HISTORICAL BAND 295
Er hielt inne, schien nach den richtigen Worten zu suchen. „Und um Euch zu sagen, wie sehr ich bedauere, was ich bei unserer letzten Begegnung gesagt habe. Mir ist inzwischen klar, dass ich alles andere als freundlich gewesen bin. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie oft ich mir seitdem gewünscht habe, ich hätte das alles nie gesagt.“
Elgiva schüttelte den Kopf. „Lasst uns nicht über die Vergangenheit reden.“
„Ihr seid zu großzügig.“ Er lächelte sie schwach an. „Und so tapfer. Mit dieser Nachricht an mich seid Ihr ein großes Risiko eingegangen.“
„Umso mehr Grund für Euch, die Warnung ernst zu nehmen und Euch mit Euren Männern zurückzuziehen, bevor es zu spät ist.“ Ihre Augen hielten seinem forschenden Blick stand. „Ravenswood ist für die Wikinger von strategischer Bedeutung, sie werden eine Herausforderung durch unsere Leute nicht hinnehmen.“
„Es gibt viele Arten von Herausforderungen, Elgiva. Ich bin nicht so dumm zu glauben, wir könnten einen offenen Feldzug gegen sie gewinnen. Sie sind uns zahlenmäßig überlegen, aber uns schließen sich immer mehr Männer an. Wir stehen mit anderen Rebellengruppen in Kontakt. In der Zwischenzeit werden wir jede Möglichkeit nutzen, dem Gegner das Leben schwer zu machen und dann gleich wieder im Wald unterzutauchen.“
„Hört damit auf, ich flehe Euch an. Das führt doch nur zu noch mehr Toten.“
„Ich sagte Euch bereits, Elgiva, ich gebe nichts auf, was mir gehört.“ Er bedachte sie mit einem vielsagenden Blick. „Aber es war falsch von mir, an Euch zu zweifeln. Kommt mit mir, im Wald gibt es so viele Verstecke, dass der Wikinger Euch niemals finden wird.“
„Wulfrum wird mich finden“, widersprach sie. „Ich bin seine Ehefrau.“
„Und davor habt Ihr mir gehört“, beharrte er und fasste sie am Handgelenk. „Ich weiß, Ihr fürchtet seinen Zorn, und das völlig zu Recht. Aber ich werde niemals zulassen, dass er Euch etwas antut.“
„Sein Zorn würde nicht nur mich, sondern auch andere treffen, Aylwin.“
„Den Preis bin ich bereit zu zahlen.“
„Aber ich nicht.“ Sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, doch er hielt sie noch fester. „Das müsst Ihr verstehen.“
Sein Blick wurde abweisend. „Und immer noch bringt Ihr Ausflüchte vor, um bei ihm zu bleiben.“
„Aylwin, bitte! Das führt zu nichts. Ihr müsst gehen, bevor man Euch sieht.“
Er stieß die Luft aus, und sie sah, wie die Anspannung ein wenig von ihm abfiel. Sein Griff wurde etwas lockerer.
„Es tut mir leid, Elgiva. Ich bin nicht hergekommen, um mit Euch zu streiten. Ich werde gehen, aber nur für den Augenblick. Merkt Euch: Ich werde eines Tages wiederkommen und den Wikinger töten, um Euch zu befreien.“
„Das könnt Ihr nicht.“
„Fürst Halfdan selbst hat mir gezeigt, wie, Elgiva.“
„Was soll das heißen?“
„Es ist besser, wenn Ihr nichts Genaues wisst, bis ihr mir zur vollbrachten Tat gratulieren könnt. Euch ist ja bekannt, dass Wulfrum im Herbst nach York reisen wird. Dann hat das Warten ein Ende.“ Lächelnd ließ er ihr Handgelenk los. „Bis dahin werde ich mich zurückziehen.“
„Wartet! Wollt Ihr mir nicht sagen, was Ihr vorhabt?“
Er schüttelte den Kopf. „Lebt wohl, Elgiva.“
„Aylwin, wartet!“
Aber er verschwand bereits zwischen den Bäumen. Sie schaute ihm nach, bis er außer Sichtweite war. Ihr Herz raste vor Angst und Entsetzen über seine Worte. Unwillkürlich rieb sie ihr Handgelenk, wo sie noch immer den Druck seiner Finger spürte. Es gab keinen Zweifel daran, dass er jedes Wort ernst meinte. Er würde nicht aufgeben. Unruhig suchte sie den Obstgarten nach irgendeiner Bewegung ab, aber sie war anscheinend allein. In einiger Entfernung waren Männer auf einem Feld beschäftigt, aber sie hatten weder etwas sehen noch hören können.
Elgiva atmete tief durch. Aylwin war ein unberechenbares Risiko eingegangen, sie hier aufzusuchen. Seine Worte hatten sie beunruhigt. Offenbar hatte sie unterschätzt, wie viel er für sie empfand. Welch grausame Ironie, dass sie mit ihrer Warnung genau das Gegenteil erreicht hatte.
Sie war so in Gedanken, dass sie die Gestalt am Rand des Obstgartens erst bemerkte, als sie fast davor stand. Im gleichen Moment setzte ihr Herz einen Schlag aus. Sweyn! Er lächelte sie an, sein Blick wanderte langsam über ihren Körper, als wolle er sich jede Einzelheit genau einzuprägen.
„Ihr seid sehr hübsch, Elgiva. Wie es scheint, bekommt Euch das
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