HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
Bedingungen sie lebte und dass sie zurzeit nicht reisefähig war.
Der Anblick des einsam gelegenen Schuppens, der nur einen Raum enthielt, hatte ihn geschockt. Vor zehn Jahren war Varina eine kleine Schönheit gewesen, mit ihren blitzenden haselnussbraunen Augen und dem flammendroten Haar. Sie hatte auf der Plantage der Eltern keine Not gekannt, war von den Sklaven verhätschelt und wohlhabenden Verehrern hofiert worden. Es brach ihm fast das Herz, sie nun in all dem Elend zu sehen. Hätte der verfluchte Charlie noch gelebt, hätte er ihm die größte Tracht Prügel seines Lebens verabreicht.
Die Wehe war vorüber. Varina lag mit bleichen Wangen kraftlos auf dem schweißnassen Kissen. Donovan traute sich, sie einen Moment allein zu lassen, und trat einen Moment vor die morsche Haustür. Er überlegte, wie es nun weitergehen sollte.
Schnee umwirbelte ihn und verschleierte die Sicht auf die Espen, die in der Nähe der Hütte standen. Selbst wenn er sich anstrengte, konnte er bei dem eisigen Wetter nur einen Steinwurf weit sehen. Ob sich Annie eventuell verlaufen hatte? Wenn sie in einen Abgrund gestürzt oder von einem hungrigen Puma gerissen worden war?
Angst überkam ihn, und er begann, sie zu rufen. „Annie! Annie!“
Keine Antwort. Donovan schalt sich. Nur keine Panik. Annie war in Miner’s Gulch aufgewachsen. Sie kannte hier jeden Stein und würde den Weg schon finden. Eher gab es wohl Probleme mit der Hebamme. Vielleicht fand sie deren Wohnung nicht oder musste auf sie warten, weil sie noch woanders zu tun hatte.
Donovan hatte diese Frau bei ihrem letzten Besuch bei Varina kurz kennengelernt und war nicht sonderlich beeindruckt gewesen. Mit ihrer randlosen Brille und dem straff zurückgekämmten Haar wirkte sie ziemlich altjüngferlich. Dazu der knarrige, brüchige Slang der Yankees – ungewöhnlich für diesen Ort, in dem fast jeder aus dem Süden stammte. Als sie ihn begrüßte, hatte sie weggeschaut und jeden Blickkontakt vermieden, sodass er sich kaum einen Eindruck hatte machen können.
Trotzdem war sie ihm irgendwie bekannt vorgekommen. Aber er konnte sich nicht erinnern, wo er sie schon mal hätte getroffen haben können. So eine eigenartige Yankeefrau wäre ihm bestimmt im Gedächtnis geblieben.
Wie hatten die Kinder sie genannt? Miss Sarah. Wenn sie nicht gerade Babys zur Welt brachte, betrieb sie eine kleine Schule in angemieteten Räumen über dem Kaufladen des Ortes. Den Typ Frau kannte er! Die zitierten Bibelverse, sangen Choräle, taten unablässig Gutes – und trugen zwecks Abschreckung kratzige Unterwäsche …
Donovan starrte in das Schneegestöber. Wenn diese Miss Sarah nicht demnächst käme, würde er selbst die Hebamme spielen müssen. Kein Problem, wenn alles gut verlief. Aber was, wenn es Komplikationen gab?
Licht fiel aus der Hütte auf den Vorplatz. Die kleine Katy riss ihn aus seinen Gedanken. „Onkel Donovan, Mama braucht dich! Du sollst gleich kommen.“
Das Baby. Donovan hastete zurück. Ihm wurde kalt vor Angst. Warum musste es ausgerechnet jetzt losgehen? Wenn er etwas falsch machte, würden Varina oder das kleine Neugeborene sterben …
„Setz dich zu deinem Bruder, und kümmere dich um ihn“, befahl er dem kleinen Mädchen, das mit weit aufgerissenen Augen dastand. „Und sag mir Bescheid, wenn jemand kommt.“ Er trat hinter den Vorhang, wo sich Varina in ihrem Bett vor Schmerzen krümmte. „Es ist so weit“, keuchte sie. „Ich brauche Sarah!“
„Sarah ist noch nicht in Sicht. Du musst fürs Erste mit mir vorlieb nehmen.“ Donovan lehnte sich über sie und betete leise um Kraft. „Sag mir, was ich zu tun habe, Varina.“
„In dem Korb liegt obenauf ein Bündel. Hol das …“
Fahrig schob Donovan allerlei Krimskrams vom Korbdeckel herunter und hob ihn empor. Tatsächlich lag dort das Bündel. Er entrollte es mit zitternden Händen am Fußende des Bettes und fand drin fadenscheinigen Stoff, der vom vielen Waschen hart war, eine Schnur, ein scharfes Küchenmesser und eine flache braune Flasche mit einem halben Liter billigen Whisky. Wofür man Wäsche, Messer und Bindfaden brauchte, konnte er sich vorstellen. Doch wozu diente wohl der Whisky? Sollte er sich damit waschen, ihn seiner Schwester aufzwingen oder selbst einen tüchtigen Schluck nehmen?
„Beeil dich“, Varina umklammerte die Patchworkdecke. Woher nahm sie die Kraft, nicht zu schreien? Donovan staunte drüber, während er das saubere Leinenzeug unter ihr ausbreitete. Am liebsten hätte er
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