HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
Lady Sherard für deinen Mangel an Interesse für sie zu entschädigen.“
Der Earl kniff die Augen zusammen, während er den Freund mit spöttischem Blick betrachtete. „Wenn ich deine Worte ernst nehmen müsste, würde ich dich jetzt von diesem Ast hinunter stoßen. Du sollst wissen, dass ich dich umbringen werde, wenn du sie anrührst.“
„Friede! Friede!“ Dudley hob abwehrend die Hand. „Ich sehe, du hast nicht nur dein Gewissen verloren, sondern auch deinen Sinn für Späße. Ich habe ja nur einen Scherz gemacht.“ Doch dann runzelte er missmutig die Stirn. „Und dennoch will ich verdammt sein, wenn ich begreifen kann, warum du neben deiner Braut noch nach anderen Ausschau hältst. Sie ist jung und schön und hat dich im Übrigen eben so angesehen, als sei sie zumindest halb und halb verliebt in dich. Außerdem hast du auch noch ein reiches Erbe in Aussicht. Was willst du noch mehr, Richard?“
„Vor allen Dingen, dass meine Freunde nicht die Nase in meine Angelegenheiten stecken“, versetzte der Earl mürrisch und suchte nach einem Halt auf dem nächsthöheren Ast. „Also, was ist, machen wir weiter?“
„Oh, was haben sie denn jetzt wieder vor?“, rief eine hübsche dunkelhaarige Frau und hielt ihr Pferd neben Seraphina an, während sie hinauf in den Wipfel der Eiche blickte. „Warum können sie es nicht der Dienerschaft überlassen? Sie haben Leitern und Seile auf dem Wagen!“
„Die beiden haben darum gewettet, wer als Erster einen Mistelzweig abschneidet“, erwiderte Seraphina, ohne ihren Blick von Heywood zu wenden. Wie gebannt beobachtete sie die geschmeidigen Bewegungen seiner Arme und Schultern, während er mit der Gewandtheit einer Katze von Ast zu Ast kletterte.
„Sie wer… den!“ Die Stimme der jungen Frau hob sich und sank wieder, als Robin Dudley von einem Ast abrutschte und gerade noch einen dicken Zweig zu fassen bekam. „Heilige Mutter Gottes, ich kann überhaupt nicht mehr hinsehen! Die beiden waren schon immer wie die Kinder. Es ging stets darum, wer am schnellsten reiten oder am höchsten klettern konnte. Wie sie das bis jetzt überlebt haben, weiß Gott allein.“
„Ihr kennt sie wohl gut?“, fragte Seraphina zögernd und überlegte dabei, ob diese hübsche und liebenswürdige junge Frau wohl eine der angeblichen Eroberungen des Earls war.
„Ja.“ Die Unbekannte lächelte. „Richard ist in unserem Hause aufgewachsen, als wir noch Kinder waren, und er kam natürlich auch jedes Mal mit, wenn wir an den Hof gingen. Oh!“ Sie legte die kostbar behandschuhte Hand an den Mund. „Entschuldigt bitte! Ihr kennt mich ja noch nicht. Ich bin Lady Sidney, Robins Schwester. Und Ihr müsst Lady Sherard sein.“
„Gewiss“, erwiderte Seraphina, etwas überrascht darüber, dass Lady Sidney sie erkannt hatte, und im Übrigen war sie außerordentlich erleichtert.
„Das dachte ich mir.“ Lady Sydney lächelte ihr freundlich zu. „Ihr seht genauso aus, wie mein Bruder Euch beschrieben hat.“
„Tatsächlich?“ Seraphina errötete bei dem Gedanken, in welchem Aufzug sie Robert Dudley zum ersten Male begegnet war.
„Seht nicht so entsetzt aus“, rief Robins Schwester lachend. „Er hat nur Gutes von Euch berichtet und erzählt, dass Richard seit Jahren nicht mehr so glücklich ausgesehen hat wie in Eurer Gesellschaft. Dadurch war ich Euch sogleich zugetan, denn ich mag Richard sehr. Er verdient wirklich etwas Glück nach Lettice …“ Sie unterbrach sich. „Ich rede wieder einmal zu viel. Das macht die Aufregung. Sagt mir, haben sie die Mistelzweige jetzt erreicht?“
„Ja“, erwiderte Seraphina mit rauer Stimme, während sie beobachtete, wie der Earl sich Schritt für Schritt auf einem schwankenden Ast zu einem Mistelbusch vorarbeitete, ein paar Zweige abschnitt und sie in seinen Gürtel steckte.
Mary Sidney hob den Kopf und beschattete ihre Augen mit der Hand. „Kopf an Kopf wie immer …“, seufzte sie. „Gebe Gott, dass sie heil herunterkommen.“
„So sei es“, murmelte Seraphina. „Ich bete darum, schon seit sie den Fuß auf den ersten Ast gesetzt haben.“
„Ich fürchte, Ihr werdet in Eurer Ehe viel Zeit mit Beten verbringen müssen“, sagte Mary Sydney mitfühlend. „Gefahr ist wie die Luft zum Atmen für Richard und auch für Robin … aber es gibt dafür natürlich auch einen Ausgleich …“ Sie verzog den Mund zu einem breiten Lächeln, das sie ihrem Bruder sehr ähnlich machte. „Mir ist die Gesellschaft von Männern lieber, die ein
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