Historical Exklusiv Band 06
begonnen, Wat nicht allzu sanft zu verhören. Doch sie machten nur wenig Fortschritte und warfen ihn dann erschöpft von den erfolglosen Bemühungen für die Nacht in den Kerker.
"Du armer Halunke! Dir wird die Ehre zuteil, unser erster Gast hier zu sein", sagte Nick und blickte durch das kleine Gitter auf den zwar verwirrten, aber dennoch trotzigen Wat. "Eigentlich hatte ich erwartet, als Ersten einen Franzosen hier zu sehen, doch als Engländer bist du ein noch erbärmlicherer Feind. Empörung gegen die rechtmäßige Macht deines Königs ist Verrat. Auch wenn du es nicht zugeben wirst – ich weiß, wer der Anführer dieser Schurkenbande von Schmugglern ist. Ich kann nur hoffen, dass du nicht auch noch Informationen an die Franzosen weitergegeben hast."
"Vergebt mir, Herr!" rief Wat, als sich Nick zum Gehen wandte. "Was Ihr gefragt habt über Mistress Rosalind – ich meine, ob sie irgendetwas weiß –, sie ist bestimmt unschuldig!"
Nick schaute noch einmal in die Zelle, deren frisch gemauerte Wände noch feucht waren. Die Kälte würde die Leidenschaft und den Mut des Gefangenen bald abkühlen. "Aber gewiss wirst du bestreiten, dass sie etwas über den Schmuggel weiß. Du hast ja eingestanden, dass du sie liebst, du armseliger Lump. Und ohne Zweifel würdest du alles tun, was sie sagt, auch die Beseitigung des königlichen Lord Lieutenants."
"Nein!" schrie Wat, während Nicks Schritte verhallten. "Der Einzige, der etwas von meinem Plan gewusst hat, war Master Putnam, aber nicht Rosalind!"
Nick stieg die Sprossen der Leiter empor und verließ den Kerker. Der Dummkopf protestierte ein bisschen zu viel in Bezug auf Rosalind. Wat hatte behauptet, der Hinterhalt habe etwas zu tun gehabt mit dem Schutz von Rosalinds Ehre, aber nicht mit der Schmuggelei. Mehr als alles, was der Gefangene gesagt – oder auch nicht gesagt – hatte, ärgerte Nick das Eingeständnis, dass er Rosalind seit vielen Jahren liebte. Doch der Mann tat ihm auch Leid wegen seiner unerwiderten Liebe. Wer Rosalind verfallen war, setzte sich großer Gefährdung aus – das wusste Nick aus eigener Erfahrung.
Wats Behauptung, Master Putnam habe ihn zu dem Hinterhalt gedrängt, steigerte Nicks Unbehagen noch zusätzlich. Es war vorauszusehen, dass Putnam alles abstreiten würde. Aber je mehr er den Steuereinnehmer beobachtete, desto weniger gefiel er ihm. Und dennoch verdankte er ihm sein Leben, denn Wat hätte ihn zweifellos umgebracht.
Doch abgesehen von all diesen Überlegungen fühlte Nick das dringende Bedürfnis, von Rosalind selbst zu hören, dass sie keinen Anteil an dem Anschlag auf sein Leben hatte. Was er danach mit ihr anfangen würde – gleichgültig, ob sie log oder die Wahrheit sagte –, wusste er allerdings nicht.
Nick verließ die Festung, ging zu dem kleinen Stall innerhalb der Burgwälle und ließ seinen Hengst satteln. Dann machte er sich auf den Weg zu Rosalind. Diese Begegnung mit ihr hatte er seit Wochen ebenso herbeigesehnt wie gefürchtet.
Rosalind träumte wieder einmal von Nick. Sie waren in einem großen Sturm auf See, wurden auf und nieder geworfen, drehten sich im Kreise. Dann rissen sie schwarze, schaumgekrönte Wellen auseinander, trieben sie wieder zusammen. Sie hielten sich umschlungen, wurden erneut getrennt.
Meg driftete vorüber, rief nach Franklin. "Ich will ihn heiraten … ungeachtet … Du liebst auch einen Vasallen des Königs." Ihre Stimme durchdrang das Heulen des Windes.
Wat und Percy Putnam folgten, dann der König selbst, der Nick hinwegzerrte, ehe es Rosalind gelungen war, ihn wieder zu fassen.
"Ich hasse Euch – hasse Euch!" versuchte sie, dem König zuzurufen, auch Nick, aber Wasser drang ihr in den Mund und machte die Worte unhörbar. Rosalind fürchtete zu ertrinken. Sie ertrank in ihrem Verlangen nach Nick. Er zog sie an sich. Seine kräftigen Beine drängten ihre Schenkel auseinander, bis sie diese in Todesangst um seinen Körper schlang. Und dann schwammen sie zusammen in Ebbe und Flut der ewigen Gezeiten und Stürme …
Rosalind fuhr im Bett empor. Die Laken waren wie wilde Wogen um sie verteilt. Der Albtraum hatte sie offenbar geweckt. Nein, irgendetwas anderes. Sie hörte Hufschläge – ganz nahe. Draußen vor dem Fenster? Angstvoll kauerte sie sich im Bett zusammen, als ein Klopfen am Fenstersims ertönte.
Poch-poch – Pause – poch-poch.
Sie hatte doch den Männern sagen lassen, dieses Zeichen nicht mehr zu benutzen. Doch was blieb ihnen anderes übrig, wenn sie in Not
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