Historical Lords & Ladies Band 39
wechselst du kein Wort mit mir, sondern schaufelst dein Essen stumm in dich hinein. Dann ziehst du dich auf dein Zimmer zurück, das zwar direkt neben meinem liegt, von diesem aber durch eine stets verschlossene Tür getrennt ist. Das ist sogar den Dienstboten aufgefallen. Sie klatschen darüber.“
Er seufzte auf. „Du solltest wissen, dass es am besten ist, dem Gerede des Personals keine Beachtung zu schenken.“
„Natürlich!“ Zornig stemmte sie die Hände in die Hüften. „Die Countess of Selborne steht über solchen Dingen! Ha!“
„Sie sollte sich ihrer Stellung bewusst sein, in der Tat“, meinte Robert ruhig.
„Meine Position hier ist die einer Frau, die mehr arbeitet als die Diener! Ich kenne keinen Sonn- und Feiertag. Ich muss überall gleichzeitig sein, so viel gibt es zu tun. Ist dir eigentlich klar …“
Er unterbrach sie. „Jemima, ich bin im Augenblick nicht in der Stimmung, diese Dinge zu diskutieren. Außerdem muss ich mich umziehen, wenn ich mit dir zu Abend speisen will.“
„Willst du das denn?“, gab sie kampflustig zurück. „Wir sind jetzt seit vier Wochen verheiratet, und die Hälfte der Zeit hast du dir abends ein Tablett aufs Zimmer bringen lassen. Man könnte fast meinen, du gehst mir aus dem Weg. Himmel, ich weiß heute nicht mehr über dich als am Tag unserer Eheschließung. Aber ich will nicht die Gattin eines Fremden sein!“
Robert hatte sich abgewandt und nach einem sauberen Hemd gegriffen, das Tilbury für ihn bereitgelegt hatte. Er zog es an und begann die Knöpfe zu schließen. „Waren wir uns in London nicht darüber einig, dass wir einen gewissen Abstand zueinander wahren wollten? Hast du deine Meinung dazu inzwischen geändert?“
„Willst du damit zum Ausdruck bringen, dass ich mich dir aufdränge?“ Ihre Augen blitzten vor Zorn. „Wahrhaftig, ich habe nicht geahnt, dass du so unfair und arrogant bist!“
„Ich bitte um Verzeihung“, gab er in einem Ton zurück, der genau das Gegenteil zum Ausdruck brachte. „Aber mein Eindruck war, dass du mir deine Gesellschaft aufzuzwingen suchst.“
Einen Moment lang war sie sprachlos. Heiße Wut kochte in ihr hoch. Mit wenigen Schritten war sie bei der Waschschüssel, hob sie hoch und goss den Inhalt über Robert aus. „Da du zu glauben scheinst, ich sei nur zum Putzen gut, kann ich mich direkt der Säuberung dieses Zimmers widmen“, erklärte sie mit gefährlich ruhiger Stimme.
„Zum Teufel mit den Weibern!“, fluchte Robert und wischte sich das Seifenwasser aus den Augen.
„Nun, ich mag ja ein Weib sein“, erwiderte sie noch immer zornig. „Aber du bist ein eingebildeter, überheblicher Dummkopf! Wie schade, dass ich das nicht vor der Hochzeit gemerkt habe!“
Im nächsten Moment spürte sie seine Hände auf ihren Schultern. Er zog sie an sich. Sie fühlte, wie nass er war und wie der Stoff ihres Kleides das Wasser sogleich aufsog. Einen Fluch unterdrückend, versuchte Jemima, sich aus Roberts Umklammerung zu befreien. „Lass mich los!“
„Alles zu seiner Zeit.“
Hörte sie da etwa Belustigung in seiner Stimme?
„Wer hätte gedacht, dass ein zierliches Persönchen wie du ein so feuriges Temperament hat?“
Sie gab es auf, gegen ihn zu kämpfen. Er war einfach stärker als sie. Aber immerhin konnte sie sich mit Worten zur Wehr setzen. „Wenn du eine Dame wolltest, deren Leben sich in fader Konversation, vornehmer Zurückhaltung und eleganter Kleidung erschöpft, dann hättest du eben kein Mädchen aus dem einfachen Volk heiraten sollen! Vielleicht wäre es klüger gewesen, wenn du dich für deine Cousine entschieden hättest.“
Zu ihrem Erstaunen brach er in lautes Lachen aus. „Tatsächlich bin ich sehr glücklich über die Entscheidung, die ich getroffen habe.“
Noch immer hielt er sie so fest, dass sie seinen Herzschlag spüren konnte. Ein heißer Schauer überlief sie. „Lass mich los!“, forderte sie noch einmal.
„Hm …“ Er senkte den Kopf und schaute ihr tief in die Augen. Sein Blick verriet so etwas wie Bewunderung und – ja, es konnte nichts anderes sein – Begierde. Dann berührten seine Lippen auch schon die ihren.
Entschlossen drehte sie den Kopf zur Seite. „Oh nein. Erst will ich mit dir reden!“
„Also gut.“ Er gab sie frei, trat einen Schritt zurück und zog das nasse Hemd aus. „Reden wir. Aber danach verlange ich einen Kuss.“
„Wir werden sehen …“
„Komm her, und setz dich!“ Robert ließ sich auf der Bettkante nieder und klopfte mit der
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