Historical Platin Band 04
kleine runde Silberbrosche.
Sie blickte ihn unsicher an, während er nickte und wieder sprach.
Plötzlich waren sie nicht mehr allein im Raum. „Was, in Odins Namen, soll das?“, brüllte Einar von der Türschwelle her und starrte Ull wütend an.
Dieser fuhr herum und grinste dann wie ein Kater im Fischfass. „Sie hat gemacht, dass ich mich besser fühle.“
Einar stürmte weiter herein. Er versuchte, nichts an der Sachsenfrau zu beachten – weder das Leuchten in ihren schönen Augen noch ihr schimmerndes Haar und auch nicht die herrlichen Lippen, die jetzt leicht geöffnet waren, als wollte sie einen Gruß aussprechen.
„Was tust du hier allein?“, verlangte er zu wissen.
Sie straffte ihre schmalen Schultern. „Ich bin nicht allein.“
„Jetzt nicht, das sehe ich. Ich habe dir gesagt, du sollst nicht allein im Dorf umherlaufen.“
„Ich bin nicht umhergelaufen. Ull kam hierher. Was sollte ich machen – ihn vielleicht zur Tür hinausschieben?“
Sie kannte Ulls Namen! Von wie vielen Männern kannte sie noch den Namen?
„Das widrige Wetter hat dich wohl so lange von daheim ferngehalten, Einar“, sagte Ull.
Einar fuhr zu ihm herum und wünschte, er könnte Ulls selbstgefälliges Gesicht zertrümmern. „So ist es“, erwiderte er. „Doch jetzt bin ich hier.“ Er blickte Meradyce an. „Was wollte er hier?“, fragte er in sächsischer Sprache.
„Ich habe ihm eine Arznei zubereitet.“
Jetzt erst bemerkte Einar die Schale in Ulls Hand. „Nimm deine Medizin und verschwinde!“
Damit schien Ull es jedoch nicht besonders eilig zu haben. „Wie ist das Geschäft in Haithabu gelaufen? Ich nehme doch an, erfolgreich, oder?“
„Ja. Allerdings geht dich das nichts an. Ebenso wenig wie diese Frau dich etwas angeht.“
Ull zuckte die Schultern. „Mir war schlecht, also bin ich zu ihr gegangen. Das ist doch nicht verboten – es sei denn, du willst sie zu deiner Frau machen.“
Einar knirschte mit den Zähnen, doch er sprach scheinbar völlig ruhig. „Du weißt so gut wie ich, dass Svend bestimmt hat, ihr dürfe nichts angetan werden.“
„Ich habe nicht im Traum daran gedacht, ihr etwas ‚anzutun‘, Einar. Svend hat nicht gesagt, dass sie nicht heiraten darf. Sie würde eine gute Ehefrau abgeben.“ Ull schlenderte gelassen zur Tür.
„Du hast bereits zwei gute Ehefrauen.“
Ull blieb auf der Schwelle stehen und drehte sich um. „Was wäre daran auszusetzen, wenn ich drei hätte?“
„Ich glaube nicht, dass sie damit einverstanden wäre. Die Christen haben nämlich nur einen einzigen Ehegatten.“
Ull lächelte. „Falls sie bereit wäre, mich zu heiraten, Einar, dann wurde ich mich mit Freuden von Ilsa und Reinhild scheiden. Und jetzt muss ich mich um meine Pferde kümmern. Lebe wohl.“
Nachdem Ull zur Tür hinausgetreten war, ballte Einar die Fäuste. Plötzlich fühlte er eine leichte Berührung – Meradyce’ Hand lag an seinem Arm. Einar fuhr herum, und sie wich verängstigt zurück. Bei Thors Hammer, weshalb kam er sich immer wie ein gewalttätiges Untier vor, wenn er sich in ihrer Nähe befand?
„Was hat er gesagt?“, fragte sie leise.
Einar trat ein paar Schritte zurück; er konnte einfach besser denken, wenn er nicht so nahe bei ihr stand, dass er sie berühren könnte. „Er sagte, er würde dich gern heiraten.“ Zu seiner größten Freude malte sich der Schrecken auf ihrem Gesicht. „Und ich habe ihm gesagt, ich würde nicht glauben, dass du daran interessiert bist.“
„Sehr richtig, das bin ich nicht.“
Einar fand es nicht angebracht, noch länger über dieses Thema zu reden. „Wofür benötigte Ull denn diese Arznei?“, erkundigte er sich.
Zu seiner freudigen Überraschung lächelte die Frau. „Gegen Blähungen.“
Einar musste ebenfalls lächeln. Blähungen! So etwas konnte auch nur Ull einfallen – unter diesem Vorwand um eine Frau zu freien!
Sie lächelte noch immer, und zum ersten Mal sah Einar in ihr nicht die schöne Frau, sondern eine Gefährtin, mit der er sich über denselben Scherz amüsieren konnte.
„Er wird diese Medizin nicht mögen“, meinte sie. „Sie schmeckt scheußlich.“
„Er hat’s nicht anders verdient.“
„Sie wird auch …“ Meradyce errötete.
„Was wird sie?“
„Sie … er wird sich in der Nähe eines Eimers aufhalten müssen.“
Einar warf den Kopf in den Nacken und wollte sich ausschütten vor Lachen.
Einen Moment später wurde ihm etwas bewusst: Die Frau lachte ja auch! Nein, sie lachte nicht, sondern
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