nicht impertinent! Und helfen Sie mir auf“, gab James scharf zurück. Dennoch war ihm wohler zumute, als er erfuhr, dass Snively glücklich verheiratet war.
Snively schien genau zu wissen, wie er James stützen musste. Es dauerte keinen Moment, da stand James. Der Diener empfahl ihm, eine Minute auszuruhen, weil er seit Tagen das erste Mal das Bett verlassen habe. „Heute Nachmittag werde ich Ihnen Krücken bringen. Der Arzt meinte, in ein paar Tagen können Sie schon wieder ganz gut gehen“, meinte Snively, sobald er Lord Garrow frisch verbunden hatte.
James ignorierte diese Bemerkung. „Wo sind meine Kleider?“, fragte er stattdessen.
„Ihre Kleidung und Ihre Werkzeuge habe ich auf Geheiß Ihrer Frau aus dem Hog and Truffle Inn zu Ihnen ins Hotel gebracht – Ihre Frau bat mich, ausfindig zu machen, wo Sie bis dato logiert haben.“
Einen Moment lang war James sprachlos. Dann schüttelte er den Kopf. „Donnerwetter! Und das haben Sie herausgefunden? Sie müssen sich viel Mühe gemacht haben ….“
Snively verneigte sich. „Mylord, wir wissen alle, was Sie für den Earl getan haben. Der Earl ist sehr großzügig und beim ganzen Personal beliebt. Wir sind immer sehr glücklich, ihn als Gast im Royal Arms begrüßen zu dürfen. Sie werden mir doch sagen, wenn ich sonst noch etwas für Sie erledigen kann?“
James nickte. Er fühlte sich gedemütigt und bevormundet. Er wünschte, er wäre reich wie der Earl of Eastonby. Dann könnte er Thomas Snively angemessen entlohnen, denn er stand ungern in jemandes Schuld. „Vielen Dank dafür, Snively, dass Sie mich drei Tage lang versorgt haben“, meinte er säuerlich. „Ich bin Ihnen etwas schuldig.“
„Thomas für Sie, Mylord. Wenn ich so kühn sein darf – für ein Empfehlungsschreiben an die Geschäftsleitung wäre ich Ihnen sehr dankbar.“
„Ich werde daran denken“, versprach James. „Könnten Sie jetzt noch Fieber messen, Thomas?“
Der Diener lächelte. „Fieber? Sie haben kein Fieber, Mylord, hatten auch nie welches. Nun, vielleicht am Anfang. Aber es war nicht hoch genug, um sie derart außer Gefecht zu setzen.“
„Nicht?“ James rieb mit den Fingern über seine schmerzenden Schläfen. Erst jetzt fiel ihm auf, dass die Kopfwunde nicht wirklich wehtat. Der Schmerz schien im Kopf selbst zu sitzen. „Aber warum war ich dann bewusstlos?“
„Mylady hat Ihnen Alkohol und Schmerzmittel verabreicht. Erst nach Protest des von ihr zugezogenen Arztes hat sie gestern die Dosis verringert. Mit Verlaub, Mylord: Sie waren drei Tage blau wie eine Haubitze!“, erklärte Thomas.
5. KAPITEL
„Susanna!“
Der ärgerliche Ruf aus Garrows Zimmer ließ sie aufschrecken. Sie wunderte sich darüber, denn Snively war gerade erst aus dem Zimmer gekommen, um in der Küche ein Abendessen zu bestellen.
James hatte wohl immer noch Schmerzen. Seufzend schlich sie hinüber in das Empfangszimmer und griff nach einer halb vollen Flasche schottischen Whiskys. Sie hätte Snively beauftragen sollen, eine neue Flasche zu besorgen. Mit dieser Dosis schlief Garrow die Nacht bestimmt nicht durch. Sie hatte es dem Arzt ja gleich gesagt!
Vor der Tür hielt Susanna kurz inne und band ihren Nackenknoten neu. Seit der Hochzeit hatte sie keine Zeit mehr gefunden, ihr Haar zu waschen. Auch wenn Snively und andere Diener alle paar Stunden nach ihm gesehen hatten, hatte sie Angst gehabt, länger als absolut notwendig von seinem Bett fortzubleiben. Ihr Vater hatte ihr eingeschärft, dass sie für ihren Mann verantwortlich war. Wenn James gestorben wäre, hätte sie sich das nie verziehen.
Sie strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn, atmete tief ein und öffnete die Tür. „Ja, was ist?“
Es war offensichtlich, dass James sich über etwas ärgerte.
Er kniff die Augen zusammen und hatte die Kiefer aufeinander gepresst. Susanna wusste, dass sie sich in Geduld üben musste, denn er war verwundet und hatte Schmerzen. Aber mittlerweile waren ihre Kräfte überstrapaziert.
„Was zum Teufel hast du mit diesem Zeug vor?“,
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