HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
jemandem. Eine Frau löste sich aus einer Gruppe von Negern, welche mit den Soldaten gekommen war. Die Frau trug die Arzttasche. Sie bot einen mitleiderregenden Anblick in ihrem zerrissenen braunen Baumwollkleid, als sie herüberhinkte. Das Haar hing ihr strähnig und ungepflegt ins Gesicht, aber dennoch … Shanna schlug das Herz bis zum Hals. Etwas in ihrem Gang … Dann blickte sie in die unverkennbaren Züge von Tante Lea.
19. KAPITEL
Rafe lag in seinem Zimmer. Der Arzt hatte seinen Kopf verbunden und Shanna versichert, dass er das Bewusstsein bald wiedererlangen und außer starken Kopfschmerzen keine großen Beschwerden von der Verletzung davontragen würde.
Shanna hatte Alexander bei Rafe gelassen und sich auf die Suche nach Tante Lea und Leon gemacht. Die Mulattin war sofort weggelaufen, als sie ihren früheren Geliebten sah. Shanna konnte die beiden nirgendwo finden. Überall herrschte schreckliche Verwirrung. Soldaten trampelten schreiend durchs Haus und stopften sich die Taschen voll. Einige schleppten Flaschen mit Brandy und Bourbon, andere Gemälde und sonstige Wertsachen. Trotz des Befehls, der Plündern ausdrücklich untersagte und dass die Bewohner unbelästigt bleiben sollten, hausten die Soldaten wie die Barbaren.
Die Bibliothek war ein einziges Chaos. Bücher lagen auf dem Boden, der Schreibtisch war durchwühlt. Charlottes Sonnenzimmer war nicht so schlimm verwüstet. Vor dem Eingang zum Geheimversteck war die Tapete herabgerissen, aber die Tür war so kunstvoll verkleidet, dass man sie nicht erkennen konnte. Wenn jemand die Seidenquasten an der Seite abgerissen hätte, wäre sie allerdings nicht verborgen geblieben.
Shanna war wegen ihrer Hilflosigkeit frustriert. Am liebsten hätte sie in die grinsenden Gesichter der Männer geschlagen, die ihr mit zweideutigen Bemerkungen nachsahen. Aber dann hätte sie nicht nur ihre eigene Sicherheit, sondern auch die Rafes und Alexanders aufs Spiel gesetzt. Ihre einzige Sorge galt diesen beiden und dem Haus. Doch es tat ihr in der Seele weh, die sinnlose Zerstörung mitansehen zu müssen.
Rafe war bei Bewusstsein, als sie sein Zimmer betrat. Er setzte sich mühsam in den Kissen auf. Seine Miene verfinsterte sich, als lautes Gelächter von unten heraufdrang. Nie zuvor hatte er sich so hilflos gefühlt.
„Bei Gott, ich muss etwas unternehmen.“ Fluchend wollte er aufstehen, aber vor Schmerzen wurde ihm wieder schwarz vor den Augen.
„Nein, bleib liegen!“ Alexander presste ihn zurück auf die Kissen. Er staunte über die Kraft seines Vaters. „Ich habe dich schon einmal fast verloren. Noch mal lasse ich das nicht zu. Wir werden nichts tun oder sagen, was die Yankees zu größerer Gewalt reizen könnte. Sobald sie abgezogen sind, werden wir unser Leben wieder in Ordnung bringen.“
„Mir kann nichts geschehen“, erklärte Rafe und langte nach seinem Hemd. Dann holte er den Voodoo-Talisman heraus, den Shanna ihm geschenkt hatte. Er hatte ihn an eine Lederschnur gebunden. Jetzt streifte er sie über. „Siehst du?“ Schmerz verzerrte sein Gesicht, diesmal aber nicht wegen der Wunde, sondern wegen der schrecklichen Bilder, die sich ihm aufdrängten, und wegen der Geräusche draußen und unten. Er musste nicht fragen, was geschah. Das Klirren von Glas und das Krachen der Möbel war Antwort genug.
„Miss Shanna, ich habe sie gefunden.“ Die Tür wurde aufgerissen. Hannah erschien. Sie zerrte eine weinende, sich wehrende Tante Lea mit. „Sie sagt, dass sie mit den Yankees wieder weiterziehen will und dass sie nicht bei uns bleiben kann. Reden Sie mit ihr, Miss Shanna. Bringen Sie sie wieder zu Verstand.“
„Ja, ich kümmere mich um sie.“ Shanna nahm sie beim Arm und führte Lea zum Sessel. Plötzlich brach jeglicher Widerstand in ihr zusammen. Mit stumpfen, leeren Augen schaute sie in die Gesichter. „Hannah, wie steht’s unten? Vielleicht solltest du mit Abraham und Leon heraufkommen, weil es sicherer wäre.“
„Sicherer? Ich habe keine Angst vor diesen Schlägern im blauen Rock“, entgegnete Hannah empört. „Die sind in meine Küche gekommen und haben angefangen, mein Eingemachtes und Brot zu klauen. Einer ist so süß wieder gegangen, dass er es nie vergessen wird. Dem habe ich ein Glas Erdbeermarmelade über den Schädel gehauen! Seitdem hat mich keiner mehr belästigt. Abraham ist draußen und versucht noch ein paar der Tiere zu retten, aber er hat kaum eine Chance. Und Leon … keine Ahnung, wo der Junge steckt. Er hat mit Lea
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