Historical Lords & Ladies Band 39
hast.“
„Deine Großmutter weiß nun auch über alles Bescheid. Deshalb bin ich ein wenig besorgt, wie sie sich mir gegenüber in Zukunft verhalten wird. Es gibt nämlich noch etwas, das ich dir gestehen muss. Es betrifft mich selber.“
Letty warf ihr einen neugierigen und zugleich liebevollen Blick zu. „Ich bin sicher, dass du nichts Schlimmes getan hast.“
„Nun …“ Sie zögerte. Gab es eine Möglichkeit, Letty schonend beizubringen, was sie ihr sagen wollte? Nein, die Wahrheit musste schnell und unverblümt heraus. „Ich bin die Tochter eines Schornsteinfegers, und Robert hat mich nur zur Frau genommen, um eine von seinem Vater testamentarisch festgelegte Bedingung zu erfüllen.“
„Was?“ Vor Erstaunen ließ Letty den Sonnenschirm fallen. „Du bist die Tochter eines Kaminkehrers?“
Ihr Ton war so ungläubig, dass Jemima lächeln musste. „Ich fürchte, ja.“
„Aber das ist doch nicht schlimm, Jemima. Mit der Hochzeit nimmt die Frau den Platz an der Seite ihres Gatten ein, auch gesellschaftlich. Du bist jetzt eine Countess. Jedermann weiß, dass manche Männer eine Gemahlin wählen, die …“ Sie brach ab, weil sie nichts Unhöfliches sagen wollte, errötete und schloss schließlich lahm: „… die nicht ihrer eigenen Gesellschaftsschicht entstammt.“
„Du bist schockiert, nicht wahr?“, fragte Jemima zaghaft.
„Nein. Ich bedaure nur, dass ich mich gerade so ungeschickt ausgedrückt habe. Himmel, ich muss mich angehört haben wie ein Snob! Dabei halte ich dich wirklich für eine Dame! Was ich allerdings nicht verstehe: Du hast gesagt, Robert habe sich nur wegen einer Bedingung im Testament seines Vaters mit dir vermählt?“
„Ja. Wenn er das finanzielle Erbe antreten wollte, musste er – so hat es der alte Earl bestimmt – jemanden heiraten, der bei Anne Selbornes Hochzeit anwesend war. Nun, ich war dort, und er hat sich für mich entschieden.“
„Gott sei Dank!“ Lettys Augen blitzten auf. „Ich hatte dich zunächst tatsächlich missverstanden. Ich dachte, es sei eine arrangierte Ehe gewesen. Aber nun ist mir klar, dass er dich wirklich liebt.“
Jemima schüttelte den Kopf. „Unsere Eheschließung hatte nichts mit Liebe zu tun. Robert kannte mich kaum, und die Auswahl war auch nicht gerade groß.“
„Nun, er hätte sich auch für Augusta entscheiden können. Himmel, ich bin froh, dass er es nicht getan hat!“
„Soll ich mich jetzt geschmeichelt fühlen?“
Beinahe gleichzeitig brachen die beiden jungen Frauen in herzhaftes Lachen aus. Dann sagte Letty: „Ich habe bemerkt, wie Robert dich anschaut. Deshalb bin ich sicher, dass er dich liebt. Und du magst ihn auch, nicht wahr? Ich jedenfalls habe ihn immer für einen wundervollen Menschen und einen attraktiven Mann gehalten.“
Unwillkürlich runzelte Jemima die Stirn. Hatte Letty womöglich gehofft, selber Roberts Gattin zu werden? „Bist du schon einmal einem Gentleman begegnet, dessen Frau du gern geworden wärest?“, fragte sie vorsichtig.
Ein Schatten legte sich über Lettys sanfte Gesichtszüge. „Nein, bisher hat kein Mann mich so fasziniert, dass ich von der Hochzeit mit ihm geträumt hätte. Und im Übrigen hat mir noch niemand einen Antrag gemacht.“
„Niemand?“ Es fiel Jemima schwer, das zu glauben. Ihre neue Freundin war so liebenswert, so hübsch und zudem von bester Herkunft. Sie hätte eine Menge Verehrer haben müssen. „Hast du eine Saison in London verbracht?“, fragte sie.
„Ja. Da Papa und Mama schon lange tot waren, haben Roberts Eltern sich darum gekümmert, dass ich in die Gesellschaft eingeführt wurde. Leider war Augusta ebenfalls in London und …“ Sie unterbrach sich. „Es ist unsinnig, alte Geschichten aufzuwärmen.“
„Hat sie etwas getan, das dich gekränkt hat?“
„Nun ja … Irgendwie ist es ihr gelungen, mir die Saison zu verleiden.“
„Bitte erzähl mir, was geschehen ist.“
Letty zögerte. Doch schließlich sagte sie: „Um es kurz zu machen: Ich war siebzehn und völlig unerfahren. Wenn es mir trotzdem gelang, das Interesse eines netten jungen Mannes zu wecken, dann hat Augusta in ihrer weltgewandten Art seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen.“
„Zweifellos war sie eifersüchtig auf deinen Erfolg.“ Jemimas Augen blitzten vor Zorn. „Ich bin sicher, sie hat sich absichtlich so schäbig benommen.“
„Ich weiß nicht … Augusta meinte kürzlich, dass ich nun, da ich volljährig werde und über etwas Geld verfüge, bestimmt einen Gatten
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