Historical Lords & Ladies Band 39
finden werde. Aber ich will niemanden, der sich nur für mein Vermögen interessiert.“
„Natürlich nicht! Und ich bin sicher, dass du bald jemandem begegnen wirst, der dich deines freundlichen Wesens und deiner Schönheit wegen lieben wird. Vielleicht schon auf deinem Geburtstagsball? Wie schade, dass du Augusta auch einladen musstest.“
„Nicht wahr?“ Letty seufzte auf. „Und ich muss sie schon jetzt ertragen. Ohne sie würde ich Berties und Ferdies Gesellschaft vermutlich viel mehr genießen.“
„Du solltest versuchen, Augusta so wenig wie möglich zu beachten. Denk immer daran: Du bist hübsch und wohlhabend!“
„Es ist tatsächlich gut zu wissen, dass die Zeit der Armut zu Ende geht. Meine Großmutter und ich haben immer sehr bescheiden leben müssen. Nun werden wir öfter einmal Fleisch zum Dinner haben.“
Jemima hob die Augenbrauen. Sie hatte die vornehme Lady Marguerite für eine reiche Frau gehalten. Und warum hatte Letty über ihr eigenes Geld nicht verfügen können? „Ich vermute, dein Erbe wurde bisher treuhänderisch verwaltet?“
„Ja. Nun, da ich einundzwanzig werde, erhalte ich auch die Vollmacht über mein Vermögen. Allerdings“, sie errötete ein wenig, „reich werde ich nicht. So sparsam wie bisher werden wir aber nicht mehr wirtschaften müssen.“
„Lebst du schon lange bei deiner Großmutter?“
„Ja. Ich war noch ein kleines Mädchen, als ich nach dem Tode meiner Eltern zu ihr kam.“
„Und du hast dich wohlgefühlt bei ihr?“
„Oh ja. Großmama ist eine wunderbare Frau. Sie wirkt manchmal unnahbar, das weiß ich. Aber tatsächlich ist sie warmherzig und verständnisvoll.“
„Ach?“
Letty musste über Jemimas ungläubigen Tonfall lachen. „Du wirst schon sehen, wie lieb sie sein kann, wenn sie jemanden erst ins Herz geschlossen hat.“
„Bei mir wird das kaum der Fall sein.“
„Glaub mir, ihr ist es gleichgültig, ob du die Tochter eines Duke oder eines Schornsteinfegers bist. Ihr ist nur wichtig, dass du Robert glücklich machst.“
Wie sehr wünschte sie sich, Lettys Zuversicht teilen zu können. Aber das war leider unmöglich.
Eine Zeit lang schwiegen die beiden jungen Frauen, jede in ihre eigenen Gedanken versunken. Dann sagte Letty: „Wenn Tilly deine Nichte ist, muss sie die Tochter deines Bruders sein. Oder hast du noch andere Geschwister?“
Ob Letty sich in Jack verliebt hatte? Sie fragte oft nach ihm, und ihre Wangen röteten sich dann verräterisch. Eine Woge des Mitgefühls überflutete Jemima. Arme Letty! Sie würde ihren Traum begraben müssen! Lady Marguerites Enkelin und ein Schornsteinfeger, der kaum lesen und schreiben konnte? Unmöglich!
„Jack ist Tillys Vater“, sagte sie.
Letty nickte. „Das dachte ich mir. Sie hat seine Augen.“
Ein neuerliches Schweigen folgte. Und wieder war es Letty, die es brach. „Vermutlich werde ich eines Tages Ferdie Selborne oder Bertie Pershore heiraten …“
„Damit lass dir ruhig Zeit. Es sei denn, du empfändest mehr als bloße Zuneigung zu einem der beiden?“
Diese Bemerkung brachte Letty zum Lachen. „Ich mag beide sehr. Aber mehr empfinde ich wahrhaftig für keinen von ihnen. Außerdem ist Ferdie ein Frauenheld.“
„Und Mr Pershore?“
„Er ist ein netter Kerl, aber ziemlich beschränkt.“
„Es ist nicht gerade freundlich, so etwas zu sagen.“
„Leider ist er wirklich dumm. Außerdem trinkt er zu viel. Hast du ihn beim Frühstück gesehen?“
„Ja. Allerdings dachte ich, in seinem Glas sei Wasser.“
„Oh, es war Wasser. Er muss einen schlimmen Kater gehabt haben. Ferdie hat mir gegenüber erwähnt, dass Bertie so betrunken war, dass man ihn vom Gasthof nach Hause tragen musste. Vermutlich wäre er bis heute Nachmittag im Bett geblieben, wenn er nicht solche Angst vor Großmamas Missbilligung hätte.“ Sie warf Jemima einen schelmischen Blick zu. „Er glaubt ebenso wenig wie du, dass Großmama im Grunde ihres Herzens lieb und verständnisvoll ist. Übrigens – da kommt er!“ Sie hob die Hand und winkte.
Der junge Mann näherte sich ihnen ohne Eile. Er sah tatsächlich ziemlich mitgenommen aus. Als er sie erreichte, deutete er nur eine leichte Verbeugung an und murmelte. „Ihr ergebener Diener, Lady Selborne, Miss Exton. Bitte üben Sie heute Nachsicht mit mir. Ich fühle mich nicht sehr wohl. Es muss an der Suppe liegen, die wir gestern zum Dinner hatten. Schildkrötensuppe ist mir noch nie gut bekommen.“
„Das tut mir leid“, meinte Jemima voller
Weitere Kostenlose Bücher