Historical Lords & Ladies Band 40
führte. Dort öffnete er eine Tür, ging hinein und kehrte ein paar Minuten später mit einem sandfarbenen Bündel zurück, das er ihr in die Arme legte. „Er gehört Ihnen“, sagte er.
Sie drückte den Welpen an sich und legte die kalte Wange an sein weiches Fell. Als er ihr über das Ohr leckte, fing sie zu lachen an.
Duncan hörte sie zum ersten Mal seit ihrer Ankunft herzlich lachen. „Er ist schon entwöhnt, hat aber noch keinen richtigen Namen. Den müssen Sie ihm geben.“
„Wollen Sie mir den Kleinen wirklich schenken?“
„Ja, er soll Sie an mich erinnern, wenn Sie mit ihm spazieren gehen.“
Helen drehte sich auf dem Absatz um, rannte über den Hof durch eine Seitentür ins Schloss und hinauf in ihr Zimmer. Sie konnte gerade noch die Tür hinter sich schließen, bevor sie in Tränen ausbrach.
Sie saß lange Zeit auf dem Bett, streichelte den Hund und weinte. Warum war das Schiff ihres Vaters nicht vor seinem Tod gekommen? Dann hätte es keinen Selbstmord und kein Gerede über seine Feigheit gegeben. Sie hätte eine Mitgift gehabt und wäre in den Augen des Captain wie auch des Earl akzeptabel gewesen. Dabei übersah sie völlig, dass sie dann nicht nach Schottland gereist wäre und Captain Duncan Blair niemals kennengelernt hätte. Sie wäre nicht von ihm geküsst worden und hätte ihn beim Tanz mit Lady Macgowan nicht beobachtet. Das Seltsame war nur, dass sich Arabella seit dem Neujahrsfest nicht mehr im Schloss hatte blicken lassen.
Sie setzte den Welpen auf das Bett, wo er sich zusammenrollte und einschlief.
An diesem Abend gab sich Helen besondere Mühe mit ihrer äußeren Erscheinung. Sie wählte ein weißes Kleid mit hoher Taille, die durch ein lila Samtband betont wurde. Ein gleiches Band schlang sich durch ihre dunklen Locken.
Flora, die ihr geholfen hatte, erklärte sich mit der Wirkung zufrieden. „Wunderschön, Miss Sanghurst, wirklich wunderschön. Wenn Sie im Sommer mit dem Viscount und Lady Everton in London sind, werden Sie viel Erfolg haben. Nicht dass London eleganter wäre als Edinburgh“, setzte sie hinzu. „Sie sollten Mr Duncan bitten, Sie dorthin mitzunehmen.“
„Vielen Dank, Flora, das wäre alles“, sagte Helen kühler als beabsichtigt. Für sie würde es weder einen Sommer in London mit Margaret noch eine Fahrt mit Duncan in die schottische Hauptstadt geben. „Kümmern Sie sich um den Hund“, bat sie. „Er wird hungrig sein.“ Dann ging sie nach unten in den Salon, wo sich die Familie vor dem Supper versammelte.
„Helen, du siehst bezaubernd aus“, rief Margaret. „Findest du nicht auch, Duncan?“
„In der Tat“, pflichtete er ihr bei, „eine Verschwendung für Cumbrien.“
„Wenn du so denkst, solltest du sie überreden, nicht hinzufahren.“
„Sie würde mir gar nicht zuhören“, erwiderte er und bot ihr den Arm. „Habe ich recht, Prinzessin?“
Als Helen ihm die Fingerspitzen auf den Arm legte, genügte schon die leichte Berührung, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen.
„Warum nennst du Helen Prinzessin?“, fragte Margaret, während sie sich an den Tisch setzte.
Er lachte. „Als ich sie kennenlernte, wollte sie mir nicht verraten, wer sie war und wohin sie wollte. Und als ich dann meinte, sie wäre eine verkleidete Prinzessin, fragte sie, wie ich auf diese Vermutung gekommen sei.“
„Das hat er doch nicht wirklich geglaubt?“
„Natürlich nicht“, erwiderte Helen. „Er wollte mich nur verspotten.“
„Was er immer noch versucht. Duncan, ich finde das sehr unhöflich von dir.“
„Miss Sadler störte das nicht. Sie war viel liebenswürdiger als Miss Sanghurst.“
Der Earl mischte sich ein. „Duncan, lass Helen in Ruhe. Sonst denkt sie, dass du sie nicht leiden kannst, was nicht stimmt. Ich jedenfalls mag sie sehr und bin gern ihr Vormund. Sie ist hier zu Hause und mehr als willkommen, wenn sie bleiben will.“
„Dem schließe ich mich an.“ Margaret überlegte, was sich zwischen den beiden auf der langen Reise wohl abgespielt hatte. Und was ging jetzt vor sich? Beide zeigten ausdruckslose Mienen und schauten sich nicht an. „Helen ist für mich eine Schwester, von der ich mich nicht trennen möchte. Du darfst sie nicht vertreiben.“
„Oh, ich vertreibe sie nicht. Sie ist alt genug, um selbst eine Entscheidung zu treffen. Das hat sie mir oft genug zu verstehen gegeben. Ich würde sie nicht um die Welt gegen ihren Willen hier festhalten.“
Helen sprang auf, weil erneut ihre Tränen zu fließen begannen.
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