Historical Lords & Ladies Band 39
…
Glücklicherweise hatte er schon von London aus verschiedene Dinge in die Wege geleitet. So hatte er Mr Churchward damit beauftragt, Dienstboten für Delaval einzustellen. Auch hatte er einen Boten geschickt, um das Personal davon in Kenntnis zu setzen, dass er mit seiner Gattin bald eintreffen würde.
Als die Kutsche jetzt vor dem Haus zum Stehen kam, wurde die schwere Eichentür weit geöffnet, und eine Anzahl von Menschen strömte heraus, um rechts und links der Treppe Aufstellung zu nehmen. Die Bediensteten standen bereit, ihren Earl und die neue Countess zu begrüßen.
Robert half seiner Gemahlin beim Aussteigen, reichte ihr den Arm und schritt mit ihr auf die wartenden Menschen zu. Ein älterer Mann, offenbar der Butler, trat vor, um die anderen vorzustellen. Jemima lächelte, wie es von ihr erwartet wurde, und reichte allen die Hand. Aber tatsächlich verschwammen die Gesichter vor ihren Augen, und sie konnte sich kaum einen der vielen Namen merken. Glücklicherweise war Mrs Cole, die Haushälterin, eine Frau, die sie sich aufgrund ihrer Körperfülle und ihres gutmütigen Gesichts leicht einprägte. Jemima fasste ein bisschen Mut. Mrs Cole würde ihr gewiss helfen, ihre neuen Aufgaben zu bewältigen.
Zu guter Letzt trat die kleine Tochter des Verwalters auf die neue Herrin zu und überreichte ihr ein Sträußchen. Die Geste rührte Jemima so, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen. Glücklicherweise schienen alle das gut und richtig zu finden. Robert jedenfalls schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Dann hob er sie hoch und trug sie zu ihrer Überraschung über die Schwelle.
„Willkommen daheim“, flüsterte er ihr ins Ohr.
Mit ungewohnter Scheu schaute sie zu ihm auf. Sein vor Kurzem noch so hartes Gesicht spiegelte jetzt Stolz und Zufriedenheit wider. In diesem Moment begriff Jemima, wie sehr er Delaval liebte.
Einen Monat später musste Jemima sich eingestehen, dass nichts so gekommen war, wie sie ursprünglich erwartet hatte.
Seit ihrer Ankunft auf Delaval hatte Robert mit ihr nicht mehr über die geplante Schule für die Kinder seiner Pächter gesprochen. Und das Klavier, das sie sich so sehr wünschte, und das sie in dem Haus in Twickenham angeblich vorgefunden hätte, war auch nicht nach Delaval gebracht worden. Es hätte dort allerdings auch keinen Platz gegeben, wo man es hätte hinstellen können. Das Herrenhaus befand sich in einem so schlechten Zustand, dass praktisch jeder Raum erst in Ordnung gebracht werden musste, ehe man ihn nutzen konnte.
Die Dienstboten taten unter Jemimas Aufsicht ihr Bestes, um Delaval bewohnbar zu machen. Von früh bis spät waren alle beschäftigt. Und abends waren sie so müde, dass sie schon fast über den Tellern einschliefen, auf denen die einfachen, aber kräftigen Mahlzeiten serviert wurden. Anschließend begaben alle sich in ihre Schlafzimmer, wo sie wenig später ein einen tiefen Schlummer der Erschöpfung sanken.
Zeit für Gespräche blieb bei diesem Lebensstil kaum. Tatsächlich sahen Robert und Jemima sich nur selten. Während sie im Haus beschäftigt war, ging er draußen seiner Arbeit nach. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, all seine Pächter aufzusuchen, um sich mit ihnen darüber zu beraten, was geschehen musste, damit sein Landbesitz möglichst bald wieder Gewinn abwarf und es allen, auch den Familien der Pächter, wieder besser ging.
Zusammen mit seinem Verwalter stattete er jedem Viehmarkt in der Umgebung einen Besuch ab. Es galt, eine Auswahl an Tieren anzuschaffen, die für die Zucht geeignet waren. Außerdem wurde Saatgut benötigt, natürlich sollten die Felder so schnell wie möglich wieder bewirtschaftet werden. Dafür wurden auch Gerätschaften benötigt. Robert hatte mit den Einkäufen begonnen, sobald er das von seinem Vater ererbte Geld erhalten hatte.
Über all das wurde Jemima nur in wenigen Worten informiert. Meist wusste sie nicht, wo ihr Gatte sich gerade aufhielt und welche Aufgaben er zu bewältigen suchte. Daher kam sie sich oft verlassen und einsam vor. Die Dienstboten achteten sie zwar, und Mrs Cole, die Haushälterin, kümmerte sich auf eine geradezu mütterliche Art um sie, doch Jemima war deutlich bewusst, wie sehr sie selber in ihrer Rolle als Countess gefangen war. Obwohl sie sich einerseits vor dem gesellschaftlichen Kontakt zu ihren Nachbarn scheute, sehnte sie sich nach Menschen, mit denen sie reden konnte – nicht als Herrin, sondern als Gleichgestellte.
Leider hatte Robert sich bisher nicht
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