HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
ihr ein so deutliches Gefühl der Sicherheit vermittelte.
Es war leichter nachzuvollziehen, warum sie sich so stark zu ihm hingezogen fühlte. Deegan war ein attraktiver Mann, der ihr seine Aufmerksamkeit schenkte und manchmal sogar mit ihr zu flirten schien.
Noch kein Mann hatte je zuvor mit Lilly geflirtet.
Vor der Tür zur Gendarmerie blieb sie kurz stehen und drehte sich zu ihm um. Wenn sie nicht gewusst hätte, wo er sich aufhielt, hätte sie ihn bestimmt nicht bemerkt. Er hatte den Hut weit ins Gesicht gezogen und war gerade dabei, sich wieder eine Zigarette zu drehen.
Deegan stellte eine beunruhigend anziehende Mischung dar. Zum einen wirkte er wie ein Mann aus dem Viertel. Zum anderen jedoch schien er mit seinen guten Manieren ein Aristokrat und mit seinem sicheren Blick ein Jäger zu sein.
Ein Jäger? Vielleicht war es doch nicht so verwunderlich, ihn gerade hier in Barbary Coast getroffen zu haben.
Plötzlich öffnete sich die Tür zur Gendarmerie.
„Kann ich Ihnen helfen, Madam?“, erkundigte sich ein untersetzter Mann in Uniform.
„Ja, das können Sie, Sir!“, erwiderte Lilly aufgeregt. „Ich möchte einen Mord anzeigen.“
„Einen Mord?“ Er musterte sie skeptisch von Kopf bis Fuß, und sie war froh, dass der Schleier ihr Gesicht verbarg.
„Einen schrecklichen Mord“, fügte sie entschlossen hinzu.
„Ich habe noch nie von einem anderen gehört“, sagte der Constabler und trat beiseite, um Lilly durchzulassen. Er wies mit dem Kopf auf einen Mann, der hinter einem großen Tisch saß. „Am besten sprechen Sie mit dem Sergeant.“
Er nahm sie am Arm und führte sie zu seinem Vorgesetzten. „Hier ist eine Dame, die Ihnen etwas mitteilen möchte“, verkündete er. Lilly wurde es ganz mulmig zumute, als sie in das unfreundliche Gesicht des Sergeants blickte.
„Ich will einen Mord anzeigen“, sagte sie und hob den Witwenschleier.
Der Mann sah sie überrascht an. Dann legte er die Papiere auf seinem Schreibtisch zusammen und nahm sich ein leeres Blatt. „Danke, Bitner“, verabschiedete er den Constabler, der sich sogleich zurückzog. „Also, Miss …“
„Renfrew. Miss Lillith Renfrew, wohnhaft in der Franklin Street.“
Der Sergeant schrieb ihre Angaben auf. „Das ist aber ziemlich weit von hier, nicht wahr?“
„Ja, das ist es“, erwiderte Lilly. „Aber die Frau, die ermordet wurde …“
„Ihr Name und ihre Adresse?“, unterbrach er sie.
Sie nannte beides und fügte dann erklärend hinzu: „Es ist nicht weit von der Pacific Street …“
Wieder unterbrach der Mann sie. „Und weshalb haben Sie diese Tauber überhaupt besucht?“
Diese Tauber? Was fiel dem groben Kerl ein, ihre tote Freundin so abschätzig zu bezeichnen? „Es war Belle Taubers Geburtstag“, entgegnete sie.
„Besuchen Sie Huren immer an ihrem Geburtstag?“
Wer hatte etwas von Belles Tätigkeit gesagt? Und was hatte das mit dem Mord zu tun? Sie begann zu verstehen, warum Deegan ihr abgeraten hatte, die Polizei aufzusuchen. Sie wurde so behandelt, als wäre sie die Verbrecherin. Aber an wen hätte sie sich sonst wenden sollen?
Die Antwort kannte sie – natürlich an Deegan Galloway. Auch wenn sie nichts von ihm wusste, ahnte sie doch, dass er Talent und die nötigen Verbindungen besaß, um diesem Mörder seine gerechte Strafe zuteilwerden zu lassen.
„Ich habe nicht viel Zeit, Sergeant. Ich sah den Mord an Belle Tauber mit eigenen Augen. Der Mann benutzte ein Messer und schnitt ihr damit die Kehle durch. Es geschah vor ihrer Haustür.“ Dann beschrieb sie ihren Verfolger. „Ich glaube, Miss Tauber wollte jemanden erpressen und wurde ermordet, um die Geheimnisse dieser Person nicht verraten zu können.“
Der Sergeant sah etwas interessierter als bisher drein, doch sie wollte sich nicht länger bei ihm aufhalten.
„Sie hat mir erzählt, dass sie sich überlegte, ob sie diesen Jemand erpressen sollte“,meinte sie. War die Tatsache, dass Belle als Prostituierte gearbeitet hatte, der Grund für seine Gleichgültigkeit? Oder hatten Hannah und Deegan doch recht mit der Behauptung, dass sich ein Constabler am liebsten nicht in die Angelegenheiten der Bewohner von Barbary Coast einmischte? „Ich hoffe, dass Sie den Mörder erwischen werden. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen?“ Sie ließ den Schleier vor ihr Gesicht fallen und schritt unbehelligt aus dem Raum.
Der Sergeant wartete, bis Lilly die Tür hinter sich geschlossen hatte, dann gab er Bitner ein Zeichen.
„Bringen Sie das
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