Historical Platin Band 04
wiederholten Male mit der Gemahlin darüber zu streiten, warum er den im Auftrag König Henrys in die Veste Einlass fordernden Hauptmann die Tore hatte öffnen lassen und sich nicht, wie von der Gattin verlangt, in der Burg verschanzt hatte. Sie schien nicht begreifen zu wollen, dass es sinnlos gewesen wäre, den Versuch zu unternehmen, die Veste gegen ein dann gewiss herbeigerufenes großes Heer des Monarchen zu verteidigen.
Vor einer Woche war dann ein Kurier des Herrschers in Edgemoor eingetroffen und hatte Richard nach Kenilworth befohlen, wo Henry Plantagenet anlässlich des Johannistages weilte. Mellisynt hatte darauf bestanden, ihn mit dem Kind und dessen Amme nach Kenilworth zu begleiten. Nach der Ankunft waren indes schon drei Tage verstrichen, ohne dass der König geruht hätte, Richard zu sich zu befehlen.
„Nehmt Ihr an, dass er Euch die Veste belässt?“, fragte Mellisynt ungeduldig.
Er mühte sich um Geduld und erwiderte beherrscht: „Das kann ich nicht beurteilen, Mylady. Das Lehen untersteht zwar nicht der Oberhoheit des Prinzen Geoffroir, doch ihm habe ich den Treueid geleistet. Möglicherweise vertritt sein Vater den Standpunkt, es zähle zu den Dominien seines Sohnes, und hat entschieden, einen Monsieur Geoffroir ergebenen Chevalier damit zu bestallen.“
„Ich fände es unfassbar, sollte er das beschließen“, erregte sich Mellisynt. „Hat er nicht genügend Anlass gehabt, an der Loyalität des Herzogs zu zweifeln? Genügt es ihm nicht, dass seine drei Söhne sich offen mit Philippe von Frankreich und dem Grafen von Flandern gegen ihn verbündet haben?“
„Dir, die so fest zu ihren Gelöbnissen steht, fällt es natürlich schwer, die Wankelmütigkeit und Heuchlerei der Plantagenets zu begreifen“, erwiderte Richard seufzend.
„Monsieur Geoffroir hat dich immer nur ausgenutzt“, entrüstete sich Mellisynt. „Warum sollte sein Vater dir nicht in den Rücken fallen?“
„Er herrscht seit mehr denn dreißig Jahren über sein Reich und sein auf dem Festland gelegenes Kronlehen“, antwortete Richard mürrisch. „Stets ist es ihm gelungen, die Ansprüche der Prinzen zu beschneiden, und ich bin sicher, dass er keinem von ihnen zu viel Macht einräumen wird. Ihr solltet indes nicht vergessen, Madame, dass sie seine Söhne sind. Familiäre Bande zählen besonders dann, wenn die Interessen eines Angehörigen des Herrscherhauses betroffen sind.“
„Müsst ausgerechnet Ihr der Leidtragende sein?“, fragte Mellisynt erregt.
„Stört Euch die Vorstellung so sehr, Edgemoor vielleicht zu verlieren?“
„Ja, denn die Veste ist Euer Handlehen, unser Heim, die Pfründe Eures Sohnes William. Sie sollte Euch als Erblehen bestätigt werden, wenn nicht von Monsieur Geoffroir, dann von dessen Vater! Nach dem Verlust von Trémont ist sie alles, was Euch verblieb.“
„Ihr irrt Euch, Madame“, widersprach Richard lächelnd. „Ich habe Euch, unsere Tochter und meine beiden Sprösslinge. Und noch bin ich stark genug, um mich bei einem mächtigen Herrn als Soldritter zu verdingen. Ich habe mir früher durch meine Tatkraft einen Weg im Leben geschaffen und kann es wieder tun. Seid unbesorgt, Madame, ich werde mir zu bewahren trachten, was mein ist.“
„Ihr habt eine Möglichkeit, weiterhin der Sieur auf Edgemont sein zu können“, deutete Mellisynt leise an.
„Welche, Madame?“
„Ihr müsst die Schriften vorlegen, die ich in meinem Besitz habe.“
„Welche Dokumente meint Ihr?“
„Die für die Nichtigkeitserklärung unserer Ehe bestimmten Unterlagen“, antwortete Mellisynt. „Lasst Euch Dispens geben, und vermählt Euch mit einem Weib, das Euch auf dem Hoheitsgebiet des Königs gelegene Ländereien einbringt. Ich habe diesen Vorschlag reiflich durchdacht, Sire. Ihr habt mich nur geheiratet, um Trémont zu bekommen, und nun seid Ihr der Burg verlustig gegangen.“
Entgeistert schaute Richard die Gattin an und erwiderte erschüttert: „ Mon Dieu , Madame! Sind das die Gedanken, die Euch seit Langem durch den Kopf gehen? Seid Ihr deshalb in der letzten Zeit so unleidlich gewesen?“
„Ja“, gab sie kleinlaut zu. „Ihr habt mir das gegeben, wonach ich mich stets sehnte, unsere Tochter Meridyth. Meinetwegen habt Ihr Trémont verloren. Daher möchte ich, dass Ihr …“ Ein lauter Ruf aus dem Gang ließ sie innehalten.
Richard ging zur Tür, machte sie auf und sah einen jungen Mann vor sich, der die mit dem Wappen Henry Plantagenets verzierte Kleidung trug.
„Seid Ihr der
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