Historical Lords & Ladies Band 39
verschlug ihm den Atem und ließ jäh sein Verlangen erwachen. Antonia stand in der Mitte des Vestibüls und schaute in den von dort abzweigenden Korridor, aus dem ihr Bruder zu vernehmen war. Im Licht der Girandolen schimmerte ihr Haar wie Gold. Das tiefe Dekolleté der hinreißenden Abendrobe aus blassgrüner Seide lenkte den Blick auf ihre halb entblößten, makellos weißen Schultern, die kurzen Puffärmel und auf ihre wohlgeformten Arme. Ihre Wangen waren leicht gerötet, die rosigen Lippen halb geöffnet, und ein strahlender Ausdruck stand in ihren Augen.
„Ich versichere dir, dass ich deine Schwester bin“, sagte sie. „Komm her, dann beweise ich dir, dass sich an meiner Art, dir die Ohren lang zu ziehen, nichts geändert hat.“
Philip achtete nicht auf das, was Geoffrey erwiderte, und ging langsam auf Antonia zu.
Sie bemerkte ihn, wandte sich ihm zu und schaute ihn an.
Er sah sie tief Luft holen, ihre Augen sich weiten und den Blick sich verdunkeln. Bei ihr angekommen, ergriff er ihre Hand, hob sie an die Lippen und äußerte spröde: „Du bist die personifizierte Schönheit, Antonia.“
Wie gebannt schaute sie ihn an.
„Ich lasse aber nicht mehr zu, dass du mir die Ohren lang ziehst“, erwiderte Geoffrey grinsend und lief zu ihr.
Philip ließ Antonias Hand los, drehte sich zu ihm um und bemerkte, dass der Junge ebenfalls in Abendgarderobe war. „Deinem eleganten Aussehen nach zu urteilen, nehme ich an, dass du uns begleitest, nicht wahr?“, fragte er leichthin.
„Tante Henrietta meinte, ich solle meinen Horizont erweitern.“
„Bei einem zwanglosen Zusammentreffen?“ Schmunzelnd schaute Antonia den Bruder an. „Tante Henrietta zufolge wird heute Abend bei Lord und Lady Mountford nur gepflegt Konversation gemacht. Vielleicht tanzt man auch, damit die weniger erfahrenen Damen sich an die Gepflogenheiten des ton gewöhnen können.“
„Im Allgemeinen beginnt eine Debütantin ihre Saison auf diese Weise“, warf Philip ein. „Werden Sie hier oder bei Mountford dinieren?“
„Hier“, antwortete Antonia. „Ich war auf dem Weg in das Gesellschaftszimmer.“
„Komm mit mir in das Musikzimmer“, mischte Geoffrey sich ein. „Ich will ein wenig Übung bekommen. Quadrillen, Menuette und Gavotten klingen in meinen Ohren alle gleich.“
„Du redest Unsinn“, widersprach Antonia und hakte sich bei ihm ein. „Falls du glaubst, mit solchen Bemerkungen könntest du dich davor drücken zu tanzen, bist du im Irrtum.“ Sie sah Philip an, lächelte höflich und sagte: „Wir wollen Sie nicht aufhalten, Mylord. Ich nehme an, Sie waren im Begriff, das Haus zu verlassen.“
„Nein“, log er. „Ich speise heute Abend hier.“
„Oh?“ Antonia zwinkerte überrascht.
„Ja. Gehen Sie ruhig nach oben und praktizieren Sie mit Geoffrey die für die einzelnen Tänze notwendigen Schritte. Ich geselle mich gleich zu Ihnen und fungiere als Tanzmeister.“
Antonia schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und begab sich dann mit dem Bruder in den Musiksalon.
Belustigt schaute Philip ihnen hinterher, kehrte in die Bibliothek zurück und läutete. Einen Moment später erschien der Butler, und unwillkürlich fragte sich Philip, wieso Carring so schnell bei ihm sein konnte. Vielleicht hatte der Diener ihn mit Antonia beobachtet.
„Sie wünschen, Mylord?“
„Einen Augenblick, Carring.“ Philip setzte sich an das Bureau, schrieb Hugo ein Billett und entschuldigte sich mit dem Hinweis, er sei unerwartet aufgehalten worden. Er fügte hinzu, er werde ihn später treffen, stäubte rasch Trockensand über die Tinte, schüttelte ihn ab und schob das Blatt in ein Couvert. Er verschloss, adressierte und versiegelte es. „Sorgen Sie dafür, dass es unverzüglich zu Brook’s gebracht wird, Carring“, wies er ihn an, während er es ihm übergab, „und teilen Sie in der Küche mit, dass ich heute Abend hier esse.“
„Sehr wohl, Sir.“ Eugen verbeugte sich und verließ den Raum.
Philip suchte das Musikzimmer auf und forderte Antonia zu einer Écossaise auf.
Als Henrietta den Salon betrat, sah sie die beiden vergnügt miteinander tanzen und den Neffen grinsend in einem Sessel sitzen.
Der Empfang bei Lord und Lady Mountford schien so zu werden, wie die Tante ihn Antonia beschrieben hatte. Viele junge Damen und Herren waren im Gesellschaftszimmer versammelt, und es herrschte eine zwanglose Atmosphäre. Tante Henrietta schlenderte zu Freundinnen, Geoffrey half ihr beim Platznehmen, und Antonia zupfte ihr
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