Historical Saison Band 16 (German Edition)
haben!“
„Muss ich Ihnen das wirklich erzählen … Sie Dieb?“, fauchte sie in anschuldigendem Ton und schaute ihn höhnisch an.
Er erwiderte ihren Blick sehr ruhig, denn jetzt begriff er plötzlich. „Dieb? Nun, darüber kann man streiten.“
„Das finde ich nicht.“
„Ihnen ist ja wohl klar, dass wir zu keinem Ende kommen, wenn Sie diese aggressive Haltung einnehmen. Ich gehe davon aus, dass Sie gefunden haben, wonach Sie suchten?“
Sie nickte.
„Sie haben mich in der vergangenen Nacht also in meiner Verkleidung erkannt?“
„Das war nicht sonderlich schwierig, als ich hinterher Zeit hatte, eins und eins zusammenzuzählen. Es war Ihr Rasierwasser, das Sie verraten hat.“
Er verzog die Lippen zu einem kaum wahrnehmbaren Lächeln. „Wie klug von Ihnen. Es war klar, dass das einer Frau auffallen würde. Das erklärt auch Ihr Verhalten mir gegenüber.“
„Dass Sie auf einer öffentlichen Straße eine Kutsche zum Anhalten gezwungen und eine Frau genötigt haben, ihren Schmuck herauszugeben – noch dazu mit vorgehaltener Pistole – ist eine Tat, für die Sie gehängt werden können.“
„Worüber Sie mich schon gestern Abend mit großem Vergnügen informiert haben. Bitte hören Sie auf damit“, stieß Lance mit gespielter Angst in der Stimme hervor. „Sie sorgen dafür, dass ich Albträume bekomme.“
Seine Art, sich über das Schicksal, das ihm bevorstand, lustig zu machen, und so zu tun, als habe er nichts Falsches getan, war mehr, als Belle ertragen konnte. Sie starrte ihn an wie jemanden, dessen Verhalten über ihr Begriffsvermögen ging.
„Und meine Großmutter? Haben Sie überhaupt einen Gedanken daran verschwendet, welche Wirkung Ihre Tat auf sie gehabt hätte, wenn sie ebenfalls in der Kutsche gewesen wäre? Beim Anblick eines gewalttätigen Straßenräubers hätte sie einen Herzanfall bekommen können.“
„Das bezweifle ich. Ihre Großmutter ist aus härterem Holz geschnitzt. Ich hatte aber ohnehin gehört, dass es ihr nicht gut ging, und dass sie bei Lady Canning in der Stadt bleiben würde.“
„Und wenn sie doch in der Kutsche gewesen wäre?“
„Dann hätte ich den Wagen nicht zum Anhalten gezwungen.“
„Wie unglaublich edel von Ihnen“, spottete sie. „Meine Großmutter könnte Sie für das, was Sie getan haben, anzeigen.“
„Und wer würde glauben, dass ein Earl und ein in höchstem Maße geachteter und hochdekorierter Offizier aus Wellingtons Armee so tief sinken würde, sich als Straßenräuber zu betätigen?“
Belle sah ihn finster an. „Kennen Sie keine Grenzen?“
„Nein“, erwiderte er. „Bis jetzt nicht. Da Sie vermuteten, dass ich die Halskette gestohlen hatte – ist es Ihnen nicht in den Sinn gekommen, mich einfach danach zu fragen, als wir uns heute im Park begegnet sind? Stattdessen haben Sie sich in mein Haus geschlichen, um nach den Juwelen zu suchen.“
Belle zuckte mit den Schultern. „Das ist nicht schlimmer als das, was Sie mir angetan haben, Sie … Sie Schuft. Was hätte es außerdem für einen Sinn gehabt, Sie zu fragen? Sie hätten es ohnehin abgestritten.“
„Und das wissen Sie ganz genau, nicht wahr?“
„Bereitet der Diebstahl der Diamanten Ihnen denn gar keine Schuldgefühle?“
„Nein. Sollte er das?“
„Das habe ich auch nicht erwartet. Man muss ein Gewissen haben, um Schuld fühlen zu können“, erklärte sie und streifte ihre Jacke ab, um den Riss im Rückenteil zu begutachten.
„Es wäre vielleicht anders, wenn ich etwas genommen hätte, das mir nicht gehört. Aber das habe ich nicht getan.“
„Was wollen Sie damit sagen?“
„Die Diamanten gehören mir – meiner Familie. Ich habe sie einfach nur zurückgeholt.“
Überrascht von seiner Enthüllung und offensichtlich schockiert, starrte Belle ihn an. „Zurück zu Ihnen? Aber … es sind Ainsley-Diamanten … meine Großmutter …“
„… hat Ihnen erzählt, dass sie Ihrer Familie gehören, ich weiß. Möglicherweise glaubt sie das nach all den Jahren selber. Liegt sie wegen des Verlusts der Diamanten krank im Bett?“
„Nein. Sie fühlte sich schon am vergangenen Abend in Carlton House nicht wohl und blieb bei Lady Canning. Es geht ihr immer noch nicht gut. Deshalb hielt ich es für besser, zu warten, bis sie wieder gesund ist, bevor ich ihr sage, dass die Diamanten gestohlen wurden.“
„Man kann nichts stehlen, was einem von Rechts wegen gehört.“
„Aber warum haben Sie dann die Mühe auf sich genommen, den Straßenräuber zu
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