Historical Exklusiv Band 06
Kleid zurechtzog, fuhr sie fort: "Also wirklich, Mylord, Sie haben schon viel zu viel von meiner Zeit vergeudet mit diesem lächerlichen Versuch, mich zu verschrecken."
Es dauerte einen Moment, bis James sich daran erinnerte, dass es tatsächlich seine ursprüngliche Absicht gewesen war, dieses Frauenzimmer zu vertreiben, als er sie in den Arm genommen hatte. Irgendwie hatte er das vergessen bei der Feststellung, dass es durchaus nicht unangenehm war, sie tatsächlich in den Armen zu halten.
"Setzen Sie sich."
"Sehen Sie, Miss Abernathy …"
"Sofort, wenn ich bitten darf!"
James blinzelte. Nach all den Jahren, in denen er als Kapitän einer rauen, bunt zusammengewürfelten Mannschaft zur See fuhr, war er mehr daran gewöhnt, Kommandos zu geben, als welche zu erhalten. Egal, von wem. Dass die entschlossene Miss Abernathy nun einfach so dastand und ihm im Tonfall einer Lehrerin Anweisungen gab, versetzte ihn vollkommen in Erstaunen. Jetzt hatte er wirklich Kopfschmerzen, sein Blut kochte, und er rang mit sich, ob er ihrem ungewöhnlichen Befehl Folge leisten oder diese aufsässige Frau auf den Rücken werfen sollte.
Sarah verbarg ihre Fäuste in den weiten Ärmeln und hoffte, dass dieser schwarzhaarige Schurke, der sie um mindestens einen Kopf überragte, nicht merkte, welche Mühen es sie kostete, genau diese Mischung aus Empörung und Missbilligung in ihre Stimme zu legen. Mit keinem einzigen Zucken ihrer Wimpern verriet sie ihm, dass sein Kuss in ihr heißes Verlangen geweckt und eine Gluthitze in sämtliche Glieder geschickt hatte.
Zu ihrer unendlichen Erleichterung – und heimlichen, verstohlenen Enttäuschung – hockte Straithe sich ganz langsam auf die Bettkante. Die Bettfedern quietschten und knarrten unter seinem Gewicht.
"In Ordnung, Miss Abernathy. Ich sitze."
Sarah stieß einen langen Atemzug aus. Ihre Lippen bebten noch, als Straithe sie boshaft anlächelte.
"In etwa zehn Sekunden allerdings werde ich liegen. Falls Sie nicht die Absicht haben, dann neben oder unter mir zu liegen, sollten Sie in ganz genau dieser Zeit Ihr Anliegen vorgetragen haben und dann verschwunden sein."
"Zehn Sekunden genügen mir vollkommen", erwiderte sie prompt und kam sogleich auf den Grund ihres heimlichen Besuchs zu sprechen. "Ich weiß, dass Sie beabsichtigen, Frachtgut die chinesische Küste hinaufzubringen, und dabei zugleich die Anweisungen der East India Company umgehen wollen wie auch die Erlasse des chinesischen Kaisers. Ich möchte mitkommen."
Er starrte sie an, als wären ihr plötzlich Hörner gewachsen.
"Es geht dabei um eine sehr dringende Angelegenheit, Lord Straithe. Mein Vater hat dem Mandarin, der die Provinz Fukien verwaltet, einen heimlichen Besuch abgestattet. Wir müssen ihn finden und sofort nach Macao zurückbringen."
Seine Antwort, knapp und unmissverständlich, veranlasste Sarah, den Kopf zu heben.
"Seien Sie nicht vulgär", wies sie ihn streng zurecht.
"Ich werde noch mehr als nur vulgär werden", erwiderte er und stand langsam auf. "Ich werde sogar …"
"Als Entschädigung für Ihre Hilfe", unterbrach sie ihn rasch, "sichere ich Ihnen die Dienste eines Lotsen, der sich in den chinesischen Gewässern auskennt, zu."
Das erregte seine Aufmerksamkeit, wie sie mit grimmiger Befriedigung feststellte. Nur ein paar Schritte von ihr entfernt blieb er stehen und kniff die Augen zusammen. Zum ersten Mal, seit sie diese Kammer betreten hatte, fühlte Sarah, dass etwas von ihrer gewöhnlichen Selbstsicherheit zurückkehrte.
"Woher, zum Teufel, wissen Sie, dass ich einen Lotsen brauche?" fragte er stirnrunzelnd.
"Ich wünschte, Sie würden davon Abstand nehmen, sich in meiner Gegenwart einer solchen Ausdrucksweise zu bedienen."
Er räusperte sich vernehmlich.
"Wirklich, Lord Straithe, Sie müssen sich meinetwegen nicht so räuspern. Ich möchte unsere Angelegenheiten mit ein wenig Würde besprechen."
"Zwischen uns gibt es keine Angelegenheiten zu besprechen."
"Natürlich gibt es die. Aus zuverlässiger Quelle habe ich erfahren, dass es Ihnen bisher nicht gelungen ist, einen Lotsen zu engagieren, um Ihre Fracht offiziell löschen zu können." Die "zuverlässige Quelle", von der sie sprach, war selbstverständlich das Geflecht aus Verwandten, Freunden und Bekannten des Kochs. "Und ich versichere Ihnen: Es wird Ihnen auch in Zukunft nicht gelingen."
"Sind Sie davon fest überzeugt?"
"Ja, das bin ich. Sie müssen wissen, Sir, dass die Kunde von Ihren früheren Tätigkeiten als Schmuggler
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