Historical Saison Band 16 (German Edition)
möchte mit Ihnen über etwas anderes sprechen.“
Gott sei Dank, dachte Lilya. Es wäre so schön, sich in Beldons Arme fallen zu lassen und alle Sorgen auf seine Schultern legen zu können. Sie würde ein solches Verhalten später bereuen, aber die Versuchung war groß. Wenn er auf der anderen Seite des Zimmers geblieben wäre, hätte sie solche Gedanken vielleicht nicht gehabt. Aber jetzt, wo er ihr so nahe war, wurde ihr deutlich, dass dieser Mann ihr Ritter in schimmernder Rüstung war. Er hatte unbewaffnet gegen Christoph Agyros gekämpft. Dieses Detail hatte sie bemerkt. Jetzt stand ihr tapferer Beschützer nur wenige Zentimeter weit von ihr entfernt.
„Welches Verhältnis pflegen Sie zu Christoph Agyros? Hat er ihr Vertrauen missbraucht?“, fragte er.
„Das liegt auf der Hand.“ Sie blickte weiterhin auf die dunklen, leeren Straßen. Sie konnte es nicht ertragen, ihn anzusehen. „Er ist eine Bedrohung. Das hat sich heute Abend gezeigt.“
„Er hat sich in den vergangenen Wochen verhalten, als sei er Ihr Verehrer, und es wirkte so, als genössen Sie seine Gesellschaft.“
„Val und Sie haben erkannt, dass Agyros’ Bestrebungen nur eine List waren.“
„Dennoch, Lilya. Ich möchte weder, dass er Sie beraubt noch dass er Ihre Gefühle verletzt.“
Sie verstand genau, was er ihr damit sagen wollte. Hegte sie irgendwelche zärtlichen Gefühle für diesen attraktiven Fremden?
„Machen Sie sich deshalb bitte keine Sorgen, ich werde darüber hinwegkommen.“ Vielleicht war es möglich, irgendwelchen Avancen so zu entgehen. Sie könnte behaupten, ihr Herz sei gebrochen und so mögliche Heiratsanwärter für den Rest der Ballsaison abschrecken. Aber das wäre nur Heuchelei: Christoph Agyros hatte ihr nie ernsthaft etwas bedeutet.
Es gab jetzt wichtigere Dinge als vorzugeben, an einem gebrochenen Herzen zu leiden. Lilya fröstelte, ein Verdacht stieg in ihr auf. Sie legte unwillkürlich eine Hand auf Beldons Arm. „Sie werden ihn auf keinen Fall zu einem Duell herausfordern, verstehen Sie mich?“ Christoph Agyros war gefährlicher, als es sich jemand vorstellen konnte. Wenn er wegen des Diamanten gekommen war, bedeutete das, dass die Filiki Adamao hier waren. Sie besaßen weitreichende Möglichkeiten.
Beldon legte seine Hand auf Lilyas. Selbst jetzt, in dieser bedrohlichen Situation, erregte ihn ihre Nähe.
„Wen beschützen Sie, Lilya? Mich oder ihn?“ Seine Stimme klang rau und spiegelte die Intimität zwischen ihnen. Niemand war hier, das Haus war still.
„Uns. Ich beschütze uns alle“, flüsterte Lilya.
„Das ist edel, aber unnötig. Einige von uns brauchen keinen Schutz.“
„Und ich bin eine davon“, sagte Lilya mit fester Stimme.
„Das bedeutet?“ Beldon zog eine Augenbraue hoch. Er wusste sehr wohl, was es bedeutete.
„Es bedeutet, dass ich keinen Beschützer brauche.“ Und gewiss nicht ihn. Allzu leicht konnte sie sich um das Wohlergehen dieses Mannes mit den azurblauen Augen Sorgen machen. Er verstand sie besser, als er sollte, und weckte Gefühle, die sie sonst unterdrückte.
Er lachte leise. „Diejenigen, die glauben, sie brauchen keine Hilfe, haben sie oft am nötigsten.“ Er ließ seinen Daumen über ihren Handrücken gleiten. Die leichte Berührung verursachte unbeschreibliche Gefühle in ihr. Er raunte: „Lilya, lassen Sie sich von mir helfen.“
Ihre innere Stimme flüsterte: Ja, lass ihn! Dies hier ist kein unerfahrener Junge wie Benjamin. Vor ihr stand ein Mann, den ihr Vater bewundern würde. In ihrer Heimat war Zuverlässigkeit ein hohes und rares Gut. Ein Mann bewies seine Stärke durch die Loyalität zu seinen Freunden und seiner Familie.
Lilya trat einen Schritt zurück und entzog ihre Hand Beldons Zugriff. Sie brauchte Abstand. Sie suchte ihn auf die einzige Weise, die sie kannte. „Vielleicht ist es an der Zeit, dass ich Sie frage, was Sie mit alldem bezwecken? Warum flirten sie mit mir, wenn Sie eine andere Frau heiraten wollen? Sie reden gerne von Anstand, aber …“
In Beldons Augen funkelte der Ärger, die Muskeln seines markanten Kinns zuckten. „Wie können Sie behaupten, ich sei kein ehrenhafter Mann? Sie kennen mich doch nicht. Darf ich Sie daran erinnern, dass Ihr Schlafzimmer gerade noch von einem fremden Mann gesucht wurde?“
Lilya verlor nun die Fassung.
„Und Sie sind derjenige, der versucht, mich zu verführen, nur um mich auszuhorchen. Sie vergessen offenbar, dass schon Christoph Agyros vergeblich versucht hat, mir das
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