HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
ist also Fatima, dachte Jed und musste lächeln. Die Frau sah Victoria nicht im Geringsten ähnlich. Abgesehen von ihrer Augenfarbe, war sie viel kleiner und, soweit Jed bei ihrer weiten Kleidung sehen konnte, so rundlich wie ein Rebhühnchen. Bei ihrem Anblick würde er ganz gewiss nicht an Vicky denken. Dennoch beneidete er seinen Freund, in dessen Augen sich dieselben Gefühle spiegelten, die er, Jed, für Victoria empfand.
Nachdem sie einander vorgestellt worden waren, umflatterte Fatima die Männer wie ein Vögelchen, schüttelte die Kissen auf, auf denen sich Ali und Jed dann niederließen, und trug Schüsseln mit nach Jasmin duftendem Wasser für deren Handwaschungen sowie Tabletts voller Obst und Geleekonfekt herbei.
Dass Fatima doch etwas mit Vicky gemeinsam hatte, merkte Jed, als er eine flache Flasche aus seiner Hemdtasche zog und sie Ali hinhielt. Sofort blitzten die dunklen Augen der Frau zornig und zeigten deutlich, was sie von Alkohol hielt.
Jed seufzte. Frauen waren doch eine komische Rasse; so viel sie auch schnatterten und zeterten, so schafften sie es doch allein mit einem Blick, einen Mann bei der Stange zu halten. Ali zog seine Hand beschämt zurück, und Fatima bedachte ihren Gatten dafür mit einem liebevollen Nicken.
„Morgen habe ich einen Termin bei Cookson, dem Assistenten des Generalkonsuls“, erzählte Jed übergangslos. „Reed weiß nichts davon; es ist mir gelungen, ihn zu umgehen, als ich das Treffen vereinbarte.“
„Wenn du dich vorher rasierst, wird dir Cookson vielleicht mehr Glauben schenken“ meinte Ali und nahm von Fatima einen Becher Wasser entgegen, auf dem eine Limonenscheibe schwamm.
„Keine Sorge. Ich werde mich schon ein wenig herrichten. Seit unserer Rückkehr habe ich mich nur so viel amüsiert, dass ich mich wohl ein wenig vernachlässigte.“
„Entschuldige, doch mir scheint, als wüsstest du gar nicht, was Amüsement ist. Ein so trübsinniger Mensch wie du ist mir noch nie begegnet.“
„Nun, ich habe auch einen guten Grund, trübsinnig zu sein. Die Shaws waren so unverschämt, mich zu ihrer Dinnergesellschaft einzuladen. Wie kann ich Vicky vergessen, wenn mich die Leute immer wieder an sie erinnern?“
„Na und? Die Shaws wollen dir nur ihre Dankbarkeit erweisen.“
„Soll ich da vielleicht herumsitzen und zusehen, wie Hayden und Vicky die Köpfe zusammenstecken? Da vergeht mir schon jetzt der Appetit. Ich werde die Einladung ablehnen.“
„Ich nicht“, sagte Ali leise.
„Du bist auch eingeladen?“, fragte Jed überrascht. Die meisten Briten der gehobenen Klasse würden einen Ägypter nie zu sich einladen und noch viel weniger das Brot mit ihm brechen. Wahrscheinlich waren die Shaws nicht so eingebildet, wie er angenommen hatte. Das löste jedoch sein Problem nicht, und Ali musste ja auch nicht mit ansehen, wie die Frau, die er liebte, neben einem anderen saß. „Nun, ich wünsche dir viel Spaß. Richte den Shaws mein Bedauern aus. Ich gehe jedenfalls nicht hin.“
„Selbstverständlich tun Sie das“, fiel Fatima ein, und Jed ahnte, was Ali ihr erzählt hatte. „Wie wollen Sie denn die Frau gewinnen, wenn Sie sich weigern, sie wiederzusehen? Selbst ich, eine Fremde, sehe Ihnen doch an, wie niedergeschlagen Sie sind. Seien Sie nicht so feige wie ein Hahn, den die Henne abgewiesen hat, Jed Kinkaid. Sie müssen herumstolzieren, lauter krähen als zuvor und Ihr herrliches Gefieder spreizen, um Ihre Auserwählte zu beeindrucken.“
„Also Fatima, ich weiß ja Ihr Interesse zu schätzen, doch …“
„Auf sein Gefieder kann er gegenwärtig nicht besonders stolz sein, mein Täubchen“, meinte Ali mit einem Seitenblick auf Jeds unordentliche Kleidung. „Möglicherweise kann jedoch Abu, der Schneider, daran etwas ändern.“
„Großartig, mein Gatte!“ Begeistert klatschte Fatima in die Hände. „Ich werde ihn sofort holen.“
„Augenblick mal!“ Jed wollte aufstehen, doch Ali drückte ihn wieder in die Kissen.
„Keine Angst, Abu ist ein hervorragender Schneider. Er arbeitet für viele der in Kairo lebenden Ausländer. Natürlich kann er dir keine Abendkleidung für das schon morgen stattfindende Dinner nähen, doch in zwei, drei Tagen dürfte er deine Garderobe fertig haben, so dass du an den anderen Gesellschaften teilnehmen kannst, bei denen Victoria zugegen sein wird.“
Wieder wollte Jed etwas einwenden, doch Ali unterbrach ihn sofort. „Mach dir keine Sorgen, Jed. In Kairo wird dir keine Tür verschlossen bleiben. Du bist
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