Historical Band 303
jüngster Bruder ihn nicht mehr kannte. Und dass er nicht verstand, dass Bram ihn nur schützen wollte.
Alex hob beim Anblick ihres wie wild an dem Seil zerrenden Bruders skeptisch die Augenbrauen. „Und du glaubst, das wird ihn aufhalten?“
„Hast du eine bessere Idee?“
Alex zuckte die Achseln. „Nein.“
Bei unserer Rückkehr muss ich wohl einiges bei Dougal wiedergutmachen, dachte Bram. Aber besser, sein Stolz erlitt jetzt einen kleinen Dämpfer, als dass er Lord Cairnross’ Gefangener wurde.
„Nairna oder Laren können ihn morgen früh losbinden“, sagte er. „Bis dahin sind wir weit genug weg.“
„Sie sind nicht zu beneiden. Immerhin müssen sie mit ihm leben, während wir fort sind“, sagte Alex und zog eine Grimasse. „Seit Vaters Tod hat er sich verändert. Eigentlich ist er nur noch wütend.“
„Und was ist mit unserer Mutter?“, fragte Bram. „War es besser, als sie hier war?“
Alex schüttelte den Kopf. „Grizel übersah ihn völlig in ihrem Kummer, und er wurde zu einem richtigen Teufelsbraten. Sie wollte mit keinem von uns mehr etwas zu tun haben.“ Und mit einer Kopfbewegung in Richtung ihres Bruders fügte er hinzu: „Lass ihn einfach. Das ist die einzige Lösung.“
Bram warf einen Blick auf Dougal, der jetzt gegen die anderen Männer um ihn herum wütete, denn einige der Älteren neckten ihn. Das ließ ihn nur noch rasender werden.
Bram sah Nairna, die etwas zu essen bei sich hatte. Als sie Dougal erblickte, machte sie ein besorgtes Gesicht.
Leider beging sie den Fehler zu ihm zu gehen, um mit ihm zu sprechen. Als sie Dougal das Essen anbot, fauchte er sie an und trat nach ihr.
Bram riss der Geduldsfaden. Mit großen Schritten stürmte er über den Hof. Ohne auf Nairnas Protest zu achten, packte er seinen Bruder am Genick. „Du rührst meine Frau nicht an. Und du sprichst auch nicht in diesem Ton mit ihr oder wagst es, ihr auf irgendeine Weise wehzutun.“
Seine Hand drückte ein wenig zu, und als Dougal ihn zu beißen versuchte, drückte er noch fester.
Ohne seine Frau anzusehen, meinte er: „Vor morgen früh lasst ihr ihn nicht frei.“
„Aber …“
„Er kann nicht mit uns kommen.“ Er sah dem Jungen in die Augen und senkte die Stimme. „Du hast keine Ahnung, welche Hölle Callum ertragen muss. Aber ich weiß es. Und ich will nicht, dass du oder ein anderer von den Engländern gefangen wird.“ Er fasste den Jungen unterm Kinn und hob sein Gesicht hoch. „Wenn ich fort bin“, fügte er hinzu, „wirst du Nairna mit Respekt behandeln. Oder du bekommst es mit mir zu tun.“
Dann ließ er ihn los und zeigte ihm seine Handgelenke. Beim Anblick der vernarbten Haut wurde Dougal still.
Nairna schien bestürzt. Bram nahm sie bei der Hand und ging mit ihr einige Schritte.
„Das ist nicht recht“, protestierte sie. „Er ist noch zu jung, um auf diese Art angebunden zu werden.“
„Er ist vierzehn. Und er soll sich nicht wie ein Narr benehmen.“ Bram drückte ihre Hand. „Lass dich nicht vom Mitleid überwältigen, Nairna. Glaub kein Wort, das ihm über die Lippen kommt. Wenn du ihn losbindest, wird er versuchen, uns zu finden.“
Er war überzeugt, dass Dougal alles Mögliche anstellen würde, um zu fliehen. „Schwör es mir“, drängte Bram. „Verhindere, dass er uns folgt.“
Nairna presste die Lippen aufeinander und nickte leicht mit dem Kopf. Sie machte sich sichtlich Sorgen. „Muss ich wirklich bis morgen früh warten?“
„Wenn er sich benimmt, kannst du ihn spät in der Nacht losbinden.“ Als sie fast bei Alex und den anderen waren, blieb er stehen. „Es ist nur zu seiner Sicherheit.“
Er konnte ihr ansehen, wie sehr ihr seine Anordnung widerstrebte, aber sie nickte noch einmal. Sie machte es nicht gerne, doch sie verstand, warum er darauf bestand.
Bram betrachtete seine Frau. Es tat ihm leid, dass sie nur so wenig Zeit miteinander hatten.
„Wenn alles gut geht, bin ich in etwas mehr als einer Woche zurück“, sagte er.
Sie umarmte ihn. „Gott sei mit dir“, flüsterte sie und drückte ihm ein Bündel mit Proviant in die Hand.
Ihre Geste rührte ihn, und er schloss sie noch fester in die Arme.
Das Herz wurde ihm schwer. Er wusste nicht, ob er sie wiedersehen würde. Wenn das Schlimmste eintrat …
Dieses Mal ist alles anders . Statt nur noch in seinen Erinnerungen zu existieren, würde sie diesmal hier auf ihn warten. Er hatte einen sehr realen Grund zurückzukehren, einen Grund aus Fleisch und Blut. Eine Frau, die bereits
Weitere Kostenlose Bücher