HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
ihr. Dabei versuchte er, nicht daran zu denken, wie sich ihre Brüste unter dem Mantel abzeichneten. Dafür bin ich nicht gekommen, erinnerte er sich ärgerlich. Was er von Sarah wollte, hatte nichts mit Sex zu tun.
„Du bist nass und durchgefroren“, sagte sie kalt. „Ich kann Kaffee kochen, wenn du willst.“
„Spar dir das“, murmelte Donovan und schloss die Tür hinter sich. Natürlich wäre heißer Kaffee jetzt himmlisch gewesen, aber das hätte seine Stimmung gebessert, und das wollte er nicht. Er wollte sein Unglück beklagen, frustriert und zornig sein, bis er mit dieser Frau fertig war.
„Setz dich!“, wies er sie harsch an.
„Ich stehe lieber, danke.“ Sarah blieb, wo sie war, und blickte ruhig hinaus in die regengeschwängerte Dunkelheit.
Aufgebracht stand Donovan im matten Schein des Lichtes, das durch die offene Schlafraumtür hereinfiel. Aus Haaren, Kleidung und Stiefeln rann Wasser auf den Boden und bildete dort Rinnsale. Stundenlang war er trotz des Unwetters in den Bergen herumspaziert, dabei hatte ihn die Erinnerung an Virgils Tod fast bis zum Wahnsinn gequält. Er war in der hereinbrechenden Dunkelheit gelaufen, geklettert und gestürzt und dabei vor den Dämonen geflohen, die ihm keine Ruhe lassen wollten.
Halbtot vor Erschöpfung, war ihm dann die Idee gekommen, dass er Sarah von allem berichten wollte. Er musste nur alles offenlegen, dann würde er schon von dieser Lydia Taggert endlich loskommen.
„Du sagtest, du wolltest reden, Donovan. Ich glaube allerdings nicht, dass wir uns noch viel zu sagen haben. Inzwischen kennt die ganze Stadt mein Geheimnis. Deine Drohungen bringen nichts … nicht, dass sie jemals etwas bewirkt hätten.“
„Ich bin nicht gekommen, um dir zu drohen.“ Über die Reihen der Schulbänke hinweg sah er sie an. „Du sollst mir von dir und Virgil erzählen. Was habt ihr zusammen gemacht? Was hat er dir alles erzählt? Ich will alles wissen – das Schönste und das Schlimmste.“
„Warum?“, fragte sie herausfordernd. Ihr Gesicht schimmerte im schwachen Lichtschein.
„Weil du ihn umgebracht hast, Sarah. Du hast meinen Bruder getötet – als hättest du selbst die Mörser-Granate abgefeuert, die ihm die Därme herausriss.“
Er sah den Ausdruck von Schmerz in ihrem Gesicht, bevor sie sich abwandte. „Sag, was du willst“, flüsterte sie. „Was du auch glaubst, es bedeutet noch lange nicht, dass ich es akzeptieren oder dir irgendetwas erzählen müsste.“ Er merkte, wie bewegt sie war, als sie steif am Fenster stand und hinausblickte, bevor sie sich ihm unvermittelt zuwandte.
„Virgil war zum Schweigen verpflichtet, was General Lees Pläne betraf. Niemand hat ihn gezwungen, sich dieser Anordnung zu widersetzen. Dein Bruder hat seine Verbündeten aus freien Stücken selbst betrogen.“
„Der junge Narr wusste nicht, was er tat.“ Donovan stieß sich in seiner blinden Wut das Schienbein an einer der Holzbänke und murrte. „Verdammt, woher sollte er wissen, dass die Frau, die er liebte, diese Information an die Yankees weiterleiten würde?“
„Ich habe ihn nicht gezwungen, mir irgendetwas zu erzählen. Noch nie habe ich einen Mann dazu gezwungen.“
„Nein?“ Donovan schwankte in seiner Aufregung. „Wie hast du es sonst herausgebracht? Hast du mit ihnen geschlafen … hast du mit meinem unschuldigen jungen Bruder geschlafen, Sarah Parker?“
„Das habe ich nicht!“, fuhr sie ihn an. „Mit keinem von ihnen habe ich es, nicht mal mit Virgil. Bei Gott, hätte ich es nur getan! Wenigstens wäre die ganze Geschichte dann reeller gewesen, ich hätte sie mit einer schönen Erinnerung fortgeschickt.“
Zitternd stand sie in der Dunkelheit, sie war außer sich wegen all der bitteren Erinnerungen. „Virgil war nur einer unter vielen. Ich habe sie nicht gezählt, aber es gab sie. Du wärst entsetzt, Donovan, wüsstest du, wie viele. Ernsthafte, eifrige junge Männer waren es, die für einen Kuss und ein Versprechen alles ausplauderten. Keiner von ihnen kam zurück … keiner!“
Sie stand ein halbes Dutzend Schritte von ihm entfernt vor dem finsteren Fenster. Wie ein Schlafwandler bewegte er sich auf sie zu. In seiner Verwirrung wusste er nicht, ob er sie in den Arm nehmen oder sie schlagen wollte. Ein weiterer Schritt, und ihr gequälter Blick ließ ihn innehalten.
„Ich sehe ihre Gesichter in meinen Träumen“, flüsterte sie. „Ihre reinen, jungen Gesichter. Ich sehe sie sterben. Ich sehe ihre Hände, ihre zerschundenen Körper
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