HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
dem Rücken des Tieres ausmachen. Als es innehielt, sprang Annie herab und stürzte zur Hütte. „Onkel Donovan“, rief sie. „Geht es Mama gut? Da bringe ich Miss Sarah. Wie geht es Mama?“
„Alles in Ordnung“, log er. „Kümmere dich um deine Geschwister. Ich versorge den Maulesel.“
Er verließ den Vorplatz und ging zu Miss Parker, die gerade abstieg, wobei sie unter dem dunklen Wollmantel eine Leinentasche barg. Vor Erleichterung bekam Donovan weiche Knie. Am liebsten hätte er der altjüngferlichen Miss im Moment die Brille abgenommen und sie auf den Mund geküsst.
„Das wurde Zeit!“ Mehr brachte er nicht heraus.
„Tut mir leid. Gerade habe ich Minnie Hawkins entbunden. Früher konnte ich nicht kommen. Wie geht’s Varina?“
„Schlecht. Das Baby liegt falsch. Hoffentlich kommen Sie nicht schon zu spät.“
Resolut setzte sich Miss Sarah in Bewegung. Der Schnee knirschte unter ihren Tritten. Auf der wackligen Stufe vor der Tür drehte sie sich noch einmal um, der schlichte dunkle Rock schwang dabei um ihre Beine.
„Bringen Sie Nebukadnezar bitte in den Stall, und geben Sie ihm etwas Hafer!“, ordnete sie forsch an. „Dann reinigen Sie sich bitte, und kommen Sie zu mir. Sicher kann ich Ihre Hilfe gebrauchen.“
Sie betrat die Hütte. Während er den Maulesel zum Unterstand führte, hörte er, wie sie Annie anwies, ihre Geschwister zu Ike Ordway, dem nächsten Nachbarn, zu bringen. Und als er das Tier versorgt hatte, trotteten die drei schon hinter ihm in den armseligen kleinen Mäntelchen vorbei, die Varina aus alten Wolldecken genäht hatte.
Donovan schöpfte Wasser aus dem Kübel neben der Tür der Hütte und benutzte Seifenlauge, um sich die Hände gründlich abzuschrubben. Alles wird gutgehen, sagte er sich. Jetzt ist ja die Hebamme da. Die weiß schon, was zu tun ist.
Trotzdem wäre ihm noch wohler gewesen, wenn die Hebamme eine gestandene Vierzigjährige gewesen wäre mit eigenen Kindern. Während er sich die Hände trocknete, betrat er die Hütte. Sarah Parker stand gerade vor dem Ofen und krempelte sich die Ärmel ihres grauen Kleides hoch. Komisch, von hinten wirkte sie irgendwie attraktiv. Das Lampenlicht ließ ihr am Nacken zum Knoten verschlungenes Haar weich glänzen. Die derbe Kleidung verhüllte eine anmutige Figur mit schmaler Taille und wohlgeformten Hüften.
Donovan starrte sie an. Wieder war es ihm, als ob sie ihn an etwas erinnerte. Was war es nur?
Varina stöhnte entsetzlich, das brachte ihn auf andere Gedanken. Sarah drehte sich zu ihm um und verzog das Gesicht zu einem angestrengten Lächeln. „Ich habe sie gerade untersucht. Das Kind liegt tatsächlich verquer.“
Donovan versuchte, seine Angst zu verbergen. „Dann werden Sie das Baby wohl zu drehen versuchen. Schaffen Sie das denn?“
„Ich hoffe es.“ Ihre Brille verbarg nicht, dass ihr Blick Besorgnis ausdrückte. Mit zitternden Fingern machte sie sich am linken Ärmel ihres Kleides zu schaffen. Obwohl sie Hebamme war, stellte sie nicht gerade eine seelische Stütze für ihn dar.
„Haben Sie so was denn schon mal gemacht?“, wollte er misstrauisch wissen.
„Zum Glück war das bisher nicht nötig.“ Sie drehte ihm wieder den Rücken zu. „Dies ist erst mein siebzehntes Baby. Aber ich habe alles darüber gelesen.“
„Gelesen? Das darf nicht wahr sein!“
„Wollen Sie es selbst machen?“, fragte sie mit schneidend kalter Stimme.
Donovan gab sich seufzend geschlagen. „Nun denn. Wie kann ich helfen?“
„Kommen Sie mit.“ Ihre Unterröcke raschelten, als sie den Vorhang hob, hinter dem Varina verweint und verstört auf den zerwühlten Laken ihres Bettes lag. Bei ihrem Anblick tat Donovan das Herz weh. Er kniete sich vor die Bettkante und griff nach ihrer Hand.
Sarah hatte ihrer Leinentasche eine Dose mit einer Salbe entnommen und rieb sich damit die Hände ein. „Wann kam die letzte Wehe?“
„Vor drei bis vier Minuten.“ Die Stimme seiner Schwester klang so schwach, dass er sie kaum hören konnte.
„Wenn die nächste einsetzt, versuchen wir das Kind zu drehen.“ Sarah zögerte und fügte dann hinzu. „Ich werde vorsichtig sein, aber es wird wehtun.“
„Das weiß ich“, flüsterte Varina. „Tu, was nötig ist … und, wenn du zwischen meinem und dem Leben des Kindes wählen musst, lass das Baby leben.“
„Kein Wort mehr!“ Sarah beugte sich vor, um Varinas Hand zu streicheln, und Donovan entdeckte Tränen in ihren Augen. „Du wirst leben – und dein Kind!“
Varina
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