Historical Saison Band 16 (German Edition)
konnte großzügig sein und Christoph gute Absichten unterstellen. Vielleicht benötigte der Mann eine Waffe, um sich verteidigen zu können. Aber das änderte nichts daran, dass er ein Lügner war. Die Sache mit dem Geschenk war eine Lüge gewesen, ebenso der Grund, den er für seinen Aufenthalt im Obergeschoss genannt hatte.
Worüber hatte er wohl noch gelogen? Beldons Erfahrung sagte ihm, dass Lügner nicht bei einer Unwahrheit blieben. Er musste über diesen Mann Nachforschungen anstellen.
Und er musste sich noch um etwas anderes kümmern: um seine Gefühle für Lilya. Christoph hatte zwar gelogen, aber steckte nicht möglicherweise auch ein Körnchen Wahrheit in seinen Behauptungen? Er hatte bisher nicht realisiert, dass anderen sein Interesse an Lilya auffiel. Das hatte er nicht beabsichtigt. Vielleicht hatte Christoph aber auch nur eine Vermutung angestellt, um ihn absichtlich aus der Fassung zu bringen. Er sollte sich jetzt nicht mit Christophs wütenden Unterstellungen beschäftigen. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt für Spekulationen. Es war der Zeitpunkt, Agyros hinterherzugehen.
7. KAPITEL
Dieser Feigling hat es irgendwie geschafft, sich aus dem Staub zu machen!
Beldon hatte Agyros überall vergeblich gesucht und ging nun in den Salon zurück, um auf das Ende der allgemeinen Verabschiedung zu warten.
Von seiner Position aus konnte er Lilya sehen, die gemeinsam mit Val und Philippa den letzten Gästen „Lebewohl“ sagte. Sie beugte sich vor, um die Worte der alten Lady Cotsworth zu verstehen. Sie verhielt sich ihr gegenüber sehr aufmerksam, war ernst und zugewandt – die Kennzeichen einer ausgezeichneten Gastgeberin. Er hatte sie noch nie in diesem Licht gesehen. Aber Philippa hatte sich seit ihrer Ankunft in England um sie gekümmert. Und Philippa war eine vollendete Gastgeberin. Hatte er bisher übersehen, dass Lilya eines seiner Auswahlkriterien erfüllte?
Aber es gab dennoch eine große Hürde: ihre mangelhaften finanziellen Mittel. Lilya erhielt Unterhalt von Val und es war ausgeschlossen, dass er Geld von seinem besten Freund annahm. Und Beldon brauchte Geld. Eine gute Heirat würde ihm helfen, Rücklagen für seinen Familienbesitz zu bilden. Er hatte eine Menge dafür getan, den Pendennys wieder eine solide Basis zu geben, aber selbst seine Möglichkeiten waren begrenzt. Sein Vater hatte die finanzielle Situation hartnäckig ignoriert und sie damit beinahe in den Ruin getrieben. Beldon würde nicht denselben Fehler machen.
Die Uhr in der Eingangshalle hatte halb zwölf geschlagen, als endlich die letzten Gäste gegangen waren. Der Abend war so schön und aufregend gewesen, wie es die Standards des ton verlangten. Der Butler schloss die Tür hinter dem letzten Gast. Val seufzte. „So. Das war’s für heute.“ Er beugte sich vor, um Philippa auf die Wange zu küssen. „Sehr gut gemacht, mein Liebling. Es war ein sehr gelungener Abend.“
Philippa lächelte ihm zu. Ihre blauen Augen blitzten, als sie Val liebevoll ansah. „Der Abend ist noch nicht vorüber. Vielleicht solltest du erst später ein Urteil fällen.“
Beldon fühlte sich in solchen Momenten deutlich fehl am Platze, so, als sei er ein Eindringling, der Zeuge einer äußerst privaten Angelegenheit wurde. Er räusperte sich laut. „Bevor ihr beiden übereinander herfallt, sollten wir noch über etwas sprechen.“ Er bedauerte, dass er der Überbringer schlechter Nachrichten war und die beiden davon abhielt, den Abend in trauter Zweisamkeit ausklingen zu lassen.
„Soll ich Tee kommen lassen?“, fragte Philippa, nachdem sie es sich alle in einer Sitzgruppe nahe des Kamins im Salon bequem gemacht hatten.
„Nur, wenn du möchtest.“ Beldon machte eine ablehnende Handbewegung. „Ich benötige nichts.“
„Vielleicht etwas Stärkeres?“ Val wartete nicht auf eine Antwort, sondern schickte einen Diener los, um eine Karaffe und Gläser holen zu lassen. Dann wandte er sich Beldon zu. „Nun, heraus damit! Es ist offenbar etwas passiert“, sagte Val ohne Einleitung. „Mir ist aufgefallen, dass du das Feuerwerk verpasst hast.“
„Hier ist heute Abend jemand eingedrungen.“ Beldon blickte die Anwesenden einen nach dem anderen an. An Lilya blieb sein Blick haften. Er wollte ihre Reaktion sehen. „Ich habe Christoph Agyros in euren Privaträumen erwischt.“
„Erwischt?“, fragte Val. „Eine interessante Wortwahl. Könntest du dir vorstellen, stattdessen ‚gefunden‘ zu sagen? Du wirst mir zustimmen, wenn
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