HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
verschieben, bis sie gegessen und sich etwas erholt hatte. Es dauerte noch Stunden, bis der kritische Moment gekommen war. Folglich hatte sie noch genügend Zeit, sich innerlich darauf einzustellen.
Die Hand auf das verstaubte, erhitzte Gesicht pressend, wurde sie sich indes jäh bewusst, dass sie nicht mit dem Gatten in einem Bett schlafen durfte, denn sonst war sie verloren. Diese Erkenntnis war erschreckend, aber sie musste sich damit abfinden. Sie war viel zu müde, um sich noch länger dagegen zu wehren. Drei Tage lang hatte sie Cameron kaum aus den Augen gelassen, seine kraftvolle Gestalt bewundert, im selben Zelt mit ihm genächtigt und manchmal seinem regelmäßigen Atmen gelauscht. Vormittags hatte er ihr Jod auf einen langen Kratzer gestrichen, den sie sich durch einen Dorn an der Wade zugezogen hatte. Bei der Berührung seiner Finger war sie von köstlichen Reizen durchflutet worden und hatte erkannt, dass sie innerlich noch so verwundbar war wie das sechzehnjährige Mädchen, das sich nackt zu ihm in das vom Mond beschienene Meer begeben hatte.
Mittlerweile kostete es sie Mühe, sich an Arthur Tarrington-Leigh zu erinnern und sich sein Gesicht ins Gedächtnis zurückzurufen. Sie stand wieder unter Camerons Bann und war verwirrt, verschreckt und einsam.
Matt ging sie neben Mrs. Robertson durch das in der Dornenhecke eingelassene Tor auf den großen, strohgedeckten Bungalow zu. Der Platz davor war tadellos gefegt. An einer Seite war in ordentlichen Reihen ein Garten angelegt, wo Rüben, Kartoffeln, Möhren und Salat wuchsen.
„Sie können sich nicht vorstellen, Mrs. MacKenna, wie schwierig es ist, hier einen Garten zu pflegen. Die Erde ist zwar gut, aber durch die Hitze verdorrt viel, und den Rest zerstört Ungeziefer und allerlei Getier. Man befindet sich ständig im Kampf darum, genug Essbares auf den Tisch zu bekommen.“ Clara lachte auf. Ihre Augen hatte die Farbe von Zimt, und um die Nase waren viele Sommersprossen. „Himmel, ich schwatze ja unaufhörlich! Mein Mann sagt immer, ich würde dauernd versuchen, jedes Schweigen mit meinem Geplapper zu unterbrechen. Aber die Stille hier kann unerträglich sein. Oh, trotzdem ist Afrika wundervoll, meine Liebe! Die Sonnenuntergänge sind einzigartig. Und die Tierwelt! Ich werde dieses Land nie mehr verlassen, es sei denn, man bringt mich in Ketten nach Schottland zurück!“ Clara musterte Mrs. MacKenna von Kopf bis Fuß. „Sie Ärmste! Ich habe den Eindruck, dass Sie gleich umfallen! Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Toilette. Danach bringe ich Ihnen eine Erfrischung, und anschließend können Sie sich eine Weile erholen und später vor dem Dinner ein Bad nehmen.“
Erfreut durch Mrs. Robertsons Herzlichkeit, brachte Mary ein schwaches Lächeln zustande und erwiderte: „Ja, ich würde gern die Toilette aufsuchen. Und für einen kühlen Drink bin ich dankbar. Doch das Schläfchen und das Bad können warten. Ich würde Ihnen gern bei den Vorbereitungen zum Essen helfen.“
Clara grinste und enthüllte große, unebenmäßig gewachsene Zähne. „Helfen? Das wäre himmlisch! Ich kann immer eine hilfreiche Hand brauchen, und außerdem haben wir dann mehr Zeit zum Plaudern.“ Sie nahm Mrs. MacKenna beim Arm und führte sie, bei jedem Schritt plappernd, zur Rückseite des Hauses.
Nachdem Mary sich die Hände gewaschen hatte, begab sie sich mit Mrs. Robertson in die an einer Seite offene, zum Hinterhof gelegene Küche und war ihr beim Putzen des für das Stew bestimmten Gemüses behilflich. Als schließlich die letzte Rübenscheibe in die blubbernde braune Brühe gefallen war, hatte sie Mrs. Robertson die Geschichte von der Entführung ihrer Tochter erzählt. Natürlich hatte sie dabei die Wahrheit, warum sie überhaupt nach Afrika gefahren war, etwas beschönigt, doch alles andere – Hassans Verrat, ihren Kummer und ihre Gewissensbisse – so genau wie möglich berichtet.
Tränen des Mitgefühls standen in Claras Augen. „Oh, Sie Ärmste! Sie Ärmste!“, war alles, was sie hervorbrachte.
„Selbstverständlich werden mein Mann und ich unsere Tochter aufspüren“, verkündete Mary entschlossen. „Das weiß ich genau! Wir kehren nicht um, bis sie in Sicherheit ist.“
„Und was ist, wenn Sie Jennifer nicht finden?“
Mrs. Robertsons bang gestellte Frage traf Mary wie ein Stich. „Nein! Daran darf ich nicht einmal denken!“ Sie zwang sich, nicht von Furcht überwältigt zu werden. „Würde ich Jenny verlieren, wäre mein Leben zu Ende!“
Clara
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