HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
schmutzigen Schürze von der Feuerstelle zog. Ein kleiner Junge brachte den Gästen Teller und Löffel und nahm die Münzen vom Tisch. Dann kam die Frau und schöpfte ihnen eine Kelle Fischeintopf heraus.
„Sweeney!“, rief sie einem Mann zu, der am anderen Ende des Tisches saß. „Teil dein Brot mit den beiden hier.“
Sweeney schaute kaum auf, während er ein Stück des Brotlaibs abbrach und es den neuen Gästen zuwarf. Den größeren Teil behielt er für sich.
Finley achtete nicht darauf, dass die Hände des Mannes wahrscheinlich seit Langem nicht mehr gewaschen worden waren. Er riss sich ein Stück ab und tunkte es hungrig in den dampfenden Eintopf.
Deegan hatte es weniger eilig, das unappetitlich aussehende Essen zu verzehren. Detektivarbeit ist nichts für mich, dachte er. Jedenfalls nicht, wenn es so etwas zu essen gibt.
„Also gut“, sagte er. „Wir unterhalten uns nicht über dein Problem, sondern über meines. Vielleicht kommt dir eine gute Idee.“
„Benutze aber keine Namen“, warnte Finley ihn von Neuem.
„Echte? In dieser Gegend? Wie kommst du denn auf den Gedanken?“, entgegnete Deegan mit einer so leisen, undeutlich klingenden Stimme, dass man ihn kaum verstand.
„Unser Moses da drüben“, fuhr er fort und ließ den Blick kurz zu dem grauhaarigen Reverend gleiten, „ist ein charismatischer Hirte. Er ist in Gomorrha ebenso zu Hause wie in seinem eigenen hübschen Häuschen in Babylon.“
„Und du meinst, das versteht niemand?“, fragte Finley sarkastisch.
„Die meisten haben wahrscheinlich ihre Sonntagsschule schon lange vergessen“, erwiderte Deegan. „Moses hat sehr viel Zeit in Gomorrha verbracht – sei es nun aus Eifer, die Gefallenen auf den rechten Weg zurückzuführen, oder weil er weniger ehrenhafte Absichten hegt. Er kennt viele der Bewohner persönlich – die schneidigen Glücksritter, die Jungfern und die Löwen. Es scheint manchmal fast so, als wären sie alte Freunde.“
„Die Löwen?“, wiederholte Finley und schob sich einen vollen Löffel in den Mund.
„Soll das heißen, dass du dasselbe beobachtet hast?“
„Mir ist aufgefallen, dass Moses ein fester Bestandteil von Gomorrha ist – geradezu eine Institution. Man könnte seine Uhr nach seinen Auftritten hier stellen, so regelmäßig und pünktlich finden sie statt“, sagte Finley.
„Bekannt mit den ruchlosen Gestalten?“
„Mit allen außer Beelzebub.“
Deegan spielte mit dem Eintopf. Nachdenklich schob er die grauen Klumpen auf dem Teller hin und her. „Beelzebub! Haben sie dir solche Namen in der Abendschule beim alten Allan beigebracht?“
„Dann eben Mr. Deal“, schlug der Detektiv vor.
„Viel besser“, lobte er. „Und wie steht es mit Pfennigfuchser?“ Er meinte damit den Bankier Farlong.
Finley musste einen Moment nachdenken und nickte dann. „Ich habe gesehen, wie du ihn beobachtet hast“, sagte er vorsichtig.
„Er ist der erfolgreiche Großwesir, der oft in die dunklen Gassen von Gomorrha zurückkehrt.“
„Aber nicht regelmäßig. Isst du das?“ Finley wies mit dem Löffel auf Deegans Teller.
„Du kannst es haben“, sagte er und schob ihm den Teller hin. „Glaubst du, Pfennigfuchsers einziges Verbrechen ist eine Leidenschaft für schmutzige Betten?“
„Er wäre nicht der Erste“, meinte Finley. „Willst du Kaffee?“
Wenn er wie das Essen schmeckte, verzichtete er gern darauf. Sollte er Farlong als Verdächtigen von seiner Liste streichen? Wenn der Mann nur wegen der Huren hierherkam, steckte er wohl kaum hinter dem Mord an Belle Tauber. Es sei denn, er gehörte zu den Leuten, deren Gelüste perverser Natur waren.
Doch was Lilly ihm von dem Mord erzählt hatte, klang nicht nach einem Verbrechen, das zur Befriedigung eines Perversen gedient hatte. Außer ihr hatte es anscheinend auch keine weiteren Zuschauer gegeben. Nein, Belles Tod sollte im Geheimen vor sich gehen.
„Das Seltsamste an dem ganzen Puzzle ist die Frage, weshalb Deal selbst die Frau geopfert hat“, sagte Deegan. „Das scheint mir nicht logisch zu sein. Er hat seine Finger überall drin. Warum macht er dann so etwas?“
„Ob es heute wohl Apfelkuchen gibt?“, überlegte Finley laut. „Mit ein wenig Zimt und einem knusprigen Boden.“
Deegan blickte auf den Bauch des Detektivs. „Ich muss ein Rätsel lösen, und du denkst an nichts anderes als an dein körperliches Wohlergehen.“
„Ich denke aber auch an die Charaktere in deinem Puzzle“, sagte Finley. „Du hast recht. Deal ist
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