HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
reine Glückssache, dass wir hier gelandet sind“, murrte Victoria wenig damenhaft. Sie vermochte ihr Pferd kaum noch daran zu hindern, den Abhang hinunter zum Wasser zu rennen.
„Glückssache? Von wegen! Es waren meine Kenntnis und mein Können.“
„Ihr angebliches Können hat damit nichts zu tun“, erklärte Victoria herablassend. „Es war nur Gottes Antwort auf meine Gebete während der letzten entsetzlichen Stunden.“
„Hören Sie, Lady, Sie sollten ein für alle Mal begreifen, dass ich die Antwort auf Ihre Gebete bin – zumindest, bis ich Sie wieder nach Kairo gebracht habe.“
„Nun, dann sind Gottes Wege tatsächlich verschlungen“, versetzte Victoria. „Ich werde jedoch jetzt nicht mit Ihnen darüber streiten; dafür gibt es später noch Gelegenheit.“ Sie strich sich mit der Zungenspitze über die ausgetrockneten Lippen. „Jetzt habe ich vor, mich nach diesem brutalen Ritt zu erfrischen.“
„Dieser brutale Ritt hat Ihnen wahrscheinlich das Leben gerettet“, stellte Jed richtig und folgte der Stute den Abhang hinunter. Teufel auch, er hatte Dank und keine Nörgelei erwartet, denn schließlich hatte er sie ja zu der Oase geführt. „Ein wenig Dankbarkeit wäre durchaus angebracht.“
„Dankbarkeit? Wir hätten auch an Bord bleiben können. Dann wären uns die Strapazen des heutigen Tages erspart geblieben.“
„Ich habe Ihnen schon auseinandergesetzt, weshalb wir die Feluke verlassen mussten. Wenn es sich nur um Ali und mich gehandelt hätte, würde ich wahrscheinlich versucht haben, den Verfolgern davonzusegeln, doch ich konnte nicht ein paar rachedurstige Sudanesen abwehren und Sie dabei beschützen.“
„Ach, gibt es tatsächlich etwas, das Ihre Fähigkeiten übersteigt?“, fragte Victoria in einer Tonlage, die Jeds Blut zum Sieden brachte.
„Hören Sie, Vicky, mir gefällt dieses Unternehmen ebenso wenig wie Ihnen. Ich befand mich gerade auf dem Weg zu etwas sehr Wichtigem, als man mich veranlasste, Sie zu suchen.“
„Etwas Wichtiges? Was war das? Wollten Sie sich sinnlos betrinken oder in das Bett einer bedauernswerten Frau steigen?“
„Das geht Sie nichts an.“ Victorias richtige Einschätzung ärgerte ihn. Er hatte gründlich genug von dieser hochnäsigen Dame, und das wollte er ihr auch klarmachen. „Ich streite mich hier mit Ihnen herum, und dabei bin ich ausgedorrter als jemals zuvor. Eines ist mir heute klargeworden: Sie sind die entnervendste Frau, der ich jemals begegnet bin.“
„Entnervend! Und dabei habe ich heute Nachmittag fast ausschließlich geschwiegen“, protestierte sie.
Inzwischen hatten die Pferde den Rand der Oase erreicht. Victoria glitt aus dem Sattel und bot Jed dabei einen unverstellten Blick auf ihre hauchdünn verschleierten Oberschenkel. Plötzlich erhielt das Wort „entnervend“, für ihn eine ganz andere Bedeutung. Er musste heftig schlucken. Vicky besaß die längsten und hübschesten Beine, die er je gesehen hatte.
Jed schüttelte den Kopf, als könnte er ihn auf diese Weise klären, stieg ab und hielt sich vor, dass seine Erregung nichts mit Victoria Shaws Charme zu tun hatte. Das kam nur daher, weil er schon so lange ohne Frau gewesen war. Doch dass er sich jetzt wie ein unerfahrener grüner Junge vorkam, den es gepackt hatte, ging über seinen Verstand, zumal Jungfrauen eigentlich überhaupt nicht nach seinem Geschmack waren; gewöhnlich mochte er es lieber, wenn seine Frauen ungehemmt und ein bisschen zügellos waren.
„Hier, Kinkaid.“ Victoria, die natürlich nichts von den Gedankengängen des Amerikaners ahnte, reichte ihm wie selbstverständlich die Zügel ihres Pferdes und begann, leichtfüßig ins Wasser zu laufen.
„Brrr! Einen Moment, Queen Victoria.“ Jed verstellte ihr den Weg und blickte drohend auf sie hinunter. Die Frau nahm ihn anscheinend gar nicht zur Kenntnis, sondern betrachtete ihn nur als ihren Diener!
„Ja bitte?“, fragte sie herablassend.
„Wie reden Sie Ihren Butler an?“ Jed sprach so leise, dass sich seine Lippen kaum bewegten, ein untrügliches Zeichen dafür, dass er vor Zorn kochte.
„Was?“ Ist er zu lange an der Sonne gewesen und hat jetzt den Verstand verloren? dachte Victoria.
„Ich fragte Sie, wie Sie Ihren Butler nennen“, wiederholte Jed und kam ihr so nahe, dass sie zu ihm hochschauen musste. Sein Gesicht wirkte zwar überaus grimmig, doch sie zog diesen Anblick der Aussicht auf seine muskulöse Brust unter dem aufgeknöpften Hemd vor.
„Hawkins“, antwortete sie.
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