HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
ihr den Hof machte. Jeder anderen – aber nicht ihr!
„Bist du sicher?“, fragte Grace besorgt und hielt ihr Pferd mit einem ungeschickten Ruck am Zügel neben Seraphina an. „Ich fürchtete schon, ich wäre dir mit irgendetwas zu nahe getreten.“
„Aber nein, natürlich nicht.“ Seraphina errötete, und ihr Schuldgefühl wuchs. Grace konnte doch nichts dafür.
„Ach, da bin ich aber froh!“ Grace atmete erleichtert auf. „Neulich Abend habe ich gefürchtet, du glaubst, ich ermutige den Earl dazu, derartig lange mit mir zu tanzen. Das war aber nicht der Fall, ich schwöre es!“
„Ich … ich bin mir sicher“, erwiderte Seraphina mit rauer Stimme.
„Es war sehr rücksichtslos dir gegenüber, und das habe ich ihm auch gesagt“, fuhr Grace fort. „Aber er wurde darüber so ärgerlich, dass ich nicht mehr wagte, ihm weitere Vorhaltungen zu machen. Er kann so hartnäckig sein.“
„Ja“, sagte Seraphina steif. Die Freude darüber, dass Heywood ihr die Stute geschenkt hatte, war ihr vergangen.
„Und Ihr nehmt natürlich immer Rücksicht auf Eure Freundin, nicht wahr?“, mischte sich Mary Sydney mit frostiger Stimme ein. „Eure Tugendhaftigkeit ist ein leuchtendes Beispiel für uns alle, Mistress Morrison.“
„Zu liebenswürdig von Euch, Lady Sidney.“ In Grace’Wangen stieg eine leichte Röte, als sie Mary Sidneys Blick begegnete. „Nun bitte ich, mich zu entschuldigen. Lord Denleigh hat meine Gesellschaft gewünscht. Ich sehe dich doch heute Abend, Seraphina? Ich habe Spitze, die wunderbar zu deinem neuen Gewand passen würde, und bringe sie dir dann später auf dein Zimmer.“
„Vielen Dank.“ Seraphina zwang sich zu einem Lächeln und atmete befreit auf, als Grace auf ihrem Wallach davonritt.
„Diese Art von Freundschaft schätze ich nicht besonders“, erklärte Mary Sidney nachdenklich, da Grace inzwischen außer Hörweite war.
„Sie ist immer so freundlich zu mir gewesen“, sagte Seraphina leise.
„Wirklich?“ Mary Sydney hob kaum merklich die Brauen. „Ich bin nicht …“ Sie unterbrach sich mit einem Schmunzeln. „Nun seht Euch die beiden an!“, rief sie. „Stolz und strahlend, als hätten sie ein Turnier gewonnen und sich nicht um ein Haar den Hals gebrochen.“
Seraphina folgte ihrem Blick und beobachtete, wie der Earl und Robin Dudley wieder auf ihre Pferde stiegen. Als hätte er es gespürt, wandte sich Heywood im Sattel um und nickte ihr zu mit einem breiten, mutwilligen Lächeln, das ihr das Herz erwärmte. Im Augenblick schien es nichts mehr von Belang zu geben außer der Tatsache, dass er lebte, in Sicherheit war und sie anlächelte.
„Er sieht eigentlich nicht so aus, als brauchte er Ermahnungen in Bezug auf seine Pflichten“, bemerkte Mary Sydney neckend und blickte von Heywood zu Seraphina. „Ich würde meinen, er ist verliebt.“
„Glaubt Ihr wirklich …“, begann Seraphina, während ihr das Blut in die Wangen schoss. Doch sie unterbrach sich, als sie sah, dass der Earl sein Pferd neben Grace Morrison zum Stehen brachte. Er hielt ihr einen Mistelzweig entgegen und schnitt ihren lachenden Protest mit einem flüchtigen Kuss ab. Diese kleine Episode versetzte Seraphina einen schmerzhaften Stich ins Herz.
Sie zwang sich, in eine andere Richtung zu blicken. Solche Tändelei bei Hofe mochte in der Tat nichts bedeuten, aber es verletzte sie dennoch so sehr, dass sie wünschte, es Heywood mit gleicher Münze heimzahlen zu können. Wenn er schon charmieren und liebäugeln musste, warum dann mit Grace? Warum nicht mit ihr?
„Es ist nur ein harmloser Spaß …“, sagte Mary Sidney verlegen, während sie mit ihren haselnussbrauen Augen den Earl beobachtete.
„Gewiss …“, erwiderte Seraphina gepresst. „Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen möchtet. Ich fühle mich nicht wohl. Vielleicht könntet Ihr es dem Earl ausrichten.“
„Nein!“, entgegnete Mary energisch und ergriff Madrigals Zügel, als Seraphina die Stute wenden wollte. „Das wäre nur Wasser auf die Mühlen der Schwätzer. Ich tätet besser daran, den Eindruck zu erwecken, als hättet Ihr überhaupt nichts bemerkt.“
„Noch besser wäre, es ihm auf die gleiche Weise heimzuzahlen“, sagte Robin Dudley, während er auf die beiden Frauen zuritt. Er schwenkte einen Mistelzweig, lehnte sich zur Seite und küsste Seraphina leicht auf die Wange, noch ehe sie es verhindern konnte. „Er muss den Verstand verloren haben, auch nur eine einzige Mistelbeere an sie zu vergeuden, wenn er Eure
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