Historical Lords & Ladies Band 40
Miss“, sagte die Zofe, die mit der Bürste in der Hand hinter ihr stand. „Und wenn Sie die Haare offen tragen mit ein paar Locken ums Gesicht, wird es voller wirken.“
„Aber dann sehe ich wie ein Schulmädchen aus“, wandte Helen lächelnd ein.
„Was soll daran falsch sein? Alle werden sich darum reißen, Ihnen zu helfen.“
Nach Beendigung ihrer Toilette fragte Helen: „Was jetzt?“
„Ich bringe Sie nach unten in die Bibliothek. Seine Lordschaft erwartet Sie.“
Helen holte tief Luft und folgte dem Mädchen eine schön geschnitzte Eichentreppe hinunter, an einer Reihe von Familienporträts vorbei, in eine hohe Halle mit kuppelförmiger Decke. Vor einer der vielen Türen blieb das Mädchen stehen, klopfte und ließ Helen eintreten.
Am Kamin stand ein Mann, der eine ältere Version von Duncan zu sein schien. Er hatte die gleichen scharf geschnittenen Züge, nur dass seine Haare an den Schläfen ergraut waren. Er begrüßte Helen herzlich, bat sie, Platz zu nehmen, setzte sich neben sie auf das Sofa und ergriff ihre Hand. „Haben Sie sich von den Strapazen erholt?“
„Ja, vielen Dank, Mylord.“
„Was geschehen ist, tut mir leid. Ich war nicht ganz ich selbst, sonst hätte ich mich nicht darauf verlassen, dass ein Brief meinen Sohn erreichte. Hoffentlich verzeihen Sie mir.“
„Das ist nicht wichtig“, erwiderte Helen. „Sie und mein Vater haben sich seit vielen Jahren nicht mehr gesehen. Da war nicht zu erwarten, dass Sie sehr erfreut sein würden, Vormund eines verarmten Mädchens zu werden.“
„Mein liebes Kind, Sie sind uns herzlich willkommen. Betrachten Sie uns als Ihre Familie, Andrew und Duncan als Ihre Brüder. Sie sehen in Ihnen bereits die Schwester, die sie niemals hatten.“
Der Captain hatte seinen Vater also nicht über seinen Antrag informiert, was bedeutete, dass er ihn nicht ernst gemeint hatte.
„Ich werde Sie mit einem reichlichen Nadelgeld ausstatten, sodass Sie sich allen modischen Tand kaufen können, den Ihr Herz begehrt“, fuhr der Earl fort. „Sobald die Straßen schneefrei sind, können Sie nach Glasgow oder Edinburgh fahren. Die Geschäfte sind dort genauso gut wie in London.“
„Ich erhalte ein Taschengeld, das für meine Bedürfnisse genügt, Sir.“
„Ihrem Anwalt zufolge dürfte das kaum für einen neuen Hut reichen.“ Er tätschelte lächelnd ihre Hand. „Meine Nachbarn sollen nicht glauben, ich würde mein Mündel schlechter versorgen als meine eigenen Kinder. Vielleicht ist es egoistisch von mir, dass ich in gutem Licht dastehen möchte, aber so bin ich nun mal.“
„Vielen Dank, Sir.“ Helen ließ sich zwar durch seine Worte nicht täuschen, gewann ihn aber lieb, weil er sich so fürsorglich zeigte.
„Jetzt müssen Sie den Rest der Familie kennenlernen“, sagte er. „Duncan ist ausgegangen, doch die anderen haben sich zur Begrüßung im Morgenzimmer versammelt.“
Der Viscount war sehr liebenswürdig. Margaret behandelte sie bereits wie eine Schwester und gab ihr so das Gefühl, zu Hause zu sein. Sie schwatzte über Mode und berichtete von ihrer Haushaltsführung. Dabei war das Haus in Wirklichkeit ein Schloss mit dicken Steinmauern, Türmen und Zinnen.
Obwohl der achtjährige Robert und die hübsche sechsjährige Caroline neugierig waren, benahmen sie sich so höflich, wie man das von lebhaften Kindern erwarten konnte. Helen fühlte sich nach kurzer Zeit als Teil der Familie und war so glücklich wie schon lange nicht mehr.
Am letzten Tag des Jahres sollte ein fröhliches Fest stattfinden, um das neue Jahr zu feiern. Alle Leute von nah und fern kamen in ihren Schlitten, die von stämmigen Hochland-Ponys gezogen wurden, um zu speisen, zu tanzen und sich mit Gesellschaftsspielen zu vergnügen.
Als Helen vom Treppenabsatz aus Lady Macgowans Ankunft beobachtete, wusste sie sofort, wer sie war. Ihre Hoffnung, dass Duncans Liebe zu ihr sich im Laufe der Jahre abgekühlt haben könnte, verflüchtigte sich.
Arabella war schön, größer als Helen, mit einer kurvenreichen, fast üppigen Figur. Sie hatte ebenmäßige Züge, blaue Augen und einen sehr roten Mund, der sich zu einem Lächeln verzog, als sie Duncan entdeckte, der die Gäste empfing und in seiner blauen Uniform prächtig aussah. Im Gegensatz zu Helen war sie nicht in Trauer. Als ihr der Mantel abgenommen wurde, zeigte sie sich in einem Kleid aus azurfarbener Gaze über einem tiefblauen Satinunterkleid. Es hatte Puffärmel und einen sehr tiefen Ausschnitt, der den Ansatz ihrer
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