HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
wieder nach Rosen, Grünschnabel“, sagte er leicht schwankend.
Kathryn war überrascht, dass er das bemerkt hatte. Sie badete immer mit Rosenseife, glaubte aber, der Duft wäre so schwach, dass nur sie ihn riechen könne.
„Hier. Das ist es.“ Er stolperte an eine Tür, die durch sein Gewicht nach innen aufschwang. Es war ein Wunder, dass keiner von ihnen beiden stürzte. Kathryn bemerkte überrascht, dass Gerhart, statt sich auf sie zu stützen, den Arm jetzt um sie gelegt hatte, obwohl sie sich erinnerte, ursprünglich ihren Arm um seine Taille geschlungen zu haben. In seinem betrunkenen Zustand hatte er es also irgendwie geschafft, sie vor einem Sturz zu bewahren. Sie war ihm nun sehr nah, und Kathryns Atem ging schneller. Sein Kopf senkte sich, seine Lippen kamen den ihren gefährlich nah und berührten sie beinahe. Kathryn hatte keine Kontrolle mehr über ihren Körper, der sich ihm unwillkürlich zuneigte. Sie wusste, dass es Wahnsinn war, sehnte sich aber wieder nach der Berührung seines Mundes, wollte fühlen, wie …
Heißes Wachs von der Kerze tropfte auf ihre Hand und ließ sie zusammenfahren. Sie kam wieder zur Besinnung und entzog sich Wolf sofort.
„Kommt Ihr jetzt allein zurecht, oder soll ich jemanden rufen, der Euch behilflich ist?“, fragte sie etwas atemlos.
„Wofür sollte ich Hilfe benötigen?“, gab er ohne das geringste Anzeichen von Trunkenheit zurück.
„Wofür Ihr …? Ihr seid überhaupt nicht betrunken, habe ich recht?“, fragte sie, als sie die Belustigung in seinen Augen bemerkte und erkannte, dass er nur mit ihr gespielt hatte.
„Natürlich nicht, Grünschnabel. Ich trinke nie zu viel“, sagte er und wunderte sich über sein eigenes Verhalten. Er hatte noch niemals Trunkenheit vorgetäuscht – noch irgendeinen anderen Zustand. Wolf sagte sich, dass er sich nur gezwungen gesehen hatte, Kathryn zu folgen, als Philip sie aus der Halle führte, weil es seine Pflicht dem König gegenüber war, sie zu beschützen. Und nachdem er die lüsternen Blicke seines Cousins bei Tisch bemerkt hatte, fürchtete er für die Sicherheit der Dame, so allein mit dem Earl in einem dunklen Flur.
„Oh, Ihr … Ihr … betrügerischer Flegel!“, rief Kathryn aus. „Rosen! Dass ich nicht lache!“ Sie sah sich nach etwas um, was sie ihm an den Kopf werfen konnte, fand aber nichts Geeignetes, wirbelte herum und ließ ihn alleine in seinem dunklen Raum zurück.
Als sie ihre Kemenate erreichte, musste sie mit Rücksicht auf die schlafende Bridget die Türe sanfter schließen, als es ihr lieb war. Das Blut pochte in ihren Schläfen. Kathryn war sich nicht sicher, ob ihre Wut von ihrem Ärger über seine Verstellungskünste herrührte oder von der Furcht vor dem, was passiert wäre, wenn sie sich von Wolf hätte küssen lassen. Hätte er sie mit nur einem Kuss als die Frau vom See erkannt?
Dieser Gedanke quälte sie, während sie im Dunkeln dastand; aber auf ihren Lippen machte sich ein leises Lächeln breit, als sie daran dachte, wie Wolf einen Rauschzustand vorgetäuscht hatte. Das hatte er einzig und allein getan, um ihr zu helfen. Wenn Wolf auf dem Flur nicht eingegriffen hätte, wäre Kathryn nichts anderes übrig geblieben, als sich entweder dem Earl zu ergeben oder etwas entsprechend Unangenehmes zu tun. Da keine dieser beiden Möglichkeiten annehmbar war, hatte Wolf sie davor bewahrt, eine unliebsame Wahl treffen zu müssen. Sie lächelte noch immer. Seine Art der Rettung war vollkommen gewesen. Vielleicht fehlte ihm der Sinn für Humor doch nicht ganz.
Als Kathryn ihr Gebände abnahm, fragte sie sich, ob Wolf bloß vermittelnd hatte eingreifen wollen oder ob er den Anblick des sie körperlich bedrängenden Earls nicht hatte ertragen können. Dieser letzte Gedanke gefiel ihr. Sie setzte sich neben Bridget aufs Bett und fühlte ihre fiebrige Stirn. Niemand hatte es jemals für nötig gehalten, sie zu retten. Nicht einmal Rupert.
Das Feuer im Kamin war schon so gut wie verloschen, als sich Kathryn bei Kerzenschein bis auf ihr dünnes weißes Unterkleid auszog. Obwohl es sehr dunkel im Raum war, wusste Kathryn, dass sich in der hinteren Ecke ein kleines Bett befand. Sie wollte die Nacht dort verbringen, um Bridgets Schlaf nicht zu stören. Als sie die Kerze hob und sich umwandte, drang aus dem Schatten ein seltsamer Laut an ihr Ohr. Kathryn stand still und lauschte, ob er sich wiederholen würde. Schließlich hörte sie eine Stimme, die mit einem rauen, lachenden Flüstern sprach. Es
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