Historical Saison Band 06

wirkte wütend und aufgewühlt. Was hatte sie nun schon wieder angerichtet?
    „Deine Frau“, gab der Earl Auskunft. „Sie will nicht in Tante Harriets Ankleidezimmer übernachten. Das Dienstmädchen hat eine Parfümflasche zerbrochen. Anscheinend war es völlig eingeschüchtert, weil du die Anweisung erteilt hast, dass sich alle Bediensteten im Vestibül versammeln sollen.“ Er zuckte mit den Schultern. „So, wie es sich anhörte, gehen alle davon aus, auf der Stelle entlassen zu werden.“
    „John, jetzt sei nicht so unsensibel“, tadelte ihn Lady Mardon. „Ist etwas Schlimmes passiert, Anthony?“
    Er warf Georgie einen kurzen Blick zu. Es war ein unruhiger Blick, der – wie ihr schien – nichts Gutes verhieß.
    „Wir sollten abwarten, bis alle unten sind“, erklärte er ruhig. „Es macht keinen Sinn, es mehrmals zu wiederholen.“
    Georgie fröstelte. Er starrte wie versteinert zu Boden, seine Miene wirkte hart und kompromisslos. Und sie spürte, dass er ihren Blicken absichtlich auswich.
    Die übrigen Gäste fanden sich ein. Tante Harriet schäumte noch immer vor Wut über das Missgeschick mit dem Duftflakon. Mr Lyndhurst-Flint betrat als Letzter das Gesellschaftszimmer. „Verfluchte Faulenzer!“, schimpfte er. „Ich habe zwanzig Minuten auf mein warmes Wasser zum Rasieren warten müssen! Vielleicht solltest du mal ein ernstes Wörtchen mit deinem Personal reden, Cousin.“
    Georgie zuckte zusammen, als er sich ihr zuwandte.
    „Im Grunde fällt das jetzt natürlich in Ihren Zuständigkeitsbereich.“
    „Lass es gut sein, William“, knurrte Mr Sinclair. „Es gibt ernstere Probleme als dein Rasierwasser.“ Er blickte Anthony an. „Was hat es mit dem Gerede über einen verschwundenen Ring auf sich?“
    „Cassies Verlobungsring wurde gestohlen“, erläuterte Anthony ohne Umschweife. Er schaute kurz zu Georgie herüber. „Sie hat ihn heute Morgen in ihren Schmuckkasten gelegt als sie ausgeritten ist und …“
    „Oh, so ein Unsinn!“, unterbrach ihn Mr Lyndhurst-Flint mit einem höhnischen Blick auf Lady Townend. „Ich vermute, du hast ihn einfach nur verlegt.“
    Lady Townend sah ihn aus schmalen Augen an. „Du gehst vielleicht sorglos mit dem Besitz anderer Leute um, William. Aber ich tue das keinesfalls! Ich habe ihn in den Schmuckkasten gelegt, und Eliza war …“
    Er schnaubte verächtlich. „Da hast du es. Es liegt ja auf der Hand. Da muss man nur noch eins und eins zusammenzählen und den Tatsachen ins Auge blicken, Cousine. Deine Zofe hat sich heute Morgen verdächtigerweise mit diesem Diener von Anthony davongeschlichen. Wie heißt er doch gleich?“
    „Timms“, sagte Anthony zornig. „Und ich kann mir nichts Abwegigeres vorstellen, als dass er etwas mit dem Diebstahl zu tun hat!“
    „Eliza würde das ebenfalls niemals tun!“, erklärte Cassie im Brustton der Überzeugung.
    „Eine faule Bande!“, widersprach Mr Lyndhurst-Flint. „Wir reden von Bediensteten. Also wirklich, Cassandra! Deine lächerliche Vorliebe, dich mit niederem Gesindel abzugeben, schadet deinem Ansehen! Da muss jeder denken …“
    „Dass Sie meine Frau um Verzeihung bitten sollten.“ Townends Tonfall war schärfer als jedes Rasiermesser.
    Georgie beschlich eine furchtbare Ahnung, während Anthonys Worte in ihr nachhallten. Ich kann mir nichts Abwegigeres vorstellen, als dass er etwas mit dem Diebstahl zu tun hat. Er glaubte doch nicht etwa, dass sie … Sie versuchte, die Fassung zu bewahren. Er hatte ihr ja bereits gezeigt, wie wenig er ihr vertraute. Wenn er dachte, dass sie die Perlen genommen hatte, dann …
    „Meine Güte, Townend! Müssen Sie denn jedes Wort auf die Goldwaage legen?“, schimpfte Mr Lyndhurst-Flint. „Es ist doch nur zu offensichtlich. Ebdon hat eine Gelegenheit gesehen und …“
    „Genug, William!“ Anthony stand kurz vor einem Wutausbruch. „Ich lasse nicht zu, dass Leute beschuldigt werden, die nicht im Raum sind und sich nicht wehren können. Das Personal müsste sich mittlerweile versammelt haben.“
    Wieder warf er Georgie einen kurzen Blick zu. Es war, als ob er Salz in eine offene Wunde streute – eine Wunde, die niemals heilen konnte.
    Anthony holte tief Luft, als er vor seinen Bediensteten stand.
    „Bedauerlicherweise muss ich Ihnen mitteilen, dass Miss Cassies – beziehungsweise Lady Townends – Ring gestohlen wurde. Es wird nötig sein …“ Er brach ab, weil alle empört und aufgeregt durcheinander redeten. Er verübelte es seinen Leuten nicht. „Es