Historical Saison Band 06
Mr Sinclair.“
„Sie würden mir also helfen zu fliehen?“
„Wenn Sie das möchten, ja.“
Er lächelte verzagt. „Das kann ich leider nicht tun. Der Major hätte die Konsequenzen zu tragen. Wenn er entscheidet, mich der Justiz auszuliefern, dann … dann soll es so sein.“
„Aber was haben Sie denn getan?“ Amy vermochte ihre Neugier nicht länger zu zügeln.
„Ich habe unter dem Einfluss von zu viel Wein meiner Zunge freien Lauf gelassen, Miss Devereaux“, antwortete er.
Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Wenn das ein Verbrechen wäre, befänden sich die meisten englischen Gentlemen im Gefängnis.“
„Das ist wahr.“
Amy schwieg und wartete ab.
„Nun gut, ich werde Ihnen alles erzählen. Es ist allerdings keine erbauliche Geschichte. Ich hatte Streit mit einem Mann namens Frobisher. Er hat meine Familie beleidigt, und ich habe ihm daraufhin gedroht, ihn umzubringen. Dabei waren Zeugen zugegen. Am nächsten Tag wurde er überfallen und halb tot geschlagen. Er behauptet felsenfest, ich wäre der Angreifer gewesen.“
„Aber Sie waren es nicht.“
„Nein, Miss Devereaux, ich war es nicht. Es ist nicht meine Art, jemanden hinterrücks zu überfallen.“
„Nein, natürlich nicht. Aber warum ist dieser Frobisher sich so sicher, dass Sie es waren?“
„Ja, genau darum geht es. Sie sind eine scharfsinnige Frau, Madam. Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Erst nahm ich an, es wäre nichts weiter als ein Irrtum. Ich dachte, Frobisher hätte wieder zu tief ins Glas geschaut oder wäre durch die gewalttätige Attacke noch völlig durcheinander. Aber daran lag es nicht. Wer auch immer Frobisher angegriffen hat, er hat mit Absicht die Worte meiner Drohung wiederholt. Frobisher sollte glauben, dass ich der Angreifer bin.“
„Wie niederträchtig! Sie laufen Gefahr, unschuldig gehängt zu werden.“
„In der Tat.“
„Sie müssen fliehen.“
„Nein, Miss Devereaux, das ist unmöglich. Das werde ich nicht tun.“
„Aber …“ Amy brach den angefangenen Satz sofort ab, als sie sah, wie wild entschlossen seine blaugrauen Augen funkelten. Marcus Sinclair würde sich eher einsperren und vielleicht sogar hängen lassen, als das Vertrauen von Major Lyndhurst zu verletzen. Das war nicht die Handlungsweise eines ehrlosen Mannes. Mitfühlend berührte sie ihn mit den Fingerspitzen am Unterarm. „Mr Sinclair, wenn ich Ihnen schon nicht helfen kann zu fliehen, erlauben Sie wenigstens, dass ich Sie dabei unterstütze, Ihre Unschuld an diesem abscheulichen Verbrechen nachzuweisen. Sagen Sie mir, was ich zu tun habe.“
„Es gibt nichts, was Sie tun könnten.“ Er hob seine rechte Hand und strich zärtlich mit den Fingerknöcheln über ihre Wange.
Amy erschauderte.
„Ich möchte mich ungern wiederholen, da Sie meine Aufforderung bislang ignoriert haben. Ich kann Sie nur erneut dringend bitten, Ihr gefährliches Versteckspiel aufzugeben.“
Amy schüttelte heftig den Kopf.
Er hielt ihn mit beiden Händen fest. „Sie besitzen Mut und Entschlossenheit, Amy. Beide Eigenschaften sind bewundernswert und zudem ungewöhnlich bei einer Dame. Allerdings scheinen Sie die Lage falsch einzuschätzen. Nicht nur, dass Sie in dieser albernen Verkleidung herumlaufen, nun wollen Sie auch noch jemandem helfen, der vor der Justiz flieht. Offensichtlich wollen Sie Ihren eigenen Untergang mit aller Macht heraufbeschwören.“
Amy antwortete nicht. Sie schloss die Augen, sodass sie sich ganz auf die Wärme und Zärtlichkeit seiner Berührung konzentrieren konnte. Nun kannte sie die ganze Geschichte und wusste, wer er war. Es spielte keine Rolle, dass er sich auf der Flucht befand. Sie zweifelte keine Sekunde an seiner Unschuld.
„Amy“, flüsterte er sanft.
Sie hielt die Augen geschlossen. Er würde versuchen, ihr das Versprechen abzunehmen, Lyndhurst Chase zu verlassen. Und gerade jetzt war sie entschlossener denn je zu bleiben.
„Amy“, wiederholte er.
Sie spürte seinen Atem auf ihren Lippen. Er war so nah. Er würde sie küssen. Das innere Glühen, das seine Berührung in ihr ausgelöst hatte, wurde zu einem kleinen Feuer. Sie bewegte sich auf ihn zu.
Doch er wich einen Schritt zurück.
Amy öffnete die Augen. Unwillkürlich entfuhr ihr ein Seufzer der Enttäuschung.
Er reagierte sofort. „Bitte seufzen Sie nicht, meine liebe Miss Devereaux. Das bin ich nicht wert. Sie sollten sich besser nicht mit mir abgeben. Wenn ich ein freier Mann wäre, könnte ich … Aber egal! Ich bin leider
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