Historical Saison Band 08
Wütend stürmte er aus dem Zimmer.
Felicia fühlte sich, als ob jemand sie mit einer Nadel gestochen hätte und nun all ihr Mut aus dem Körper entwich. Sie ließ sich auf dem nächsten Stuhl nieder. Indes ließ Edmund ihr keine Zeit, sich zu erholen.
„Warum bist du hier, Felicia?“
Erstmals seit er den Raum betreten hatte, schaute sie ihn richtig an. Er war kein attraktiver Mann. Er war nur wenig größer als sie, wirkte mager und zäh. Sein kurzes Haar war von undefinierbarer brauner Farbe ebenso wie seine Augen. Dennoch wäre er akzeptabel gewesen, wenn er sich wie ein guter Ehemann und Vater verhalten hätte.
„Also?“, fragte er mit wachsender Ungeduld.
„Ich kam, weil ich dich um meine Mitgift bitten wollte. Ich …“
„Nein.“
„Ich benötige etwas, wovon ich leben kann, Edmund. Da du dich von mir scheiden lässt, verliere ich meine Mitgift, falls das Parlament nicht anders entscheidet. Sicherlich kannst du es dir leisten, mir die Mitgift oder eine Ausgleichszahlung zukommen zu lassen.“
„Nein. Von deiner Mitgift bezahle ich die Scheidungskosten.“
Sie wollte nicht betteln, aber ohne ihre Mitgift war sie mittellos. Als geschiedene Frau würde sie nicht einmal eine Anstellung als Gouvernante bekommen.
„Um der Kinder willen, die ich dir geschenkt habe, Edmund.“
„Für den Erben, um den du mich gebracht hast?“
Sein ungerechter Vorwurf verwundete sie wie ein scharfes Messer. Er hatte es stets verstanden, sie mit seinen Worten stärker zu verletzen, als es ein anderer Mann mit Fäusten gekonnt hätte.
„Dann gib mir wenigstens einen Teil davon, denn wenn du zwei Männer bestichst, damit sie die Lügen über mich bezeugen, lasse ich vor Gericht einen Anwalt vortragen, dass du längst mit deiner Mätresse zusammenlebst.“ Zufrieden nahm sie wahr, dass er ganz still wurde. „Du bist nicht schuldlos, wie es das Gesetz für die Durchsetzung deiner Forderungen verlangt.“
„Wie ich sehe, hast du Erkundigungen eingeholt. Ich werde über deine Bitte nachdenken.“
Ohne Verabschiedung verließ er das Zimmer. Für ihn war die Diskussion beendet. Aber immerhin hatte er ihr zuhören müssen. Und vielleicht hatte sie eine Chance.
Sie blieb noch ein paar Minuten in dem schummrigen kleinen Zimmer sitzen, um sich wieder zu sammeln. Die Gegenwart ihres Vaters hatte sie überrumpelt. Er hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sie in erster Linie als Mittel für seine Zwecke betrachtete. Dennoch hätte sie nie gedacht, dass er so weit gehen würde.
Sie verließ das Zimmer und wunderte sich nicht, dass der Butler verschwunden war. Vermutlich hatte sich Edmunds unverhohlene Geringschätzung ihr gegenüber bereits auf das Personal übertragen. Nur Mary wartete auf sie. Felicia gab dem Mädchen einen Wink, ihr zu folgen.
Ein scharrendes Geräusch auf dem Holzboden lenkte ihre Aufmerksamkeit auf eine stämmige blonde Frau, die gegen einen Türrahmen lehnte, hinter dem Felicia den vorderen Salon vermutete. Dass die Frau guter Hoffnung war, ließ sich nicht übersehen.
„Felicia Marbury“, sagte die Frau mit irischem Akzent und versperrte Felicia und ihrer Zofe den Weg zur Haustür.
Felicia hatte bereits gehört, dass Edmunds Mätresse Irin war.
„Ja, ich bin Felicia Marbury“, erwiderte sie und fügte hinzu: „Noch jedenfalls.“
Die Frau musterte sie von Kopf bis Fuß. „Er sagte, Sie wären attraktiv, aber kalt wie ein Fisch.“
Felicia errötete, und Wut kochte in ihr hoch. Edmund hatte tatsächlich mit seiner Mätresse über sie gesprochen. Was für Schmähungen hielt er noch für sie bereit?
„Sie haben Glück. Über Sie hat er mir gegenüber nur in Bezug auf seine Heiratsabsichten gesprochen.“
Die Frau lächelte, wobei ein schiefer Vorderzahn sichtbar wurde. Ihre Miene hellte sich auf. Offenkundig liebte sie Edmund.
Ohne weitere Worte zu verlieren schlängelte sich Felicia an der Mätresse ihres Mannes vorbei. Sie drehte sich kurz um, als Mary ihr die Haustür aufhielt. Natürlich konnte sie der Frau erzählen, dass ihre Schwangerschaft das Scheidungsverfahren infrage stellte, aber das wollte sie nicht. Es gab keinen Grund, die Frau zu verletzen und zu beunruhigen.
Es war besser, so schnell wie möglich aus diesem Haus zu verschwinden.
12. KAPITEL
Als Felicia erwachte, schien die Wintersonne durch die Fenster. Im Hintergrund hörte sie Mary herumrascheln.
Sie stützte sich auf einem Ellbogen ab und beobachtete das Mädchen. „Mary, welche Sehenswürdigkeiten soll
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