HISTORICAL Band 0272
spürte sie, wie ihr die Sinne schwanden. Sie hörte ihre eigenen Lustschreie – und dann übernahm Jack die Führung. Er richtete sich halb auf, drehte sich mit ihr um, bis er auf ihr lag. Sie wusste, dass er der Erlösung gefährlich nahe war und sich nur zurückhielt, um sie mitzunehmen in die paradiesischen Gefilde der Erlösung. Sie hob sich ihm entgegen, und dann übermannte sie eine schwindelerregende Verzückung. Sie hörte seinen Schrei, als er sich zurückzog und in ihren Armen Erleichterung fand.
„Was hattest du eigentlich mit dem Champagner vor?“, flüsterte Eva später, an Jacks Schulter geschmiegt. Die Kerzen waren heruntergebrannt, er hatte die Daunendecke über ihre ineinander verschlungenen Leiber gezogen. Sie hatten ein wenig gedöst, sich gelegentlich im Halbschlaf bewegt, Koseworte gemurmelt und Küsse getauscht wie zwei Liebende, die sich bis zur Erschöpfung verausgabt, aber dennoch den Wunsch hatten, einander zu berühren.
„Mmm? Ich wollte wissen, wie Champagner schmeckt, wenn ich ihn aus deinem Nabel trinke.“ Jack richtete sich halb auf und schaute unter verhangenen Lidern auf sie herab. Sein Haar war zerzaust, er wirkte schläfrig, und dennoch war das Feuer nicht erloschen, vielleicht ein wenig eingedämmt, aber die Glut schwelte noch und wärmte ihr Herz und ihre Seele.
„Tatsächlich?“ Eva dachte darüber nach. „Das klingt aufregend.“
„Das finde ich auch. Aber es wäre schade, wenn wir beide zu müde sind, um uns auf diese erotische Weinprobe einzulassen. Wir nehmen die Flasche mit.“
„Nach Brüssel? Aber können wir … Ich meine, wo werden wir wohnen?“
„Wo immer das auch sein wird, dein Leibwächter wird es natürlich für dringend nötig halten, die Nacht in deinem Ankleidezimmer zu verbringen.“
„Bis an die Zähne bewaffnet?“ Ein Glücksgefühl sprudelte in ihr auf wie perlender Champagner. Das sollte also doch nicht ihre letzte gemeinsame Nacht sein?
„Selbstverständlich in voller Bewaffnung“, entgegnete Jack in einem Anflug männlicher Selbstgefälligkeit. Er legte sich wieder zurück und zog sie in seine Arme. „Und bereit, dir seine ungeteilte persönliche Aufmerksamkeit zu schenken.“
„In der Nähe von Ligny fand gestern eine Schlacht statt, das war der Geschützdonner, den wir hörten“, erklärte Jack, als Eva sich den Stallungen näherte. Seit dem frühen Morgen war der Gasthof in hellem Aufruhr, die Dienstboten liefen kopflos hin und her, fanden kaum Zeit, den Gästen das Frühstück zu servieren. Jack und Eva hatten schweigend gegessen und versucht, den Grund für all die Aufregung herauszufinden, aber es war nicht möglich, dem Personal einen zusammenhängenden Satz zu entlocken. Während Eva die Rechnung beglich, begab Jack sich in den Stall, um die Pferde zu satteln in der Hoffnung, von den Stallburschen einen genaueren Bericht zu erhalten.
„Ligny.“ Eva furchte die Stirn, denn sie wusste nicht, wo die Stadt lag. Jack entfaltete eine gebraucht aussehende Landkarte.
„Hier.“ Er wies mit dem Finger auf die Stelle. „Und auch bei Quatre-Bras wurde gekämpft, nordwestlich von Ligny.“
„Wie ist die Schlacht verlaufen? Wer hat sie gewonnen?“ Jack behielt seine undurchdringliche Miene bei, aber Eva ahnte, dass sie nichts Gutes verhieß.
„Napoleon, nach allem, was ich hörte. Wellington hat den Rückzug nach Brüssel angetreten. Quatre-Bras ist eine wichtige Straßenkreuzung, wahrscheinlich war das ein großer taktischer Sieg der Franzosen, wenn so einer Vereinigung der Alliierten, also England, die Niederlande und Hannover mit den Preußen verhindert wurde“, fügte er hinzu und faltete die Landkarte zusammen.
Sie saßen auf und ritten in bedrückter Stimmung nach Norden, bis das Dorf nicht mehr zu sehen war. An einem Waldstück machte Jack halt, nahm dem Packpferd die Last ab und warf alles ins Gebüsch, bis auf die Waffen, den Wasserschlauch und den Proviant. „Passt das noch in deine Satteltasche?“, fragte Eva, als Jack gerade einen Laib Brot in seiner eigenen verstaute. „Das ist der Champagner! Eva, was willst du damit? Wir müssen mit leichtem Gepäck reiten.“
„Für heute Abend“, entgegnete sie seelenruhig. „Du hast es versprochen.“
„Für heute Abend.“ Er nickte schließlich zustimmend.
Mit der von ihrer Last befreiten Stute konnten sie eine schnellere Gangart anschlagen. Jack schaute sich ständig in der Umgebung um, während sie querfeldein oder auf staubigen Feldwegen trabten. Sie
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