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Historical Exklusiv Band 06

Historical Exklusiv Band 06

Titel: Historical Exklusiv Band 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caryn Cameron Merline Lovelace
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Schwestern wählen. Als Papa ihm seinen schändlichen, unvernünftigen, unlogischen und vollkommen unpassenden Vorschlag zugeflüstert hatte, konnte er doch wohl unmöglich an Abigail gedacht haben.
    Oder doch?
    Sarah hörte auf zu trommeln. Ihr Herz schlug wie rasend. Der Zorn, der sie eben noch erfüllt hatte, verflog mit einem tiefen Atemzug.
    Vielleicht …
    Lieber Gott im Himmel, vielleicht hatte Papa wirklich an Abigail gedacht. Die sanfte, bildschöne Abigail. Wenn irgendjemand einen Sünder von seinem falschen Weg abbringen konnte, dann war sie es. Wenn irgendjemand Straithe in den Augen der Öffentlichkeit erretten konnte …
    Der Schmerz, der Sarah bei diesem Gedanken durchzuckte, traf sie unvorbereitet. Sie schlang die Arme um ihre Taille und starrte auf die tanzenden Schatten an der Wand.
    Abigail konnte Straithe in der Tat erretten, das musste sie sich eingestehen. Und nur Abigail würde dies vollbringen können.
    Durch ihr engelhaftes Äußeres und ihr gewinnendes Lächeln war die jüngere Miss Abernathy überall ein gern gesehener Gast. Die Matronen, die Sarahs akzeptables Aussehen und ihre direkte Art gerade noch hinnahmen, waren einfach hingerissen von Abigails Charme. Alle Männer umschwärmten sie. Sogar Lady Blair, die Tochter eines Herzogs und Gemahlin des obersten Agenten der britischen East India Company, betrachtete die Anwesenheit der jüngeren Miss Abernathy als unerlässlich für das Gelingen ihrer vielen Soireen.
    Als Lady Kerrick, Viscountess Straithe, würde Abigail ihren Gemahl wieder in die Gesellschaft integrieren und ihm zu Ansehen und Würden verhelfen können, die ihm bisher wegen seiner skandalösen Vergangenheit verweigert wurden.
    O Gott!
    Ohne auch nur zu bemerken, dass sie den Namen des Herrn unnütz gebraucht hatte, wischte Sarah sich mit zitternder Hand eine Träne ab. Dieselbe Ehrlichkeit, die sie zu der Feststellung veranlasst hatte, dass nur Abigail James Kerrick erlösen könnte, führte sie zu einer Erkenntnis, die noch schwerer zu ertragen war.
    Abigail konnte ihn erretten, aber sie, Sarah, begehrte ihn.
    Bis zu diesem Augenblick hatte sie das nicht erkannt. Wie auch? So ein merkwürdiges Gefühl war ihr bisher fremd gewesen. Nie zuvor hatte sie ein so schmerzhaftes Begehren empfunden, hatte sich noch niemals so sehr nach der Berührung eines Mannes gesehnt, wie sie sich nach ihm sehnte. Sie zitterte bei der Erinnerung an seinen Kuss, und ihr wurde heiß, als sie daran dachte, wie sein Körper sich an ihren gepresst hatte.
    Während sie die tanzenden Schatten an der Wand anstarrte, ohne sie wirklich wahrzunehmen, sah sie James wieder vor sich, wie er ausgesehen hatte bei ihrer ersten Begegnung im "Haus der tanzenden Blüten". Er hatte sie so finster betrachtet, weil sie statt der entzückenden Mei Lin auf ihn gewartet hatte. Und wie er dann am nächsten Tag in der Mission erschienen war, mit zusammengepressten Lippen und wild entschlossen, von ihr den Namen und die Adresse eines Lotsen zu erfahren. Und wie er dann in diese Kabine gestürmt war nach der Auseinandersetzung oben an Deck, vor Lebenskraft sprühend wegen dieser so männlichen Lust am Kampf, die sie so verwirrt hatte.
    Auch Sarah war damals zum Leben erwacht. Zum ersten Mal hatten sich weibliche Empfindungen in ihr geregt. Sie war ganz nahe daran gewesen, sich ihm gleich an Ort und Stelle hinzugeben. Aber dann war sie doch davor zurückgeschreckt, dazu verdammt, ihre Jungfernschaft mitzunehmen in ihr Grab.
    Ja, sie begehrte James Kerrick mit der ganzen Leidenschaft ihres jungfräulichen Herzens. Hier, allein in ihrer Kabine, ohne Zeugen, konnte sie sich das eingestehen. Aber sie wusste auch, dass er niemals ihr gehören konnte, weder als Geliebter noch als Gemahl. Schließlich war sie die Tochter ihres Vaters. Ihr ganzes Leben lang hatte sie das Wohlergehen und das Glück anderer vor ihr eigenes gestellt. Sie konnte damit jetzt nicht plötzlich aufhören.
    Sarah begehrte ihn, aber nur Abigail allein konnte ihn erretten.

9. Kapitel
     
    James hob das Fernrohr an sein Auge und spähte zum Horizont. Die Hügel Hongkongs boten sich seinen Blicken dar.
    Mit einer raschen Drehung ließ er den Blick noch über die Wasserstraße zwischen der Insel und China schweifen. Ein paar Fischerboote dümpelten auf dem türkisfarbenen Wasser, doch weder waren chinesische Kriegsdschunken zu sehen noch britische Patrouillenschiffe. James hätte sich keinen freieren Weg und keinen günstigeren Wind für seine Ankunft in Macao

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