Historical Band 303
nur zu glücklich, es ihnen bieten zu können.“
„Wie viele wurden getötet?“, fragte Bram.
„Nicht so viele. Die MacKinlochs waren immer gute Kämpfer“, gestand der Baron. „Doch beim letzten Zwischenfall wurde eines der jüngeren Mädchen getötet. Nachdem man sie bestattet hatte, rief Lady Grizel alle Frauen und Kinder zusammen und brachte sie hierher.“
Das war durchaus nicht die Tat einer alten, verbitterten Frau, fand Nairna. Hier wollte eine Frau diejenigen in Sicherheit wissen, die sich nicht verteidigen konnten. An Grizels Stelle hätte sie genau das Gleiche getan.
„Ich möchte noch einmal mit ihr sprechen“, sagte sie zu Lord Locharr. „Wo kann ich sie finden?“
„Du verschwendest nur deine Zeit“, erwiderte Bram. „Nichts, was du sagst, wird irgendetwas ändern.“
Wahrscheinlich hatte er damit sogar recht. „Ich möchte es trotzdem versuchen. Ich habe ja nichts zu verlieren.“ Nachdem, was sie bis jetzt von Grizel wusste, schien die Frau wenig Mitgefühl oder Freundlichkeit zu besitzen. Aber es war ihr gelungen, den halben Clan in Sicherheit zu bringen. Das musste alles andere als eine leichte Aufgabe gewesen sein.
„Wenn du unbedingt mit ihr sprechen willst, stehe ich dir nicht im Weg.“ Bram stand auf und nickte dem Baron flüchtig zu. „Ich warte dann in der Kammer auf dich.“ Ohne ein weiteres Wort ging er hinaus. Nairna gab sich Mühe, sich vom Zynismus ihres Mannes nicht entmutigen zu lassen.
„Es ist nicht einfach, mit Grizel zu reden“, gab der Baron zu, nachdem Bram fort war. „Aber es steckt mehr in ihr, als die meisten ahnen.“
Das glaubte Nairna auch. Aber genau würde sie es erst wissen, wenn sie allein mit Grizel gesprochen hatte. „Wo kann ich sie finden?“
„Warum bist du hier?“ Grizel kniete neben einem hölzernen Bottich. Die Hände voller Schaum, war sie gerade dabei, einem rothaarigen Buben den Kopf zu waschen. Nairna schätzte ihn auf zwei Jahre. Er saß in dem großen Zuber und jammerte, während die Frau ihm den Kopf rubbelte.
„Ich dachte, wenn Bram nicht dabei ist, könnten wir uns einmal darüber unterhalten, was den Frauen und Kindern zugestoßen ist.“
Sie wollte herausfinden, ob Grizel wirklich so voller Hass war oder ob alles nur leere Worte waren.
Grizel schöpfte mit den Händen Wasser über den Kopf des Jungen. Als er zu weinen anfing, warf sie ihm einen strengen Blick zu. „Still jetzt! Kein Grund zum Schreien.“
„Ich weiß, dass Ihr Glen Arrin nach dem letzten Angriff verlassen habt“, wagte Nairna zu sagen.
Grizel hob den Jungen aus dem Zuber und wickelte ihn in ein Handtuch. Dabei schenkte sie ihm kaum einen Blick. Sie tat, was notwendig war, nicht mehr. Langsam verlor Nairna die Geduld. Ohne lange zu fragen, streckte sie die Arme aus und nahm Grizel das Kind weg. Dann setzte sie sich und hob den Kleinen auf ihren Schoß.
Nachdem sie ihm saubere Kleider angezogen hatte, kuschelte sich der Bub an sie. Als sein warmer Körper sich an sie schmiegte, empfand sie plötzlich eine schmerzliche Sehnsucht. Aber sie unterdrückte ihre Gefühle.
Grizel schien das alles kaum zu kümmern. „Wir wurden fast jede Woche angegriffen“, sagte sie. „Weil unsere Männer sich weigerten, den Engländern Bestechungsgelder zu zahlen.“
Nairna streichelte dem Kind den Rücken und beruhigte es, als es anfangen wollte zu weinen. Ruhig drückte sie seinen Kopf an sich und hielt es fest im Arm.
„Den Männern war es egal, was passierte. Sie wollten nur kämpfen.“ Sie deutete mit dem Kopf auf den Jungen. „Seine Eltern wurden in der Schlacht getötet.“
Nairna beschlich ein unangenehmes Gefühl. Sie drückte einen Kuss auf den Kopf des Kindes.
Menschenleben sind mehr wert als Geld, hatte ihr Vater gesagt. Langsam verstand sie seine Worte.
Sie atmete tief durch, während sie den Kleinen in ihren Armen wiegte und zusah, wie seine Lider schwer wurden. „Was, wenn es keine Kämpfe mehr gäbe? Würdet Ihr dann zurückkehren?“
„Die wird es immer geben. Die Männer werden nie aufhören zu kämpfen. Sie sind zu stur und zu hitzköpfig, jeder einzelne von ihnen.“
„Nicht alle“, sagte Nairna und dachte dabei an Bram. Er blieb für sich und hielt sich von seinen Brüdern fern. „Bram und Alex tun alles, um Callum zurückzuholen.“
Ein schmerzlicher Ausdruck huschte über Grizels Gesicht, bevor sie rasch wegschaute. „Geh jetzt. Ich will nicht mehr von ihnen sprechen.“
„Und was ist mit Dougal? Er braucht Euch doch
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