Historical Saison Band 12
schlecht nach mir fragen, ohne Verdacht zu erregen.“
„Ja“, bestätigte Bram mit seiner brummenden Stimme. „Dann hätte er verraten, dass du im Zimmer warst.“
Sie seufzte. „Ich fürchte, er hat Lady Corland gefunden. Wahrscheinlich ist sie tot.“
Er strich ihr eine Strähne aus der Stirn. „Das muss nicht der Grund sein, Mädchen.“
Der Regen drang in den maroden Burgturm, sodass sich Pfützen auf den unteren Stufen bildeten. Tanner und Marlena hatten sich mit ihren Sachen weiter nach oben zurückgezogen, wo es etwas trockener war.
Wieder blitzte es, und sie zuckte zusammen.
Er legte einen Arm um sie. „Wir sind hier drinnen sicher.“
Sie lächelte zaghaft. „Es ist dumm von mir, Angst zu haben.“
Er zog sie fester an sich. Sein Ärger war verflogen, aber seine Sorge um sie war größer denn je. Beinahe war sie gefasst worden, und er war sich nicht mehr sicher, ob sein Einfluss reichte, um sie zu retten.
Endlich ließ das Gewitter nach, und das Donnergrollen entfernte sich. Marlena kuschelte sich an ihn, und er spürte ihre Erleichterung.
Als er sich auf dieses Abenteuer eingelassen hatte, hatte er nur ihr Leben retten wollen. Er hatte nicht damit gerechnet, sich in sie zu verlieben. Zu diesem Zeitpunkt hatte er längst nicht mehr an echte Liebe geglaubt. Die anständigen Frauen, denen er begegnete, hatten nie sein Interesse geweckt, und seiner Geliebten war er stets schnell überdrüssig geworden. Beide Arten von Frauen schienen sich mehr zu seinem Vermögen als zu ihm hingezogen zu fühlen.
Marlena hingegen hatte die Hilfe abgelehnt, die sein Geld bieten konnte.
„Tanner?“ Ihre helle Stimme hallte durch die Dunkelheit. „Was meintest du eigentlich, als du sagtest, du wolltest nicht auch noch mein Leben auf dem Gewissen haben? Trägst du denn Schuld am Tod eines Menschen?“
Er überlegte, was er antworten sollte. „Ich habe niemanden getötet, wenn du das meinst, aber ich habe den Tod von drei Menschen verursacht.“
„Wie ist das passiert?“
„Aus Arroganz“, antwortete er. Sie sollte ruhig wissen, was er für ein Mann war. „Ich wollte einem Rivalen eins auswischen und hielt mich für so klug, dass ich nicht merkte, dass mein Gegner über Leichen gehen würde.“
Sie streichelte sein linkes Bein. „Aber dann hat doch der andere die Toten auf dem Gewissen.“
Ihre Berührung erregte ihn. „Natürlich ist der Mann nicht ohne Schuld. Aber ebenso wenig kann ich mich davon freisprechen. Wenn ich ihm nicht meine Überlegenheit unter die Nase gerieben hätte, wäre er vielleicht noch am Leben und die beiden anderen ebenso. Sie starben, weil ich nur an mich dachte.“
Sie lehnte eine Wange gegen seine Schulter. „Wenn wir immer vorher wüssten, was passiert, würden wir die richtigen Entscheidungen treffen, nicht wahr?“
Er konnte nur noch daran denken, wie gut es sich anfühlte, sie wieder in seiner Nähe zu spüren.
„Du bist der beste Mann, dem ich je begegnet bin“, flüsterte sie.
Er zog sie fest an sich. Sie würden sich in Edinburgh voneinander verabschieden, aber in seinem Herzen würde sie immer seine Marchioness bleiben.
„Wenn ich dich in Sicherheit weiß, fühle ich mich vielleicht selbst ein wenig besser“, sagte er.
Sie nahm sein Gesicht zwischen die Hände und küsste ihn.
Der Morgen dämmerte herauf, und sie mussten aufbrechen. Tanner sattelte die Pferde. Schon bald hatten sie die Burg hinter sich gelassen und ritten einmal mehr gen Norden.
Er drehte sich zu ihr um. „Wir sollten das Risiko eingehen, in einem Dorf zu halten. Dann bekommen die Tiere richtiges Futter, und wir können auch endlich etwas Vernünftiges essen.“ Er lächelte sie an. „Außer du bist nicht hungrig.“
Sie erwiderte sein Lächeln. „Ich bin vollkommen ausgehungert.“
Er tätschelte den Hals seines Wallachs. „Wir alle. Lass uns nach einer Straße suchen, der wir folgen können.“
Es war schon fast Mittag, und noch immer hatten sie kein Dorf ausmachen können. Sie folgten einem Pfad, der sich einen Hügel hinaufschlängelte.
Marlena schaute in die Ferne und konnte das Meer erkennen. In der Nähe der Küste stand ein großes Herrenhaus mit Türmen und Spitzdächern, das aus braungrauen Steinen erbaut war. Parronley House!
Jedes Zimmer, jeder Ausblick, jeder Pfad in den Gärten, jeder Felsen an den Klippen hinter dem Haus standen ihr wieder klar vor Augen. Es war, als liefen Niall und sie durch die Zimmer, spielten in den Gärten und sprangen von den Felsen in
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