Historical Saison Band 09
Und ganz gewiss hatte er nie zuvor an Heirat gedacht. Seine Beziehung zu Ellen Colway – und zu anderen Geliebten vor ihr – war rein körperlicher Natur gewesen.
„Liebe Sophie“, wiederholte er, „eigentlich kennen wir uns noch nicht sehr lange.“
„Lange genug, um nicht zum ersten Mal miteinander zu streiten.“
„Was nur beweist, dass wir einander nicht gleichgültig sind.“
Sie hob die Augenbrauen. „Sie wollen mir also wieder einmal die Leviten lesen? Bitte tun Sie es!“
„Ich möchte nicht mit Ihnen schimpfen, weder jetzt noch in Zukunft.“
„Ah, dann hoffen Sie also, dass ich von nun an ein braves Mädchen sein werde, das weder allein ausreitet noch ein Buch veröffentlicht oder sonst irgendetwas Unpassendes tut?“
Er schüttelte den Kopf und legte ihr die Hände auf die Schultern.
Sie zuckte zusammen.
Um Gottes willen, sie fürchtete sich doch nicht etwa vor ihm? „Ihr Buch hat mir außerordentlich gut gefallen. Ich möchte Ihnen dafür danken, dass Sie es mir zu lesen gegeben haben.“
„Sie sind wohl erleichtert, dass ich nichts über Ihre Beziehung zu Lady Colway geschrieben habe?“
„Wie kommen Sie darauf?“, fragte er leicht verwirrt.
„Nun, die Dame hat mir gedroht, sie würde meinen Ruf ruinieren, wenn ich ihre Affäre mit Ihnen erwähnte.“
Das Gespräch nahm eindeutig nicht die Richtung, die James sich erhofft hatte. Er holte tief Luft. „Sophie erinnern Sie sich noch, wie ich Sie zum ersten Mal geküsst habe?“
„Ja.“ Wie hätte sie jenes wundervolle Gefühl je vergessen können? Doch es war besser, jetzt nicht daran zu denken. Also sagte sie: „Ich habe auch nicht vergessen, wie Sie sich in mein Zimmer geschlichen haben, als sie glaubten, ich schliefe.“
„Sie waren wach?“
„Wach genug, um zu wissen, dass Sie mich ins Bett getragen haben.“
In ihm regte sich der Verdacht, dass sie alles tat, um ihn davon abzuhalten, sie um ihre Hand zu bitten.
„Ich …“
„Sie wollten heimlich ein bisschen in meinem Manuskript lesen, nicht wahr? Dabei hätten Sie mich nur zu fragen brauchen. Ich hätte es Ihnen gegeben.“
„So war es nicht! Ich hatte unter der Tür einen Lichtschein gesehen. Und als Sie auf mein Klopfen nicht antworteten, befürchtete ich, Sie seien eingeschlafen, ohne die Kerze zu löschen. Ich hatte Angst, es könne ein Feuer ausbrechen.“
Sie senkte den Blick.
Er versuchte, zum eigentlichen Zweck der Unterredung zurückzukommen. „Sophie, ich habe etwas mit Ihnen zu besprechen. Ehe ich Sie damals küsste, hätte ich mit Ihnen reden müssen. Das möchte ich jetzt nachholen.“
„Ja?“ Sie rückte von ihm ab.
Ihre Reaktion enttäuschte ihn. „Halten Sie mich für einen Tyrannen?“
„Manchmal schon. Aber ich denke, dass Sie stets mein Wohlergehen im Sinn haben. Wahrscheinlich mache ich es Ihnen nicht leicht.“ Sie schaute ihn an. „Ich habe so lange alle wichtigen Entscheidungen allein getroffen, dass es mir schwerfällt, mich anderen unterzuordnen und mir unverständliche gesellschaftliche Regeln zu beachten.“
„Das verstehe ich. Viele dieser Regeln wurden zweifellos nur aufgestellt, um weniger erfahrene junge Damen als Sie vor Schaden zu bewahren.“
Errötend gestand Sophie sich ein, dass sie sich das unangenehme Abenteuer mit Cariotti und Alfred Jessop hätte ersparen können, wenn sie sich an die gesellschaftlichen Regeln gehalten hätte. „Ich werde mir in Zukunft mehr Mühe geben“, versprach sie.
„Eltern und Vormünder machen sich diese Regeln zunutze, um junge Damen zum Beispiel vor unglücklichen Ehen zu bewahren.“
„Ach? Dann glauben Sie wohl, dass Paare, die sich vor der Hochzeit ein wenig unkonventionell benehmen, nie eine auf Dauer glückliche Ehe führen können?“
„Nun …“
„Meine Eltern waren zunächst glücklich, obwohl sie gegen die Regeln verstoßen hatten. Und wenn ihre jeweiligen Familien sich nicht von ihnen abgewandt hätten, wären sie sicher in Harmonie miteinander alt geworden. So jedoch … Mama hat sehr darunter gelitten, dass sie England verlassen musste.“
„Ist das der Grund für Ihre Abneigung gegen die Ehe?“
„Es ist einer der Gründe.“
James überlegte. „Cariotti haben Sie zudem abgewiesen, weil er Sie an Ihren Vater erinnerte?“
„Mein Vater war kein schlechter Mensch. Er war nur …“ Sie verstummte einen Augenblick und zuckte dann die Schultern. „Cariotti hingegen verabscheue ich.“
„Sie glauben hoffentlich nicht, ich sei wie er.“
„Ich
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