HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
sie für ihn empfand? Dabei wusste sie doch, dass ein einziger Kuss genügte, um sie in seinen Armen schwach werden zu lassen.
Sarah schloss die Augen. Sie musste daran denken, wie sie sich als Lydia gegeben hatte. Ihr spöttisches Lachen klang ihr immer noch in den Ohren. Die lügnerische, wollüstige Lydia … Sogar Donovan war auf ihren falschen Charme hereingefallen!
Sarah schlug auf das Kissen, wodurch einige Federn durch die losen Nähte davonstoben. Die letzten drei Jahre hatte sie damit verbracht, vor dieser Lydia davonzulaufen. Hier in Miner’s Gulch war es ihr fast gelungen, das hatte sie jedenfalls gedacht. Doch gerade hier hatte die Vergangenheit sie eingeholt, ausgerechnet durch Donovan.
Sie atmete tief durch und erhob sich vom Bett. Ihre Knie waren weich. Noch immer prickelte ihr ganzer Körper von Donovans leidenschaftlichen Küssen. Ein kurzer Blick in den Spiegel zeigte ihr, dass ihre Wangen immer noch gerötet, ihre Augen glänzend und leuchtend waren.
Hierfür sind wir beide geboren worden … Als Sarah Donovans Bemerkung einfiel, presste sie die Hände auf die heißen Wangen. Die Worte erschienen ihr jetzt wie glatter Hohn. Nein, Donovan, dachte sie im Stillen, wir wurden nicht geboren, um uns zu lieben. Wir sind da, um bis ans Ende unserer Tage Todfeinde zu sein. Sonst hätte das Schicksal uns doch nicht in so schreckliche Zeiten hineingestellt, mich auf die Seite des Nordens, dich auf die Seite der Südstaatler.
Ach, diese Grübelei führt zu nichts!, sagte sie sich. Gleich versinke ich in Selbstmitleid, und genau das brauche ich nicht zurzeit. Lydia und Donovan gehören der Vergangenheit an. Ich bin fertig damit. Ab jetzt will ich mich auf die Gegenwart konzentrieren und nur noch an die Zukunft denken – und überleben.
In einem Anfall von Eifer zog Sarah ihren Mantel über, den Gürtel fest und begann, das Zimmer aufzuräumen. Sie schüttelte das Kissen auf, befestigte die Decke und griff sich den Besen, um die Spuren fortzuwischen, die Donovan mit seinen schmutzigen Stiefeln hinterlassen hatte.
Sie warf sich mit ganzer Entschlossenheit in die Arbeit, um damit ihre Verzweiflung und Angst zu bezwingen. Die ganze Stadt hasste sie. Außer Smittys Mädchen hatte sie niemanden, nicht mal Donovan und Varina. Vor ihr lag eine Zeit voller Einsamkeit und Schrecken. Sie würde dafür mehr Mut aufbringen müssen als je zuvor.
Erst als sie ihren Mantel aufhängte, fiel ihr wieder das Stückchen Papier ein, das aus dem Bündel herausgefallen und unter das Bett geweht worden war. Als Donovan klopfte, hatte sie es gerade aufheben wollen.
Eilig kniete sie vor das Bett und holte es darunter hervor, um es ins Licht der Lampe zu heben.
Es war ein Brief. Das sah sie gleich. Die Schrift wirkte kultiviert, aber leicht krakelig. Bestimmt hatte eine Frau ihn geschrieben.
Meine liebste Sarah,
Donovan hat mir alles erzählt. Ich will nicht behaupten, dass ich über all das Bescheid weiß, was in Richmond passiert ist, bin mir aber sicher, dass es meine Christenpflicht ist, Dir zu vergeben. Ich tue es mit offenen Armen. Der Krieg ist vorbei. Zumindest für mich hat Deine Liebenswürdigkeit alle früheren Fehler ausgeglichen. Virgil schrieb mir von seiner „Lydia“. Ich bekenne, dass ich es mir stets gewünscht habe, die junge Frau kennenzulernen, die meinen Bruder in seinen letzten Lebenstagen so glücklich gemacht hat. Was für eine Überraschung, dass ich sie bereits kannte – als meine eigene liebe Freundin.
Eins sollst Du wissen! Auch wenn sich die ganze Stadt gegen Dich kehrt, ich gelobe Dir unverbrüchliche Freundschaft, Unterstützung und Dankbarkeit. Ich verdanke Dir mein Leben und das meines süßen Babys. Was Du in der Vergangenheit auch getan haben magst und was auch in Zukunft passiert, ich werde mich von Dir nicht abwenden.
Alles Liebe, Deine Varina
Sarah starrte auf die Zeilen. Sie war überwältigt. Nein, eine so schwere Last sollte Varina nicht auf sich nehmen. Wenn Donovan fortginge, was er sicherlich tun würde, wäre Varina auf dem Berg mit ihren vier Kindern allein. Sie würde diesen Ort und die Freundschaft seiner Einwohner brauchen.
Doch andererseits: Varina hatte ihre Wahl getroffen. Sie war ihrem Herzen gefolgt, und was immer auch passierte, sie würde nicht allein dastehen. Wenn sie Hilfe brauchte, würde sie da sein. Eine Freundin würden sie und ihre Kinder jedenfalls haben, eine, die zur Not für sie durchs Feuer ging. Sarah las den Brief noch einmal. Ihre Hände
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