Historical Lords & Ladies Band 39
schmunzelnd. „Und auch Jack hat mit der Wahl seiner Gattin viel Glück gehabt.“
„Nun, ich nehme an, du wirst der Nächste sein, der sich verheiratet“, äußerte Hugo süffisant. „Wahrscheinlich bist du deshalb neuerdings so düsterer Stimmung.“
Philip verengte die Augen und entgegnete unwirsch: „Sich freiwillig binden zu sollen, ist wahrlich kein angenehmer Gedanke.“
„Ich habe nicht vor, mich zu vermählen.“
Missmutig verzog Philip den Mund. Der Freund hatte gut reden, denn schließlich war er, im Gegensatz zu ihm, nicht genötigt, sich baldigst zu verheiraten. Hugo war unabhängig und hatte nur entfernte Verwandte.
„Ich begreife jedoch nicht, warum du so ein Aufhebens darum machst, dir eine Gemahlin suchen zu müssen“, fuhr Hugo achselzuckend fort. „Deine Stiefmutter wird dir mit dem größten Vergnügen geeignete junge Damen präsentieren, unter denen du dann wählen kannst.“
„Gewiss wird sie versuchen, mir eine Frau anzudienen, die sie für passend hält“, stimmte Philip zu. „Falls sie sich indes bei der Auswahl irrt, bin ich derjenige, der ein Leben lang für diesen Trugschluss büßen muss. Wenn also meine Zukunft durch einen Fehler ruiniert werden soll, dann ziehe ich es vor, derjenige zu sein, der ihn begeht.“
„Wenn dem so ist, musst du eine Liste für dich geeigneter Ehekandidatinnen aufstellen“, schlug Hugo vor. „Sieh dir die Debütantinnen an, befass dich mit ihrem familiären Hintergrund und achte darauf, dass sie sinnvoll sprechen und nicht nur kichern können. Welch langweilige Aufgabe!“
„Deprimierende Aussichten!“
„Schade, dass es nicht mehr Frauen wie Sophie und Lucinda gibt.“
„Ja, das ist sehr bedauerlich“, brummte Philip und überlegte, welchen Anforderungen seine zukünftige Gattin genügen müsse. Zumindest musste sie einigermaßen klug, hinreichend schön und treu sein. Darüber hinaus erwartete er noch etwas von ihr, das sich schwer in Worte fassen ließ.
Die Karosse hielt, und sobald der Wagenschlag geöffnet worden war, stieg Philip aus. Er wartete, bis der Freund sich ihm angeschlossen hatte, ging dann mit ihm die Freitreppe zum Portal hinauf und übergab dem ihm öffnenden Butler Hut und Handschuhe.
„Willkommen daheim, Mylord“, begrüßte ihn Samuel.
„Danke, Fenton. Lord Satterley wird wieder einige Tage mein Gast sein.“
Samuel verbeugte sich, nahm den Hut des Viscount entgegen und sagte beflissen: „Ich werde veranlassen, Sir, dass Ihnen die üblichen Räumlichkeiten hergerichtet werden.“
„Danke“, erwiderte Hugo freundlich.
„Wie geht es meiner Stiefmutter?“, erkundigte sich Philip.
Das war das Stichwort, auf das Antonia gewartet hatte. Sie umrundete das Treppengeländer, wo sie im Verborgenen gelauscht hatte, schritt gesenkten Blicks gemächlich die Stufen hinunter, um den Eindruck zu erwecken, die Herren bisher noch nicht bemerkt zu haben, und sagte kurz vor dem Erreichen des Entrees: „Ihre Ladyschaft wünscht, Fenton, dass Alice so schnell wie möglich zu ihr kommt.“ Nun richtete sie die Augen ins Vestibül und hauchte, wie sie es stundenlang vorher geübt hatte, Überraschung und Verlegenheit heuchelnd: „Oh!“
Das Bild, das sich ihr bot, war nicht so, wie sie es sich ausgemalt hatte. Unwillkürlich schlug das Herz ihr schneller, denn Lord Ruthven sah stattlicher und attraktiver aus, als sie ihn in Erinnerung hatte. Das braune Haar war künstlich zerzaust, wie es der Mode entsprach, und fiel dem Baron in die hohe Stirn. Er hatte eine schmale Nase, hochstehende Wangenknochen, fein modellierte Lippen und ein markantes Kinn. Der Frack aus dunklem Stoff und die schmalen Pantalons betonten die eindrucksvolle Figur; das kunstvoll geschlungene Cachenez, das weiße Hemd und das schräg gestreifte Gilet waren tadellos gearbeitet und entstammten gewiss dem Atelier eines exzellenten Schneiders. Die grauen Augen drückten einen Moment lang Irritation aus, die gleich darauf in unverhüllte Überraschung umschlug.
„Miss Antonia?“, fragte Philip verblüfft.
Sie raffte die Röcke, setzte den Weg fort und näherte sich langsam Seiner Lordschaft.
Sie hatte sich sehr verändert, seit er ihr zum letzten Mal begegnet war. Damals war sie sechzehn Jahre alt gewesen, etwas mager, aber doch bereits recht anmutig. Jetzt jedoch war sie der Inbegriff weiblichen Liebreizes, geschmeidig, graziös, wunderbar zu fraulicher Schönheit gereift. Philip entsann sich, dass sie bei den sommerlichen Aufenthalten in Ruthven
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