Historical Saison Band 08
sie sich mit der linken Hand an der Armlehne fest, während sie sich mit der rechten am Ledersitz festkrallte.
„Du kannst dich ruhig entspannt zurücklehnen. Ich verspreche dir, dass wir nicht im Graben landen. Wenn jemand dich so steif da sitzen sieht, denkt er noch, ich würde dir anzügliche Komplimente machen.“
Sie lächelte gequält.
Als er die Peitsche leicht in der Luft schwang, galoppierten die Pferde noch schneller. Sie fiel gegen die Rückenlehne und kreischte auf.
Er drosselte das Tempo. „Hast du wirklich solche Angst? Liegt es an deinem Unfall?“
Daran hatte sie überhaupt nicht gedacht. „Nein, gar nicht. Es liegt an der Entfernung zum Boden. Ich habe zwar von Hochsitz-Phaetons gehört, aber niemals erwartet, einen zu Gesicht zu bekommen, geschweige denn damit zu fahren.“
„Mit ungeschickten Fahrern ist es sicher gefährlich, aber ich gelte selbst in Fachkreisen als sehr versiert.“
Sie riskierte es, ihm einen Blick zuzuwerfen. „Daran hege ich keinen Zweifel.“
Auf Londons Straßen war viel los, da auch andere die Idee hatten, den für die Jahreszeit ungewöhnlichen Sonnenschein zu nutzen.
Geschickt steuerte Guy den Wagen durch den Verkehr und schließlich durch eines der Eingangstore in den Hyde Park.
Im Park waren ein paar Spaziergänger, eine Gruppe Reiter sowie einige andere Kutschen unterwegs. Es war jedoch kein Vergleich zu dem Gedränge, das in den Sommermonaten herrschte.
„Ich habe mir das hier ganz anders vorgestellt“, sagte Felicia, die sich neugierig umsah.
Guy lächelte. „Im Winter geht es im Hyde Park eher beschaulich zu, sogar wenn gerade das Parlament tagt.“ Er schaute kurz zu ihr hinüber und konzentrierte sich dann wieder auf das Fahren. „Wo wir gerade vom Parlament reden, wann erfährst du von der gerichtlichen Anhörung deines Gatten?“
Felicia seufzte, und ihr Atem bildete weiße Wölkchen in der Luft. „Frühestens in zwei Tagen.“ Sie vergrub die Hände tiefer im Muff. Inzwischen hatte sie sich an Guys Fahrweise gewöhnt. „Dann hat Edmund den Gerichtstermin.“
Drei Reiter kamen ihnen entgegen. Es handelte sich um zwei Frauen und einen Mann. Unbehagen erfasste Felicia, als die drei direkt auf ihren Phaeton zusteuerten.
Eine der Damen war Miss Duckworth. Sie nickte ihnen zu. „Wie ich sehe, unternehmen Sie eine Spazierfahrt, Chillings.“
Unverblümt musterte sie Felicia.
„Miss Duckworth“, sagte Guy freundlich. „Darf ich Ihnen Mrs Marbury vorstellen?“
„Guten Morgen, Mrs Marbury.“
Felicia bemühte sich, ein möglichst liebenswürdiges Gesicht zu machen, aber es fiel ihr schwer. Beim Anblick der anderen Frau kamen ihr all die Gründe in den Sinn, weshalb sie eigentlich nicht hier sein sollte. „Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen, Miss Duckworth.“
„Das ist der erste schöne Tag seit Langem“, bemerkte Miss Duckworth.
Guy hielt den Phaeton an. „Mrs Marbury, darf ich Ihnen Miss Lucy, Miss Duckworths jüngere Schwester vorstellen?“
Felicia nickte. „Sehr angenehm.“
Die vorgestellte Frau – oder genauer gesagt, das Mädchen – kicherte. „Ich bin ganz neu in der Stadt, aber ich liebe London schon jetzt.“
Miss Duckworth stöhnte auf. „Meine Schwester ist überglücklich, ihrer Gouvernante entkommen zu sein.“
Miss Lucy errötete heftig und zog einen Schmollmund. „Sag doch nicht so etwas, Ducky.“
Miss Duckworth warf ihrer Schwester einen strengen Blick zu. „Dann benimm dich auch nicht wie ein kleines Kind.“
Guy unterbrach sie. „Außerdem möchte ich Ihnen meinen Bruder Dominic Chillings vorstellen.“
Felicia musterte den verwegen wirkenden Mann. Er trug eine schief aufgesetzte Biberpelzmütze, unter der seine schwarzen Locken hervortraten, und machte den Eindruck, als wäre er zu fast jeder Schandtat bereit. Zwar war er nach der neuesten Mode gekleidet, aber zugleich verriet die Lässigkeit, mit der er seine Kleidung trug, dass es sich um einen echten Lebemann handelte.
„Ich freue mich sehr, Ihre Bekanntschaft zu machen, Mrs Marbury.“
Er ergriff ihre rechte Hand und gab ihr einen Handkuss. Dann zwinkerte er ihr verschwörerisch zu.
Guys Bruder war ebenso charmant wie gefährlich. Machte er etwa der jungen Miss Lucy den Hof? Wenn dem so war, beneidete sie Miss Duckworth nicht um die Rolle der Anstandsdame.
Wolken zogen unvermittelt auf und verfinsterten den Himmel. Es wurde windig, und Felicia spürte, wie die Kälte durch ihre Kleidung drang.
„Wir sollten jetzt besser
Weitere Kostenlose Bücher