HISTORICAL BAND 295
Eheleben.“
„Wenn du meinst, Sweyn“, gab sie zurück und wollte um ihn herumgehen, doch er stellte sich ihr in den Weg.
„Ihr habt mir gefehlt.“
„Tatsächlich?“
„Ich konnte immer nur an Euch denken.“
„Dann solltest du dir mehr Mühe geben, an etwas anderes zu denken.“
„Seid ihr immer noch so kalt und abweisend?“
„Ich wüsste nicht, warum ich mich ändern sollte.“
„Vielleicht nicht mir gegenüber“, stimmte er ihr zu. „Aber was ist mit dem Mann, der gerade eben bei Euch war? Er sah Wulfrum nicht sehr ähnlich.“
Elgiva zwang sich, seinem spöttischen Blick zu trotzen. „Natürlich nicht“, erwiderte sie. „Das war schließlich ein Diener.“
„So?“
„Ich muss dir gegenüber keine Rechenschaft ablegen.“
„Aber was ist, wenn Euer Ehemann etwas über diesen Mann wissen will?“
„Wenn du das herausfinden willst, dann solltest du ihn am besten selbst fragen, meinst du nicht?“ Ihre Worte klangen viel selbstsicherer, als sie sich fühlte. „Doch vielleicht wird er sich dann die Frage stellen, aus welchem Grund du mit seiner Ehefrau eine private Unterhaltung führen wolltest.“
Er zog die Brauen zusammen, und sie konnte ihm ansehen, dass sie ihm den Wind aus den Segeln genommen hatte. „Mir ist es gleich“, sagte er schließlich, „wenn Ihr Euch dazu herablasst, mit Bauernvolk zu reden.“
„Es ist seit jeher bei uns Brauch, alle unsere Leute gut zu behandeln. Du solltest es vielleicht auch einmal versuchen.“ Sie bemühte sich erneut, um ihn herumzugehen, aber er hielt sie am Arm fest.
„Ich würde Euch ebenfalls gut behandeln, Elgiva, wenn Ihr mir nur die Gelegenheit dazu geben würdet.“
Ungläubig starrte sie ihn an, dann bekam sie sich wieder in den Griff und fuhr ihn an: „Lass mich gefälligst los, Sweyn. Ich bin Jarl Wulfrums Frau, und ihm wird es nicht gefallen, wenn er hört, dass du Hand an mich gelegt hast.“
„Glaubt Ihr, ich habe Angst vor Wulfrum?“
„Nein“, entgegnete sie. „Aber ich habe so viel Blutvergießen mit angesehen, dass es mir für den Rest des Lebens reicht. Nicht einmal der Gedanke, dass es diesmal dein Blut ist, das vergossen wird, kann mich mehr erfreuen. Und jetzt lass mich gefälligst los!“
Einen Moment lang konnte sie so etwas wie Bewunderung in seinen Augen erkennen, dann ließ er sie endlich los. Zutiefst erleichtert ging sie an ihm vorbei und wusste, er beobachtete jeden einzelnen Schritt, den sie machte.
Zurück in dem Gemach, das sie mit Wulfrum teilte, legte sie sich aufs Bett und versuchte, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Die Begegnungen mit den beiden Männern hatte sie in Aufregung versetzt, und sie musste sich beruhigen, bevor Wulfrum herkam, da er sonst misstrauisch werden würde. Sie hatte kein Interesse daran, Sweyn noch einmal zu begegnen, und sie wollte auch nicht die Gastgeberin für seine Kameraden spielen. Also musste sie einen Weg finden, sich vor dem Nachtmahl zu drücken, ohne Wulfrums Argwohn zu wecken. Sie schloss die Augen und versuchte nachzudenken.
Einige Zeit später schreckte sie aus dem Schlaf hoch und sah Wulfrum, der über sie gebeugt stand und sie besorgt ansah.
„Ist alles in Ordnung, Elgiva?“
Sie stützte sich auf den Ellbogen auf und merkte, wie benommen sie war. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie sich befand.
„Ich habe Kopfschmerzen, weiter nichts.“
Ihr Gesicht war tatsächlich sehr blass, und Wulfrum setzte sich auf die Bettkante, um sie genauer anzusehen. Er legte ihr die Hand auf die Stirn, ob sie Fieber hatte, aber die Haut fühlte sich eher kühler als üblich an. Sanft drückte er sie zurück aufs Bett und deckte sie mit einem der Felle zu.
„Bleib hier und ruh dich aus“, sagte er. „Ich werde Osgifu zu dir schicken.“
„Das ist nicht nötig. Ich bin mir sicher, ein wenig Schlaf ist alles, was ich brauche.“
Das gefiel ihm zwar nicht, aber er wollte sie nicht drängen. „Wie du willst.“
Liebevoll beugte er sich über sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange, der zugleich zärtlich und fürsorglich war. Elgiva wollte ihm die Arme um den Nacken schlingen, wollte seine Hände auf ihrem Körper spüren. Doch sie fürchtete, wenn sie dem Drängen nachgab, könnte er Verdacht schöpfen. Betrübt sah sie ihm hinterher, als er zur Tür ging und ihr von dort aus einen letzten sorgenvollen Blick zuwarf. Dann lächelte er sie aufmunternd an. „Schlaf gut, Elgiva.“
Und schon war er gegangen. Elgiva spürte die Tränen hinter ihren
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