Historical Saison Band 15
folgenden Abend schmerzte Bennetts Hand noch immer von Carolines hartem Griff. Dieser Beweis ihrer Angst um ihren Sohn hatte Bennett endgültig davon überzeugt, dass sie Wyn ebenso liebte wie er. Wegen dieser Angst und dieser Liebe hatten sie beide seitdem nicht schlafen können, sondern hielten an seinem Bett Wache.
Mrs Hicks war zurückgekommen, um nach ihm zu schauen und noch mehr von ihrem Schafgarbentee zu bringen. Das Getränk schien das Fieber tatsächlich zu senken, sodass Wyn ruhiger weitergeschlafen hatte. Doch später wachte er auf, ganz quengelig wegen der Schmerzen, und am ganzen Leib zitternd, weil das Fieber wieder anstieg.
Und in dem Moment hatten seine Eltern gehandelt. Seine Mutter hatte ihm das Gesicht gekühlt, während sein Vater ihm gut zuredete, damit er den Tee trank. Später, wenn die Wirkung der Schafgarbe einsetzte, erzählte Caroline ihm Geschichten, um ihn abzulenken, bis er wieder einschlief. Trotz der Sorge um Wyn, fand Bennett es seltsam befriedigend, mit ihr zum Wohl des Jungen zusammenzuarbeiten.
Als der Kleine wieder einmal in tiefen, erschöpften Schlaf gefallen war, ließen sie sich müde auf ihre Stühle sinken und beobachteten ihn, um keine Veränderung seines Zustands zu übersehen.
„Na los“, verlangte Caroline während dieser Pause, „sag es schon.“
Bennett sah sie misstrauisch an. „Was soll ich sagen?“
„Dass du glaubst, ich bin schuld an Wyns Erkrankung.“ Sie sah abgespannt und gequält aus. „Er würde nicht hier liegen und vor Fieber brennen, wenn ich ihn nicht hierher gebracht hätte.“
„Ich kann nicht so tun, als wäre mir dieser Gedanke nicht durch den Kopf gegangen. Aber dann wurde mir klar, dass du ihn nicht mitgenommen hättest, wenn ich dich nicht ohne jede Vorwarnung auf diese Insel verdammt hätte.“ Er sah ihr entschlossen ins Gesicht. „Wyn wird nicht dadurch gesund, dass wir uns gegenseitig die Schuld geben – oder uns selbst. Im Gegenteil. Also lass uns versuchen, es zu vergessen und uns auf das zu konzentrieren, was wir jetzt für ihn tun können.“
Sie sah ihm länger unverwandt in die Augen, als ihm lieb war. Wahrscheinlich versuchte sie zu verstehen, ob sein Angebot ehrlich gemeint war. Schließlich nickte sie knapp.
„Gut.“ Er rieb sich das unrasierte Kinn. „Warum legst du dich also nicht ein wenig hin? Ich rufe dich, falls er aufwacht oder es eine Veränderung gibt.“
„Ich kann auf ihn aufpassen, während du schläfst“, antwortete sie. „Oder traust du mir das etwa nicht zu?“
Er war zu müde, um verärgert darauf zu reagieren. In letzter Zeit fragte er sich, ob ihr mangelndes Interesse für ihren Sohn andere Gründe haben könnte als Gleichgültigkeit, wie er bisher angenommen hatte. „Ich wollte nur rücksichtsvoll sein. Allerdings ist mir natürlich klar, dass du das nicht gewohnt bist.“
Eigentlich erwartete er wieder eine schnippische Antwort, aber stattdessen sagte sie: „Danke für das Angebot, aber ich würde lieber bei unserem Sohn bleiben. Ich bin es ihm schuldig für die vielen Male, die ich nicht bei ihm war, als er mich brauchte.“
Wie konnte er ihr den Wunsch abschlagen, ihre Fehler wiedergutzumachen? „Ich werde dir erlauben, ihn manchmal zu sehen, wenn du möchtest“, sagte er leise.
„Selbstverständlich möchte ich.“ Sie seufzte wehmütig. „Wenn ich mich auch frage, ob es nicht besser für ihn wäre, mich nicht wiederzusehen.“
„Wie könnte das besser für ihn sein?“ Er massierte sich die schmerzenden Schläfen. „Ich hätte alles darum gegeben, meine Mutter wiederzusehen, nachdem sie fortgegangen war – oder auch nur zu erfahren, was ihr widerfahren ist. Einen Tag war sie noch da, am nächsten verschwunden. Und niemand wollte mir verraten, wo sie steckte oder warum sie uns verlassen hat. Ich stellte mir vor, dass sie entführt worden sein musste … oder Schlimmeres.“
„Wie fürchterlich!“ Caroline streckte impulsiv eine Hand nach ihm aus, schien es sich dann aber anders zu überlegen, und ließ die Hand wieder sinken. „Es war schwer genug, als meine Mutter starb. Aber zumindest war ich jung genug, um nicht zu wissen, dass wir uns nie wiedersehen würden.“
Es war das erste Mal, dass sie von ihrer Mutter sprach, und es war für Bennett eine erschütternde Erkenntnis. Obwohl er gewusst hatte, dass ihr Vater Witwer war, als sie sich das erste Mal trafen, hatte er nie bedacht, wie sehr Caroline unter dem Verlust ihrer geliebten Mutter gelitten haben
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