HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
verärgert haben sollte“, erwiderte der Earl mit bedeutsamem Lächeln und lehnte sich nachlässig an den steinernen Kaminsims.
Seraphina straffte sich, denn plötzlich hatte sie bemerkt, dass Heywood mit ihr Katz und Maus spielte. Er ließ sie ein paar unwesentliche Punkte sammeln, machte ihr wohltönende Komplimente und verabscheute sie doch in Wirklichkeit. Nun gut, sie selbst würde diese höfische Posse nicht mitspielen! „Warum überhäuft Ihr mich mit Schmeicheleien, Mylord? Ich habe Euch keinerlei Grund gegeben, mich ins Herz zu schließen“, fragte sie unumwunden und hob trotzig ihr Kinn.
„Das ist nicht wahr“, widersprach der Earl unverzüglich, aufgeschreckt von der Veränderung in Seraphinas Auftreten. Nein, sie war Lettice nicht so ähnlich, wie er zunächst vermutet hatte. Die grünen silbergepunkteten Augen, die ihn so offen anblickten, verbargen nichts. „Ich finde Euch außerordentlich sympathisch, Mylady, und zwar nach eigenem Augenschein, den ich immer bevorzuge. Ich gebe nichts auf Gerüchte – ein Beispiel, dem zu folgen ich Euch dringend anraten möchte“, fügte er trocken hinzu. „Nun da Ihr mich kennengelernt habt, darf ich Euch fragen, ob Ihr meiner Werbung immer noch so abgeneigt seid?“
„Ich will überhaupt nicht mehr heiraten“, entgegnete Seraphina kurz.
„Findet Ihr das Leben einer Witwe so attraktiv, dass Ihr unbedingt wünscht, einer erneuten Heirat aus dem Wege zu gehen?“, fragte Heywood mit spöttisch emporgezogenen Brauen.
„Wenn Ihr eine Frau wäret, würdet Ihr das nicht so überraschend finden! Glaubt mir, das Witwenleben ist dem Dasein einer Leibeigenen mit weniger Rechten als die Dienerschaft bei Weitem vorzuziehen!“ Bitterkeit stieg in Seraphina auf. „Ich will nicht das Eigentum eines Mannes sein, der mich nicht mag und mir nicht zugetan ist! Und Ihr empfindet auch keine Zuneigung zu mir trotz Eurer schönen Worte! Das habe ich Euch angesehen, als Ihr meinen Namen erfuhret, und jetzt lese ich es in Euern Augen!“ Sie wandte sich um und beugte sich mit einer schnellen, geschmeidigen Bewegung hinab, um den Weinkrug aufzunehmen.„Ihr habt genauso wenig Verlangen, mich zu heiraten, wie ich, Eure Gemahlin zu werden!“
„Seid Ihr da so sicher?“ Geschickt lenkte der Earl die Unterhaltung in die von ihm gewünschte Richtung und umfasste dabei die Hand seiner zukünftigen Braut, unmittelbar bevor diese den zinnernen Henkel des Kruges ergreifen konnte.
Seraphinas Atem ging schneller. Seine Berührung durchbrach ihren Unmut, betäubte ihren Verstand, ließ ihren Körper dahinschmelzen. Widerstandslos schickte sie sich darein, dass Heywood sie emporzog. Sie standen nun ganz eng beieinander, und sie konnte den frischen Duft nach Rauten- und Lavendelblüten wahrnehmen, der seinem Hemd entströmte. Ein heftiges Verlangen fortzulaufen, sich vor seinem spöttischen Lächeln zu verstecken, ergriff sie. Doch sie konnte nicht entfliehen. Heywood hielt sie mit dem Blick seiner goldbraunen Augen gefangen.
„Warum schätzt Ihr Euern Wert so gering ein, Mylady?“, murmelte der Earl. „Vermögen und Schönheit sind eine äußerst rare Verbindung.“
„Macht es Euch großes Vergnügen, mich zu verspotten?“ Nur mühsam kamen die Worte aus Seraphinas trockener Kehle.
„Euch verspotten?“ Heywood hob verwundert die Brauen. „Glaubt Ihr, ich bin nicht in der Lage, hinter ein schäbiges Gewand zu sehen? Ihr seid schön, begehrenswert für jeden Mann, der Augen im Kopf hat.“
„Ich war nicht …“, begann Seraphina ungestüm und hielt dann jäh inne. Warum sollte sie von den Demütigungen berichten, die sie durch Edmunds Hand erfahren hatte? Sie wandte den Blick zu einem der großen Gobelins, die die Wände der Halle schmückten.
„Warum habt Ihr solche Angst vor der Wahrheit?“ Diese freundlichen Worte veranlassten Seraphina, Heywood erneut in die Augen zu schauen.
„Die Wahrheit hat mich noch nie bange gemacht. Ränke und falsches Gehabe sind es, die mich ängstigen.“
„Glaubt Ihr denn, dass ich Euch betrügen will, wenn ich Euch sage, dass Ihr schön seid?“ Der Earl lächelte und strich mit den Fingerspitzen zart über ihre schlanke Hand. „Ich könnte Euch vom Gegenteil überzeugen?“
„Für diese Art der Überzeugung habe ich keinen Bedarf“, stieß Seraphina hervor und wunderte sich im gleichen Augenblick, dass ihre wilden Herzschläge nicht laut im Raum widerhallten. „So liebenswürdig Eure Offerte auch gemeint sein mag. Und nun,
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