HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
Was ist mit ihm?“
„Ich führe nur seine Anweisungen aus. Sicherlich hast du das begriffen.“
„Was?“ Seraphina starrte Grace an und lachte dann. „Jetzt wirst du lächerlich. Jeder hier kennt seine Ergebenheit für die Königin. Er ging lieber in den Tower, als belastende Beweise gegen sie zu liefern, im Zusammenhang mit der Rebellion von Wyatt …“
„Und er wurde entlassen, obwohl viele seiner Freunde umkamen. Warum, glaubst du, konnte das geschehen? Hast du bis jetzt immer noch nicht gemerkt, dass er alles tut für einen entsprechenden Preis und für ein hübsches Gesicht? Mary Stuart war sehr eingenommen von ihm, als er nach dem Fall von Calais wieder nach Frankreich entsandt worden war, um Verhandlungen zu führen, und er von ihr ebenfalls, ohne jede Frage …“
„Das ist nicht wahr“, sagte Seraphina ausdruckslos. Zweifel breitete sich wie Gift in ihren Gedanken aus, als sie sich an Heywoods ausweichende Antworten und seine seltsame Stimmung am gestrigen Abend erinnerte. Und hatte er nicht auch von einer Reise nach Frankreich gesprochen? Es war ihr gänzlich entfallen gewesen, bis eben.
Das Herz schlug Seraphina schmerzhaft gegen die Rippen. Wenn er nun wirklich darin verstrickt war … wie konnte sie ihn dann verraten? Ihn in den sicheren Tod schicken? Was immer zwischen ihnen gestanden haben mochte, seit gestern gab es für sie keinen Zweifel mehr, dass er sie liebte. Wenn sie beginnen würde, daran zu zweifeln, dann wollte sie lieber selbst tot sein.
„Nun, wie du willst.“ Grace seufzte und senkte den Blick ihrer blauen Augen zu Boden. „Du wirst die Wahrheit schon noch früh genug entdecken. Ich selbst wollte anfangs nichts damit zu tun haben, doch er hat mich mit Drohungen dazu gezwungen.“
„Nun, wenn das so ist, warum bist du dann nicht zur Königin gegangen?“, rief Seraphina verzweifelt.
„Weil mir niemand geglaubt hätte, wenn ich den großen und mächtigen Earl of Heywood des Verrates angeklagt hätte!“ Grace’ Stimme zitterte. „Selbst du, die ich immer als meine Freundin angesehen habe, tust es doch nicht! Aber da dein Diener jetzt hier ist, sollten wir nun wohl gehen.“
„Nein.“ Seraphina schüttelte den Kopf und hasste sich in diesem Augenblick wegen ihrer Schwäche. „Ich muss zuvor mit meinem Gemahl darüber sprechen. Und wenn du gelogen hast, so würde ich an deiner Stelle diese Zeit benutzen um zu fliehen.“
„So bist du also töricht genug gewesen, dich in ihn zu verlieben.“ Grace verzog den Mund zu einem verächtlichen Lächeln. „Wenn man bedenkt, dass du Edmunds Herz hättest haben können, wenn du es nur gewollt hättest …“
„Was redest du da?“, rief Seraphina ungläubig.
„Es hat keine Bedeutung.“ Grace zuckte die Schulter und wandte sich ab. „Jetzt nicht mehr.“
„Entschuldigt, Mylady“, unterbrach in diesem Augenblick Dickon die Unterhaltung. „Ich hätte Madrigal gesattelt, wenn ich gewusst hätte, dass Ihr ausreiten wollt. Lord Heywood sagte …“
„Es ist schon in Ordnung, Dickon“, erwiderte Seraphina langsam und hatte dabei das Gefühl, ein Albtraum laste auf ihr. „Ich möchte gar nicht ausreiten.“
„Oh, dann ist es ja gut.“ Er bückte sich, um etwas aufzuheben, das in der Sonne glitzernd an der Stelle lag, an der eben noch Grace gestanden hatte. Es war eine lange Haarnadel, spitz und scharf wie ein … Stilett. „Habt Ihr das verloren, Mylady?“
„Nein.“ Seraphina schüttelte den Kopf und erbleichte, als sie an John Malgreaves Todesart dachte. War es Grace gewesen … oder der Earl? „Sie gehört mir nicht. Die Nadel muss aus Mistress Morrisons Haar gefallen sein, als ich sie angestoßen habe.“
„Geht es Euch nicht gut, Mylady?“, fragte Dickon besorgt. „Ihr seht so blass aus.“
„Ja“, erwiderte Seraphina, am ganzen Körper zitternd. „Bring mich zurück auf mein Zimmer, Dickon. Ich fühle mich nicht wohl.“
„Mylady, was tut Ihr da?“, rief Bess eine Stunde später, als sie das Gemach ihrer Herrschaft betrat und Seraphina auf dem Boden kniend vorfand, inmitten eines Berges aus Schriftstücken, Pergamenten und Büchern. „Das sind doch Lord Heywoods Papiere, oder nicht?“
„Ja“, erwiderte Seraphina dumpf. Fünf Minuten zuvor hatte sie, wie gefürchtet, gefunden, was sie suchte: ein Stück Papier, mehrfach gefaltet und in einem Buchrücken verborgen. Wieder und wieder blickte sie darauf. Es war der Plan für eine Rebellion mit einer Liste aller großen katholischen Familien
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